Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten
ihn ihr wegnehme?«
Beide sahen zu Rose.
»Ich helfe euch«, sagte William. »Ich tu’s für den Jungen. Danach bin ich weg.«
Declan nickte.
»Hast du einen Plan?«
Rose gesellte sich zu ihnen. Jack wappnete sich, aber anscheinend blieb ihm eine Standpauke erspart.
»Während wir uns unterhalten, belegen ein paar Einheimische Casshorn mit einem Schlaffluch«, erklärte Declan. »Sobald er ausgeschaltet ist, setzen wir einen See hier in der Nähe unter Strom. Er müsste stark genug sein, um die Bluthunde zu schwächen. Rose und ich erwarten die Bestien auf einem Anleger in der Mitte des Sees. Wir schleudern ein paar Blitze, um sie auf uns aufmerksam zu machen, und töten die Überlebenden. Sobald die Bluthunde erledigt sind, knöpfen wir uns Casshorn vor.«
William kniff die Augen zusammen und schüttelte den Kopf.
»Falls dir was Besseres einfällt, nur zu, lass es uns wissen«, lud Declan ihn ein.
William lehnte sich zurück und schwieg ein paar Minuten. »Blitze werden nicht reichen. Ihr müsst so viele Bluthunde wie möglich anlocken.«
»Willst du das übernehmen?«, fragte Declan.
»Wer sonst? Du bist zu langsam.«
»Wovon redet ihr?«, wollte Rose wissen.
»Davon, dass er sich in einen Wolf verwandeln und uns die Bluthunde zutreiben will«, antwortete Declan.
»Aber das wäre Selbstmord«, meinte sie tonlos.
William verzog das Gesicht. »Und das sagt eine Frau, die auf einen Anleger in einem See klettern will, der unter Strom steht.«
»Woher wollen Sie wissen, was unter Strom stehen bedeutet?«, erkundigte sich Rose.
William sah Declan an. »Hast du es ihr gesagt?«
Declan zuckte die Achseln. »Ich bin nicht dazu gekommen.«
»Wir sind ausgebildete Industriesaboteure«, erläuterte William. »Im Fall von Auseinandersetzungen zwischen dem Broken und dem Weird entsendet die Legion Soldaten zur Beeinträchtigung der Industriezentren ins Broken.«
»Das Broken ist auf Stromversorgung angewiesen«, ergänzte Declan. »Wenn man die Kraftwerke zerstört, stehen dort alle Räder still. Ohne Strom kein Wasser, keine Kommunikation, keine Logistik, nichts. Selbst Benzin gibt’s nur über elektrische Benzinpumpen. Keine Elektrizität mehr bedeutet Anarchie.«
»Im Weird leben viel weniger Menschen als im Broken«, spann William den Faden weiter. »Im Krieg bleibt uns nichts anderes übrig, als die dortige Infrastruktur zu zerstören.«
»Ihr macht mir Angst«, sagte Rose.
»Keine Sorge«, teilte Declan ihr mit. »Es ist eigentlich sehr unwahrscheinlich, dass es zwischen den beiden Regionen zum Krieg kommt.«
»Es handelt sich in erster Linie um Vorsichtsmaßnahmen«, sagte William.
»Aber man muss auf alle Eventualitäten vorbereitet sein«, meinte Declan.
Wiliam nickte.
Rose sah nicht sehr überzeugt aus.
25
Éléonore vernahm die sich nähernden Schritte, kurz bevor ein zaghaftes Klopfen die Stille unterbrach. Sie ließ den Stößel sinken und ging zur Tür. Genau genommen wäre das Emilys Aufgabe gewesen, aber die kochte über dem Herd eine tote Katze aus und musste ständig umrühren, was auch ohne Anbrennen schon scheußlich genug roch.
Éléonore öffnete und sah eine junge Frau, die ihr bekannt vorkam. Ruby, erinnerte sie sich. Eine von Adeles Urenkelinnen.
»Da ist ein Mann, der mit Ihnen sprechen will«, sagte das Mädchen.
Ein Mann? In Wood House ? Wie, um alles in der Welt, hatte der die Wehre überwunden? »Mit mir oder mit deiner Urgroßmutter?«
Das Mädchen senkte den dunklen Kopf. »Mit Ihnen, Mrs Drayton.«
Éléonore wischte sich die Hände an ihrer Schürze ab und trat hinaus.
Im Hof wartete ein Mann. Dunkelhaarig, groß, ungefähr in Declans Alter. Als er aufsah, glänzten seine Augen bernsteinfarben. Éléonore fühlte sich wie elektrisiert, so als würde sie in die Augen einer ungezähmten Bestie blicken. »Sie müssen William sein«, sagte sie.
Der Mann nickte.
»Sind Sie in eigener Sache hier oder wegen Casshorn?«
»Wegen Jack«, gab er zurück.
»Verstehe.« Sie verstand keineswegs, aber das schien ihr die einzig richtige Antwort zu sein.
William setzte sich ins Gras. »Sagen Sie mir Bescheid, wenn der Fluch so weit ist, ich locke dann die Bluthunde zum See.«
Éléonore nickte und ging wieder rein. Etwas war geschehen. Sie würde Rose danach fragen müssen, aber nicht jetzt. Erst mal mussten sie sich um alte Magie bemühen.
Zwei Stunden später trat sie mit weichen Knien, blass und erschöpft, auf die Veranda hinaus. William saß noch an derselben
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