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Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Titel: Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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zwei Bolzen an den Baum genagelt, einer durch den Hals, der zweite durch die Brust. Der Tod hatte Pevas Gesicht in eine blutleere Maske verwandelt. Sie blickte in seine Augen, die im Mondlicht leer und traurig wirkten, und fühlte sich grundlos schuldig.
    Cerise schaute weg. Das war zu blöd. Der Kerl hätte sie ohne nachzudenken getötet; andererseits kannte sie ihn schon so lange, dass es ihr fast so vorkam, als sei jemand aus der Familie gestorben. Wie würde es erst sein, wenn wirklich ein Familienmitglied starb?
    Sie schluckte. Das war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, die Nerven zu verlieren.
    William kam aus dem Farn und ließ Bolzen in einen Lederköcher gleiten. Cerise straffte sich. Sie hatte sich hinter dem Körper des toten Spions verborgen und alles vom Boot aus mit angesehen. Sie hatte sich gedacht, dass Peva irgendwo entlang ihres Weges einen Hinterhalt legen würde. Lagar hätte ihm jede Menge Leute mitgegeben, aber Peva, der arrogante Snob, ließ sie lieber andere Routen im Auge behalten, um das Opfer ganz alleine abzuschießen. Sie und William hatten eine einfache Rechnung aufgemacht: Ein Mann war leichter zu erledigen als mehrere. Also staffierten sie die Leiche als Rolpie-Führer aus, Cerise zog den Kopf ein und übernahm das Steuer, während William ihr Boot die letzte Meile vom Ufer aus zog. Und in dem Moment, in dem Peva sich zeigte, war es an William, ihn auszuschalten.
    »Sie haben ihn aufgescheucht«, sagte sie mit ausdrucksloser Stimme.
    William umfasste den Bolzen in Pevas Rücken. Der dunkle Schaft steckte tief drin. Nur das Gefieder und ein, zwei Zentimeter schauten heraus. Es würde einige Kraft brauchen, um den Bolzen herauszuziehen. Er strengte sich an, und der Leichnam gab den Bolzen mit einem feuchten, saugenden Laut frei.
    »Hat es Ihnen Spaß gemacht, mit ihm zu spielen?«
    »Ich habe das nicht zum Vergnügen getan.« William wischte den Bolzen an Pevas Rücken ab und betrachtete prüfend die scharfe Spitze. »Ich habe den Leuchtbolzen abgefeuert, um ihn zu blenden, und ihn dann, auf die Gefahr hin, dass er irgendwelche Helfer im Gebüsch hatte, ein bisschen herumgehetzt. Als keine Kumpel von ihm auftauchten, habe ich ihn erschossen.«
    Er griff nach dem zweiten Bolzen. Der Schaft hatte Pevas Hals glatt durchbohrt und war dann mindestens sieben Zentimeter tief im Baum stecken geblieben. Cerise hätte sich vermutlich draufstellen können, ohne dass der Bolzen sich vom Fleck gerührt hätte. Nicht mal Mikita hätte das Ding mit all seiner Kraft herausziehen können.
    Williams Finger schlossen sich um den Bolzen. Er stemmte einen Fuß gegen Pevas Rücken, ächzte und verzog unter der Anstrengung das Gesicht. Mit einem Plopp löste sich der Bolzen aus der Zypresse. William roch daran und zog eine Flunsch. »Die Spitze ist verbogen, aber der Schaft taugt noch was.«
    William war kein Mensch. Nie im Leben.
    Sie hatte das schon früher vermutet, zuerst im Haus der Alphas, weil er sich so absolut sicher war, es mit einem verwaisten Haus zu tun zu haben. Der Kampf mit Kent hatte ihr zu denken gegeben, aber nach der Auseinandersetzung mit dem Jäger war alles klar gewesen. Wie William sich bewegte, jagte ihr eisige Schauer über den Rücken – zu schnell, zu kundig –, aber erst sein Gesichtsausdruck brachte die endgültige Klarheit. Da standen sie einem Menschen gegenüber, der über jedes vorstellbare Maß hinaus modifiziert war, und William setzte eine eiskalte Miene auf, als wären ihm Gefühle vollkommen fremd. Furcht und Zorn wären in Ordnung gewesen, aber was sie in Wahrheit sah, war die skrupellose Berechnung eines gerissenen Raubtiers. Er beobachtete seine Beute, gelangte zu dem Schluss, dass er den Kampf gewinnen würde, und ging entsprechend vor. Und jetzt hatte sie den unwiderlegbaren Beweis. Seine Kraft mochte nicht außerhalb des Menschenmöglichen liegen, aber ganz sicher außerhalb der Möglichkeiten seiner schlanken Gestalt.
    Cerise trat einen Schritt zurück.
    William wurde plötzlich sehr still.
    Sie musste das jetzt klären. »Sie haben mich angelogen.«
    Seine Augen blickten klar und kalt. Berechnend. »Schön, hier haben Sie die Wahrheit: Es hat mir Spaß gemacht. Er wollte Sie umbringen, stattdessen habe ich ihn umgebracht. Ich habe Ihnen nichts gesagt, weil ich nicht will, dass Sie Angst vor mir haben.«
    »Das habe ich nicht gemeint.«
    »Was haben Sie denn gemeint?«
    »Ihre Geschichte über den verlorenen Ring und Ihre Suche danach ist totaler

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