Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Titel: Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
Vom Netzwerk:
aussetzte.
    Am Ende des Korridors kam eine Tür in Sicht, ein dunkles Rechteck, das unter leichten magischen Nachbeben erzitterte. Der Ursprung des Rufs befand sich dahinter. William rannte los.
    Die Magie der Hand zuckte über die Oberfläche der Tür, brach sich in rauchdünnen blassgrünen Kringeln. William trat gegen die Tür, die sofort aufflog.
    Ein süßer Geruch stieg ihm in die Nase, berauschend und dick wie Sirup, wie das Aroma von altem Buchweizenhonig. Im Raum rührte sich etwas außerhalb seines Blickfelds. William bleckte die Zähne, trat ein und schloss die Tür hinter sich.
    In einer Zimmerecke blühte eine riesige Blume. Ihre dünnen, mit stumpfen, knollenartigen Pusteln gespickten Wurzeln bildeten ein rötliches Netz an Wänden und Decke und ließen lediglich das Fenster frei. Die Wurzeln verschmolzen in einem dicken, niedrigen Stamm, aus dem drei breite Blätter ragten. Rote Flüssigkeit pulsierte durch die Gefäße der Pflanze und fügte den grünen Bereichen einen rosa Farbton hinzu.
    Über den Blättern erhoben sich drei mächtige graue, grün getupfte Blütenblätter. Sie waren geschlossen und verbargen den Kern der Blume wie gefaltete Hände.
    Da ging ein heftiger Ruck durch das Netzwerk aus Wurzeln. William trat zurück.
    Kriechend setzten sich die Wurzeln in Bewegung, lösten sich von der gegenüberliegenden Zimmerecke und gaben einen Schreibtisch frei, worauf sich von der Blume drei lange, biegsame Tentakeln einem hohen Kokon entgegenstreckten.
    Dann schälten die Fangarme den Kokon mit zäher, unheilschwangerer Kraft von der Wand und trugen ihn, sich langsam entfaltend, durch den Raum. Die letzten Windungen glätteten sich, und William fiel klatschend ein Körper vor die Füße. Die Tentakel erstarrten in der Luft, massiv und unbeweglich wie Zypressenstämme
    Himmel, Arsch und Zwirn .
    Hydraulische Bewegung. Davon hatte er während seiner Zeit in der Legion von Adrianglia gehört. Die Tentakel konnten sich erst wieder bewegen, wenn die Pflanze sich erneut mit Flüssigkeit versorgte.
    William kniete neben dem Körper. Die Leiche lag auf dem Rücken. Vermutlich ein Mann. Die bloßliegende Haut im Gesicht und am Hals war unnatürlich glatt und aufgetrieben von der tiefblauen Farbe eines frischen Blutergusses. Der Mund der Leiche klaffte. Die geschwollenen Lider verbargen die milchigen Augäpfel nur halb.
    Ein winziger Wurzelausläufer kroch über die Wange des Toten. Die scharfe, von einem rauen, fast borkenartigen Kegel eingefasste Spitze prüfte das tote Fleisch und bohrte sich dann hinein. Die Haut riss wie nasses Papier. Ein dicker Strom viskoser, blutiger Flüssigkeit trat aus und sickerte über die tote Backe auf den Fußboden. Dem Körper entwich der ekelerregende Gestank toten Fleischs. William sprang zurück.
    Weitere Wurzeln griffen nach der Leiche, die Pusteln pulsierten wie winzige Herzkammern. Die Pflanze trank die Leichensäfte wie Wasser.
    Die Blütenblätter bebten. Die grünen Flecken darauf gerieten in Bewegung, krochen von den Rändern und vereinten sich zu einem einzigen grünen Fleck an der Basis der Blume. Die Wurzeln pumpten weiter, und in den Gefäßen der Blütenblätter verteilte sich tiefrote Flüssigkeit und verwandelte ihr Grau in Rot.
    William hob seine Klinge. Wenn das Ding ihn als Nächstes aussaugen wollte, würde es eine Überraschung erleben, die sich gewaschen hatte.
    Die Gefäße der Blume zogen sich zusammen und spreizten mit quälender Langsamkeit die Blütenblätter. Etwas geschah mit dem Gewächs.
    Flüsternd klappten die Blütenblätter auf, hellrot und starr wie die Schwanzfedern eines stolzierenden Pfaus. Dann explodierte eine Wolke gelber Pollen in die Luft und trieb im Luftzug wie Pulverschnee. Honigduft überschwemmte den Raum.
    William hustete. Seine Augen tränten, er wischte die Nässe mit der Hand weg.
    In der Pflanze lag ein Körper, nackt und kahlköpfig. Schwach, am Rande der Auszehrung, ruhte er auf dem Grund des glockenförmigen Blütenkelchs, wobei die Beine im Innern der Blume steckten. Die bläuliche Färbung der blutlosen Leiche bildete einen starken Kontrast zum knalligen Purpurrot der Blütenblätter.
    Noch ein verschlungener Pechvogel.
    Die Peitschen der Blume hatten inzwischen sicher wieder ausreichend Flüssigkeit. Wenn er etwas unternehmen wollte, musste er also erst mal an ihnen vorbei.
    Da schlug die Leiche die Augen auf, die ihn stumm flehend anblickten. Einen Augenblick lang glaubte er Cerise zu sehen.
    William hielt den

Weitere Kostenlose Bücher