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Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Titel: Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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flüsterte ihm etwas ins Ohr.
    Verns Finger öffneten sich, mit einem nassen Klatschen fiel sein Gewehr in den Matsch.
    Das Mädchen nahm die Klinge weg. William bleckte die Zähne. Die Frau verhieß Ärger. Gut für sie. Schlecht für ihn.
    So schnell er konnte, humpelte Vern davon und schrie über die Schulter: »Das vergess ich euch nicht. Bestimmt nicht. Ihr werdet schon sehen.«
    Die Landstreicherin kickte das Gewehr mit der Fußspitze in ihre Hand. Der Gewehrlauf zielte in Williams Richtung.
    Das soll wohl ein Witz sein . »Sie können das Boot haben. Wegen mir können Sie den ganzen verdammten Sumpf haben. Sobald ich in Sicktree bin.«
    »Sie haben da eine hübsche Armbrust«, sagte das Mädchen. »Und Sie können sehr gut damit umgehen. Aber bis Sie geladen haben, hab ich Sie zweimal über den Haufen geknallt.«
    William bleckte die Zähne. »Würden Sie Ihre Theorie gerne erproben?«
    Sie grinste. »Wollen Sie wirklich riskieren, dass ich Sie erschieße? Die Kugel würde Ihre Brust übel durchlöchern.«
    William zog noch einen Bolzen aus dem Köcher.
    Das Mädchen visierte eine Stelle links von ihm an und drückte ab. Ein schwaches Klicken echote über den Sumpf. Fluchend klappte das Mädchen das Gewehr auf.
    »Ich hab das Ding letzte Nacht entladen, als ihr beide geschlafen habt.« William visierte sie an. »Vern schien mir nicht besonders vertrauenswürdig zu sein. Wie’s aussieht, behalte ich das Boot.«
    Sie ließ das Gewehr sinken. »Darf ich fragen, wo Sie mit Ihrem neuen Boot hin wollen?«
    »Sicktree.«
    »Und in welcher Richtung, glauben Sie, liegt Sicktree?«
    William hielt inne. Der Fluss hatte ungefähr ein Dutzend Mal die Richtung gewechselt. Er wusste zwar, dass sich die Sumpfsiedlung irgendwo flussaufwärts befand, hatte aber keinen Schimmer, wo genau. Der Spiegel besaß von diesem Teil des Edge keine Karten, aber die vermessenen und in Karten eingezeichneten Gebiete sahen aus wie ein Labyrinth aus kleinsten Flüssen, Seen und morastigen Ufern.
    »Wenn ich Sie richtig verstehe, kennen Sie den Weg nach Sicktree.«
    Sie lächelte. »Ja. Sie sollten mich lieber als Ihre Führerin anheuern. Oder Sie irren die nächsten paar Wochen im Moor herum.«
    Damit hatte sie ihn. William gab vor, darüber nachzudenken. »Sie anheuern? Ich finde, das Privileg, in meinem neuen Boot zu fahren, sollte ausreichen.«
    »Abgemacht.« Sie hielt aufs Wasser zu.
    »Mein Angebot ist an Bedingungen geknüpft.«
    Das Mädchen verdrehte die Augen.
    »Erstens, wenn Sie daran denken, mir die Gurgel aufzuschlitzen, vergessen Sie’s. Ich bin schneller und stärker als Sie, und ich habe einen leichten Schlaf.«
    Sie zuckte die Achseln. »Schön.«
    »Zweitens, bei der ersten sich bietenden Gelegenheit baden Sie.«
    »Noch was?«
    William überlegte. »Nein, das wär’s.«
    Das Mädchen watete durchs Wasser, zog sich ins Boot und kramte im Bug herum. William beobachtete sie.
    Sie brachte ein großes Segeltuchbündel zum Vorschein und zerrte es an die Seite.
    »Was ist das?«
    »Ein Schlauchboot. Schmuggler haben für alle Fälle eins dabei.« Sie klopfte auf das größere Boot. »Dieser üble Bursche hier muss von Rolpies gezogen werden. Das Teil ist schwer. Das Schlauchboot ist leicht, wenn’s sein muss, können wir’s sogar tragen.«
    Sie zog an den Kordeln, sicherte das Segeltuch, griff hinein und fluchte. »Knauser. Das ist kein Schlauchboot – der Kerl hat seinen Schlafsack hier reingestopft.« Sie kam hoch, starrte einen Moment lang die Kajüte an und zog dann an der über das Dach gebreiteten Segeltuchplane. »Würde Sie bitte mal helfen, Lord Weird? Sie können natürlich auch auf Ihrem Hintern sitzen bleiben, während ich hier schwitze, aber dann dauert es zweimal so lange.«
    Er packte sein Ende der Plane und zerrte daran. Die Tarnung fiel und offenbarte ein auf der Kajüte vertäutes flaches Boot mit eckigem Bug.
    »Ein Stechkahn.« Die Landstreicherin seufzte. »Dafür benötigen wir eine Stange wie bei einem Flussboot.«
    William hatte keine Ahnung, was ein Flussboot oder ein Stechkahn sein mochte, aber das war ihm egal. Sie hatten ein schwimmfähiges Boot, das ihn nach Sicktree und zu dem dort wartenden Agenten des Spiegels bringen konnte. Also kappte er die Leine, mit der das kleine Gefährt auf dem Kajütendach festgebunden war.
    »Nennen Sie mich William.«
    »Cerise«, sagte die Landstreicherin. »Ich stelle auch eine Bedingung.«
    Er sah sie an.
    »Keine Fragen.«
    Na, das war ja mal interessant.

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