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Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Titel: Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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Stelle. »Fertig«, ächzte sie. »Machen Sie schnell. Der Fluch wird ihn nicht lange aufhalten.«
    William zog zuerst sein T-Shirt aus, dann die Stiefel. Nachdem auch seine Hosen gefallen waren, stand er nackt im Gras.
    Sein Körper wand sich, Muskeln und Knochen streckten sich, zerflossen wie geschmolzenes Wachs. Als das Rückgrat sich krümmte, fiel er hart ins Gras. Ein gewaltiges Beben durchlief seine Glieder, die Finger krallten ins Leere, als neu gebildete Knochen, feucht von Lymphe und Blut, durch die Muskulatur stießen. Éléonore kämpfte gegen ein Schaudern an.
    Fleisch wölbte sich, zerfloss und schmiegte sich an den veränderten Knochenbau. Dann spross dichtes, schwarzes Fell und bedeckte die nackte Haut. Schließlich stemmte sich ein riesiger Wolf auf die Beine.
    »Öffnet das Tor!«, rief Éléonore. Irgendein Jungspund schob daraufhin den Holzriegel zur Seite und zerrte das Tor auf.
    Der Wolf schnaubte und schoss in den Wald davon.
    Éléonore sah ihm nach. Schreckliche Angst erfasste sie, umklammerte mit kalter Hand ihre Brust, sodass sie sich auf einen Stuhl sinken ließ. Das konnte nicht gut ausgehen.
    Der See lag still, das schlammige Wasser undurchsichtig und grün. Der Nachmittag war in den frühen Abend übergegangen, aber sie würden noch mindestens ein paar Stunden Sonne haben. Rose konnte den Anleger von ihrem Aussichtspunkt vorne im Schlauchboot aus gut erkennen. Die Holzbohlen waren mit schützendem, geriffeltem Reifengummi belegt. Trotzdem würde sie dort vielleicht sterben. Wann immer ihr der Gedanke an den Tod gekommen war, hatte sie sich ihr Ableben ganz sicher nicht auf einem mit schwarzem Gummi bedeckten Anleger vorgestellt. Wenigstens befanden sich die Jungen in Sicherheit. Sie hatte sie ins Broken zu Amy Haire gebracht. Das passte den beiden zwar nicht, aber sie hatten kapiert, dass jetzt nicht der richtige Moment war, sich mit ihr zu streiten.
    Buckwell und Declan hinter ihr ruderten stumm. Der Anleger kam immer näher.
    Die Hände ballte sie zu Fäusten, damit sie nicht zitterten. Vor zehn Minuten hatte Jeremiah angerufen. Doch ihr Telefon hatte den Geist aufgegeben und das Gespräch mitten im Satz beendet, die Neuigkeiten hatte sie jedoch noch mitbekommen: Der Fluch wirkte. Casshorn schlief. William war kurz darauf im Wald verschwunden. Und nun hockte sie in einem winzigen Schlauchboot, auf dem Weg zu einem Anleger, der mehr und mehr einer Todesfalle glich.
    »Noch kannst du einen Rückzieher machen«, sagte Declan.
    Sie schüttelte den Kopf und erhaschte einen Blick auf ihn. Sein Gesicht wirkte vollkommen entspannt. Auch sein Körper verriet keinerlei Anspannung. Sie wusste nicht, ob er tatsächlich keine Furcht empfand oder ob er sie nur gut verbarg, auf jeden Fall musste sie mit ihm gleichziehen. Wenn sie jetzt schlappmachte, wäre sie eine Belastung für die anderen. Sie hatte sich nur deshalb mit aller Macht in diese Lage gebracht, damit Declan mit seinen Kräften haushalten konnte.
    Sie verdrehte die Augen. »Keine Chance.«
    Declan lächelte sie an.
    »In der Army hatten wir ein Sprichwort«, sagte Tom Buckwell. »Wir irren uns oft, aber wir zweifeln nie. Wenn man sich einmal entschieden hat, was man machen muss und wie, kann man sich keine Besserwisserei mehr leisten. Dann zieht man’s einfach durch.«
    Der Anleger ragte vor ihnen auf. Rose stand auf und packte einen Holzgriff, mit dessen Hilfe sie das Boot längsseits brachte. Declan griff nach der Kante und zog sich daran hoch. Rose nahm seine Hand, und er hob sie auf den Anleger, wo sie mit Leannes Gummistiefeln aufstampfte. Die Dinger waren ihr eine Nummer zu groß, aber sie besaß selbst kein Schuhwerk, das sie gegen Stromschläge geschützt hätte, also musste es so gehen. Das Ganze erschien ihr inzwischen ohnehin wie eine Schnapsidee.
    William war ganz ihrer Meinung. Bei der Erläuterung ihres Vorhabens hatte er nur die Augen geschlossen und den Kopf geschüttelt.
    Buckwell reichte Declan sein Schwert. »Sobald die Stromleitung unten ist, dürfen Sie nicht mehr ans Wasser kommen. Wir sind dann da drüben.« Er deutete auf das Ufer hinter dem Anleger, wo ein Kirchturm in den Himmel ragte. »Wenn ein paar von denen an euch vorbei bis zur Straße gelangen, machen wir sie mit Macheten fertig. Ich habe auch noch eine Kettensäge dabei und warte da hinten mit sechs Männern, die die Bestien eigentlich alle sehen können müssten.«
    Declan nickte. »Viel Glück.«
    »Euch auch.« Buckwell legte ab.
    Am liebsten wäre

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