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Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Titel: Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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– fünf Sekunden unglaublicher Körperkraft – hatte Leanne damals zum Schrecken der Schule gemacht. Sie schaffte diesen Kraftaufwand nur ungefähr alle zwanzig Minuten, aber das reichte normalerweise vollkommen aus. Rose hätte nie gedacht, dass sie einmal was davon haben würde. Wahrscheinlich gibt es für alles ein erstes Mal .
    Busenfreundinnen würden sie wohl nie werden, überlegte Rose, während sie den Schubkarren den Fußweg zu ihrem Haus hinaufschob. Aber immerhin würde Leanne, falls sie ihr in den Rücken zu fallen beschloss, damit zukünftig ein oder zwei Sekunden warten.
    Ihr Haus schien unberührt. Rose bugsierte den Schubkarren hinter Großvaters Schuppen. Großvater trommelte gegen die Wände und fauchte, aber sie kanzelte ihn mit einem Knurren ab. Später wollte sie den Hundekadaver zu ihrer Großmutter schieben, damit die ihn identifizierte, jetzt jedoch musste sie sich ihre Reserveuniform anziehen und sich auf den Weg machen. Sie lief die Verandastufen hinauf und klopfte an die Haustür.
    Georgie machte auf. »Mach dich fertig«, wies sie ihn an und lief Richtung Dusche. »Ich bring dich zu Großmama, danach muss ich zur Arbeit.«
    Georgie saß auf den Verandastufen. Neben ihm lag seine Reisetasche, die er für alle Fälle immer mitnahm. In der Tasche befanden sich ein Buch über einen Jungen, der am Rand der Wälder lebte, ein InuYasha -Comic, Socken zum Wechseln, Unterwäsche, ein T-Shirt und ein Paar Hosen. Und seine Zahnbürste. Jack polterte auf der Suche nach seinen Sneakers im Haus herum. Georgie schloss die Augen und stellte sich Jacks Turnschuhe vor. Etwas zog ihn leicht nach links, und er wandte sich dorthin. Nicht so weit. Nur ein Stückchen nach links … Ungefähr viereinhalb Meter. Er machte die Augen wieder auf und sah das Küchenfenster vor sich. Ja. Die Schuhe lagen unter dem Küchentisch. Jack musste sie gestern Abend beim Essen abgestreift und dann dort vergessen haben.
    Er könnte reingehen und Jack seine Schuhe zeigen. Rose hatte ja gesagt, dass sie sich schnell fertig machen sollten. Und sie hatte dabei diesen Blick aufgesetzt, den Georgie sehr gut kannte. Wenn sie aus der Dusche kam und sah, dass Jack noch keine Schuhe anhatte, wäre sie darüber sicher nicht sehr froh. Den Ärger konnte er Jack ersparen, andererseits ging es um neue Schuhe, sogar um das zweite Paar neuer Schuhe. Sie kosteten einen Haufen Geld, und Jack musste lernen, auf seine Sachen aufzupassen.
    Sein Bruder war schon irgendwie komisch, dachte Georgie. Manchmal fand er zum Beispiel eine Scherbe von einer grünen Flasche, die er dann wie einen kostbaren Schatz tagelang mit sich herumtrug. Aber aus Sachen wie Schuhen oder Klamotten machte er sich überhaupt nichts. Dabei waren sie arm. Rose versuchte das zu verbergen, aber Georgie wusste trotzdem, dass sie kein Geld hatten. Also musste Jack lernen, nicht so verschwenderisch mit allem umzugehen.
    Georgie kehrte sein Gesicht der Sonne zu, blinzelte und spürte ihre Wärme auf seinem Gesicht. Er hatte nichts dagegen, dass er zu Großmama musste, und auch nicht, dass er den Unterricht schwänzte. Oh, nein, das alles machte ihm überhaupt nichts aus. Georgie gönnte sich ein verstohlenes Lächeln. Die Schule war langweilig und einschläfernd, und er machte sich nicht viel daraus. Er lernte fleißig und bekam gute Noten, weil Rose sich darüber freute. Manchmal sprach sie davon, dass er, wenn seine Noten gut genug waren, später eine gute Arbeit im Broken finden würde. Georgie wollte keine Arbeit im Broken. Im Broken gab es keine Magie.
    Außerdem konnte er, wenn er zu Hause blieb, Declan besser im Auge behalten. Schließlich war es seine Aufgabe, Sachen im Auge zu behalten. Das hatte Dad zu ihm gesagt, bevor er verschwand. Er war damals erst sechs gewesen, aber er wusste noch, wie sein Vater ihm die Hand auf die Schulter gelegt und zugeraunt hatte: »Du kümmerst dich um die Familie, Georgie. Gib auf deine Schwester und deinen Bruder acht, während ich weg bin.« Er war kein Baby mehr gewesen und wusste daher, dass sein Vater es nicht ernst meinte. Aber er machte es trotzdem, denn einer musste es ja schließlich tun.
    Er wusste nicht recht, was er von Declan halten sollte. Rose meinte, man könnte Blaublütigen nicht trauen, und Rose lag häufig richtig. Wenn sie davor warnte, jemandem zu trauen, entpuppte der sich meistens wirklich als Schleimscheißer. Georgie zog den Kopf ein und blickte sich suchend um. Er wusste, dass er das Schimpfwort nicht laut

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