Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten
Frauen dort auftauchte, die dachten, sie könnten mich zur Eheschließung bewegen, und ein paar Mütter gerieten sich darüber in die Haare. Es war einfach lächerlich – will sagen, grässlich. Einfach schrecklich.«
»Ja.« Rose seufzte mitleidig. »Es ist ja so grauenvoll, ein reicher und irrsinnig gut aussehender Mann zu sein, dem die Frauen zu Füßen liegen. Das bricht mir das Herz. Armer Kerl. Wie hältst du das bloß aus?«
»Du hältst mich also für gut aussehend?«
Sie blieb einen Augenblick stehen. »Ich bin nicht blind, Declan.«
Er sah ausgesprochen selbstgefällig aus.
»Oh, nun komm aber mal wieder runter.«
»Und nicht nur gut aussehend, sondern irrsinnig gut aussehend«, fügte er hinzu.
Das würde er ihr jetzt ewig unter die Nase reiben. Sie wirbelte herum und warf dem Publikum einen vernichtenden Blick zu. »Bitte, bewahren Sie Anstand, meine Damen.«
Die Menge zerstreute sich.
»Das ist aber ziemlich besitzergreifend.«
»Ich glaube, als eiskalter Blaublütiger hast du mir besser gefallen.« Sie schüttelte den Kopf und ließ eine weitere Packung blauer Kerzen in den Einkaufswagen fallen.
19
Rose beobachtete Declans Vorbereitungen von der Veranda aus.
Mitten auf der Wiese stand ein dreieinhalb Meter durchmessendes und etwa neunzig Zentimeter hohes aufblasbares Planschbecken. Das Wasser darin glitzerte in der Nachmittagssonne. Links davon saß Jack in einer Kiefer und blickte mit wehmütiger Miene in das Becken. Georgie blieb im Haus. Er würde sich niemals weigern, nach draußen zu kommen – dazu war er viel zu manierlich –, also versteckte er sich auf dem Dachboden und verhielt sich mucksmäuschenstill, in der Hoffnung, dass sie ihn einfach vergaßen.
Die Fliegengittertür schwang auf, und Großmama gesellte sich zu ihr. Éléonore sah besser aus, sie hatte ihr Haar neu aufgetürmt, und ihre Schritte waren schon wieder etwas elastischer. Sie betrachtete die Wiese.
»Was tut der Junge da?«
»Er meint, er setzt seinen Plan in die Tat um, mit dem er mich rumkriegen will. Samt meiner Widerborstigkeit.«
Großmama blinzelte. »Das hat er gesagt?«
»Hat er.« Und sie war eine Närrin, weil ihr Herz jedes Mal, wenn sie daran dachte, schneller schlug.
»Er strengt sich ganz schön an, wie?«
Rose nickte.
Declan hatte ein Maßband gekauft und damit auf das Genaueste die Entfernung vom Planschbecken ausgemessen und die Punkte mit weißer Farbe markiert. Als Nächstes hatte er einige etwa sechzig Zentimeter lange Pflöcke zugeschnitten, an beiden Enden angespitzt und anschließend an den Markierungen mit dem Hammer in den Erdboden geschlagen. Dann hatte er die Kerzen auf die Pflöcke gesteckt und schließlich weiße Wäscheleine zwischen ihnen ausgespannt. Von der Veranda aus bildete die Leine ein komplexes geometrisches Gebilde, einen siebenzackigen, von einem Kreis eingefassten Stern, dessen Mittelpunkt das Planschbecken war.
»Tja, das ist eine Sigille«, bemerkte Großmama.
Rose hatte sich früher schon mit Sigillen befasst. Diese Art mystischer Zeichen wurde häufig bei Beschwörungen und in der Alchemie eingesetzt. Manche standen für die wahren Namen magischer Wesen, andere leiteten Magie in bestimmte Strukturen. Langweilig, wie alle uninteressanten Dinge, aber sie hatte sich wenigstens zu den Grundlagen durchgerungen.
»So wie’s aussieht, hat er nur eine Leine verwendet«, murmelte Großmama.
Rose entdeckte den Knoten und folgte dem Verlauf der Wäscheleine mit den Augen. Die Leine lief an vielen Stellen überkreuz, unten, oben, wieder unten, und fand schließlich zum Ausgangspflock zurück. »Ja«, nickte sie.
»Eindeutig eine Sigille«, meinte ihre Großmutter.
»Großmama?«
»Hmm.«
»Haben die Jungs dir von Casshorn erzählt?«
Éléonores Augen wurden dunkler und nahmen einen sonderbar rücksichtslosen Ausdruck an. »Ja. Ja, haben sie.«
»Er ist im Wald«, sagte Rose.
Magie flatterte um Éléonore, dunkel und furchteinflößend wie schwarze Schwingen. »Natürlich«, sagte sie gelassen, mit grässlichem Gesichtsausdruck. »Wo sollte er sonst sein? Meint, er könnte sich in unserem Hinterhof verstecken, wie? Aber wir finden ihn. Und wenn es so weit ist, haue ich ihm dafür, dass er es gewagt hat, meine Enkelkinder anzurühren, die Macht von ganz East Laporte um die Ohren. Er soll blutige Tränen vergießen, bevor das alles vorüber ist.«
Rose fröstelte.
Da tauchte Declan mit dem Grill aus ihrem Truck auf dem Fahrweg auf. Er setzte das Ding am
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