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Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Titel: Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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ruhig schlafen können, weil sie wissen, dass ihre Familien von meinesgleichen beschützt werden. Sie haben mir die Hände gebunden, Madame. Stehen Sie zu Ihrer Entscheidung.«
    Dann ließ er sie fallen.
    »Nur zu, verschmelzt mich«, fauchte sie. »Ich werde euch alle töten. Ihr kriegt gar nichts. Meine Familie wird euch ohne dieses Journal im Sumpf begraben.«
    Ermüdend. Spider sah John an. »Wie lange?«
    John musterte die Frau auf dem Boden. »Sie geht auf die fünfzig zu. Im Idealfall ein Monat. Ich schaffe es in zwei Wochen.«
    »Ich gebe dir zehn Tage.«
    »Dann wird sie nicht stabil sein.«
    Spider sah John lange an, um sich der Aufmerksamkeit des Mannes zu versichern. »Sie ist der Schlüssel, John. Wenn du sie zerbrichst, werde ich sehr ärgerlich sein.«
    Der Wandlungsspezialist schluckte.
    Spider blieb an der Tür stehen. »Sag mir Bescheid, wenn sie das erste Stadium erreicht hat. Ihre Tochter ist von ihrem Familiensitz ins Broken aufgebrochen. Ich will wissen, warum.«
    Vor ihnen markierte ein heller grüner Fleck frischer Vegetation die Mündung des Sandal Creek. Cerise wendete das Boot und steuerte es ins Sumpfgras. Der Bug zerdrückte das grün stehende Schilf, sie stemmte sich mit ihrem ganzen Gewicht gegen die Stange, das Boot ließ das Grün hinter sich und gewann offenes Wasser.
    Vor ihnen erstreckte sich ein schmaler, von Purpurweiden gesäumter Kanal. Winzige scharlachrote und blaue Blätter sprenkelten das stille Wasser.
    Lord Bill zog die Brauen zusammen, doch falls er Fragen hatte, behielt er sie für sich.
    »Der andere Fluss wird nach einer halben Meile ein bisschen senil«, teilte sie ihm mit. »Er vergisst, dass er durch den Sumpf fließt, und nimmt ordentlich Fahrt auf. Anstatt gegen die Strömung anzurudern, umgehen wir den Schlamassel und sparen ein paar Stunden Zeit. Nach ungefähr sieben Meilen müssten wir wieder auf den Hauptarm treffen.«
    Sie warf ihm die Stange zu. Er fing sie aus der Luft. Gute Reflexe.
    »Sie sind dran. Benutzen Sie nicht Ihre Arme, verlassen Sie sich lieber auf Ihr Körpergewicht. Ich kümmere mich ums Essen.«
    Lord Bill stand auf, er hielt das Gleichgewicht, als sei er auf dem Wasser geboren. Trotzdem, wie vorherzusehen, entglitt ihm das Boot, er benötigte ein paar Anläufe, dann fand er seinen Rhythmus.
    Cerise setzte sich hin, kramte in ihrem Beutel und zog eine kurze Angelrute und die von Verns Boot eingesackte Köderbox daraus hervor. Sie spießte eine fette, weiße Made auf und ließ die Leine ins Wasser fallen.
    »Immer noch nichts?« William sah Cerise an.
    Die Landstreicherin schüttelte den Kopf. Die Angelschnur trieb vergessen hinter dem Boot. Cerise saß wachsam und suchte in entspannter, allzeit bereiter Haltung das Ufer ab. Wie ein altgedienter Soldat, der mit einem Angriff rechnete.
    »Da stimmt was nicht«, meinte sie. »Im Strom müsste es eigentlich von Fischen wimmeln. Der Fluss ist vor Haien sicher und für Evaurgs viel zu schmal.«
    »Oder Sie sind eine jämmerliche Anglerin.« William betrachtete den Sumpf. Weiden säumten die Ufer, erinnerten an schlanke Frauen, die ihre Locken im Fluss wuschen. Kein Laut, abgesehen vom fernen Kreischen eines verrückten Vogels.
    Er holte tief Luft. Außer der üblichen Mischung aus Algen, Fisch und Grünzeug auch keine seltsamen Gerüche. Außer Cerise. Sie hatte recht. Es war zu still.
    Die Königin der Landstreicher ging in die Hocke und griff unter ihre Jacke. Jetzt zückt sie die Klinge . Darauf hatte er schon gewartet. Dreißig Zentimeter lang, schmal, mit nur einer Schneide und einfachem Griff. In gutem Zustand. Sie war keine Obdachlose – ihre Klinge hatte sie längst vor ihren Zähnen verraten –, aber wie sie das Ding mit lockerer Hand hielt, kam ihm merkwürdig vor. Beinahe übervorsichtig umschlossen die langen, schlanken Finger den Griff. Eine Waffe zu fest zu umfassen machte einen unbeweglich, aber richtig zupacken sollte man schon. Wenn man sein Schwert wie einen Malerpinsel hielt, würde irgendwer es einem früher oder später aus der Hand schlagen.
    Vor ihnen beugte sich eine alte Weide übers Ufer, die langen Zweige tauchten in den Fluss ein. Unter ihren Blättern flatterten Schatten im Wasser.
    »Nicht bewegen«, flüsterte Cerise.
    Er erstarrte mit der Stange in der Hand. Das Boot glitt langsam weiter, bis das letzte bisschen Fahrt aufgebraucht war.
    Unter der Weide kräuselte sich das Wasser, die Oberfläche wellte sich und beruhigte sich wieder.
    Cerise kauerte im Bug und

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