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Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Titel: Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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genügt.«
    »Meinetwegen.«
    Sie führte ihn hinein. Die Jungen hatten inzwischen ihr Essen verdrückt und spülten gerade die Teller ab.
    »Georgie, hol bitte seinen Teller und seinen Tee von der Veranda. Er schläft heute Nacht in Dads Schlafzimmer – er hat dafür bezahlt. Ihr schlaft in meinem Zimmer auf dem Fußboden.«
    Der Blaublütige ließ ein tiefes Knurren hören.
    Dreißig Sekunden später saßen Rose und der Blaublütige einander am Tisch gegenüber. Rose probierte die Pfannkuchen. Sie waren erwartungsgemäß kalt, schmeckten der ausgehungerten Rose aber immer noch köstlich. »Gott, sind die gut.«
    »Langsam.«
    Rose blickte von ihrem Teller auf.
    Er saß kerzengerade am Tisch und zerschnitt mit chirurgischer Präzision seine Pfannkuchen.
    »Essen Sie langsam«, sagte der Blaublütige. »Und zerteilen Sie Ihr Essen nicht mit der Gabel. Nehmen Sie das Messer dafür, und schneiden Sie so kleine Stücke ab, dass Sie eine Frage beantworten können, ohne zuvor schlucken zu müssen.«
    Warum immer ich ? »Gut. Sonst noch was?«
    Ihr Sarkasmus verfing bei ihm nicht. »Ja. Schauen Sie mich an, nicht auf Ihren Teller. Wenn Sie auf Ihren Teller schauen wollen, machen Sie es möglichst unauffällig.«
    Rose legte ihre Gabel hin. »Lord Submarine …«
    »Camarine.«
    »Meinetwegen.«
    »Sie dürfen mich Declan nennen.« Er sagte das, als würde er sie damit zum Ritter schlagen. Frechheit.
    »Also Declan. Was haben Sie heute so gemacht?«
    Ein Stirnrunzeln.
    »Das ist eine einfache Frage: Was haben Sie heute gemacht? Was haben Sie vor dem Kampf und den Pfannkuchen getan?«
    »Ich habe mich von meiner Reise erholt«, antwortete er mit einem Anflug von Vornehmheit.
    »Also ein Nickerchen gemacht.«
    »Möglich.«
    »Ich habe heute in zehn Büros im Broken geputzt, gesaugt und Staub gewischt. Um halb acht morgens ging es los und um sechs war Feierabend. Ich habe Rückenschmerzen. Ich rieche jetzt noch die Putzmittel an meinen Fingern, und meine Füße fühlen sich so platt an wie Ihre Pfannkuchen. Morgen muss ich auch wieder arbeiten gehen, deshalb würde ich gerne in aller Ruhe essen. Meine Tischmanieren sind gut. Vielleicht nicht gut genug für Sie, aber allemal gut genug für das Edge, und in diesem Haus sind sie, was Umgangsformen angeht, das Höchste der Gefühle. Also behalten Sie Ihre Mäkeleien gefälligst für sich.«
    Für seinen Gesichtsausdruck hatte es sich schon gelohnt, ihn unter ihr Dach zu lassen. Er sah aus, als hätte man ihn geohrfeigt.
    Sie lächelte ihn an. »Ach ja, und danke für die Pfannkuchen. Die sind echt lecker.«

 
    6
    Rose wachte früh auf. Sie hatte schlecht geschlafen, in kurzen Etappen, war jede Stunde wach geworden und hatte nach den Kindern gesehen. Zweimal glaubte sie, draußen etwas zu hören, und ging auf die Veranda, um nachzusehen. Sie fand nichts – außer der Nacht, die, gestern noch so alltäglich, mit einem Mal unheimlich und voller Gefahren schien.
    Wenn sie kurz einschlief, träumte sie von Monstern und schreienden Kindern, die unkontrolliert auf scheinbar nicht enden wollendem Schlick ausglitten. Gegen fünf gab sie es auf und wälzte sich endgültig aus dem Bett, um Kaffee zu machen.
    Sie passierte das Schlafzimmer ihres Vaters. Die Tür war geschlossen. Am gestrigen Abend hatte sie »Declan« kurz im Haus herumgeführt und ihm zuerst das Badezimmer gezeigt. Er schien mit allem gut zurechtzukommen, was Rose nicht überraschte. Die Existenz des Broken gehörte im Weird nicht gerade zum Allgemeinwissen, aber manche Adlige wussten Bescheid, so wie ein paar handverlesene Broken-Bewohner über die Existenz des Weird im Bilde waren. Und vermutlich stand er hoch genug auf der Gesellschaftsleiter, um in derlei Geheimwissen eingeweiht zu sein.
    Nach der Hausbesichtigung drückte Rose ihm eine Reservezahnbürste in die Hand – dafür reichte seine Golddublone allemal aus – und ein sauberes Handtuch, dann bezog sie das Bett ihres Vaters mit frischen Laken und Decken. Die Kinder sagten ihm Gute Nacht, und er verschwand hinter der Schlafzimmertür. Während ihrer nächtlichen Wanderungen hatte sie ihn nicht gesehen. Welche Phantomgeräusche sie auch aufgeschreckt hatten, er hatte offenbar nichts davon mitbekommen.
    Rose überlegte kurz, ob sie anklopfen sollte, entschied sich aber dagegen. Sie musste noch nicht los, und ein ruhiger Moment mit einer Tasse Kaffee, bevor die Kinder aufstanden, würde ihr guttun.
    Sie öffnete das Fenster, um frische Luft hereinzulassen,

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