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Land der Schatten: Schicksalsrad (German Edition)

Land der Schatten: Schicksalsrad (German Edition)

Titel: Land der Schatten: Schicksalsrad (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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braucht, kann er irgendwo im Edge oder im Weird einsteigen, die Beute verkaufen und anschließend high werden. Aber wenn unser Mann mit Magie arbeitet, kann er nur im Edge oder im Weird zuschlagen. Wieso hat Alex Callahan einen ganzen Schaukasten voller Haftbefehle wegen Diebstahls im Broken? Warum da stehlen, wo man im Nachteil ist?«
    »Vielleicht weil er dämlich ist.«
    »Junkies sind schlau, sie müssen ihre Sucht bedienen, und Langzeitsüchtige planen nicht mehr im Voraus. Die denken nur noch an den nächsten Kick. Ein Süchtiger klaut alles und vertickt es dann für zwanzig Dollar. Das ist der Marktpreis für Crack. Scheißegal, um welche Beute es sich handelt, ein Hehler bietet dem Süchtigen 20 Dollar, die dieser annimmt. Für Junkies bedeutet ein 500 Dollar teurer DVD -Player für einen Kick ein gutes Geschäft, weil sie mit dem Player gar nichts anzufangen wissen. Die Pyramide von Ptah ist ein riskanter, aufwendiger Job, bei dem man leicht erwischt werden kann, und um das Maß vollzumachen, haben die Diebe ihre Beute auch noch an die Hand verkauft. Callahan hätte diesen Auftrag niemals selbst ausgeführt, und wenn doch, hätte er die Beute an den erstbesten Hehler verscherbelt. Nein, Alex mag dabei gewesen sein, aber der Einbrecher war er nicht. Das Ding hat jemand anders gedreht.«
    »Tja, in ein paar Stunden wissen wir mehr, oder?«
    »Richtig. Wer immer der Einbrecher ist, ich kann es kaum erwarten, ihn kennenzulernen.«
    Gaston lachte. »Vergiss nicht, du arbeitest für den Spiegel, Onkel.«
    »Hab ich nicht vergessen. Trotzdem sind die Möglichkeiten interessant. Vielleicht kann ich mich mit dem Typen verständigen.«
    Die Stimmen verstummten.
    Jack regte sich in seinem engen Versteck, seufzte und rollte sich zusammen. Zwei Stunden. Er konnte zwei Stunden schlafen.
    Es dauerte über drei Stunden, bis der Flugdrachen tiefer sank, und weitere fünfzehn Minuten, bis er endlich landete. Jack saß reglos da, während Kaldar ausstieg, sich umzog und Gaston einige abschließende Anweisungen erteilte. Als dessen Faust auf Holzkisten und Körbe schlug, hallte es dumpf durch die Kanzel. »Aufstehen, meine Damen. Er ist weg. Ich gehe jetzt Wasser holen und mische das Futter für den Flugdrachen. Geht pinkeln, vertretet euch die Beine, tut, was immer ihr tun müsst, aber haltet euch auf jeden Fall von der Grenze fern. Wir sind sehr nah dran.«
    Jack sah George an. Sie befanden sich in der Nähe der Grenze. Seit fast drei Jahren waren sie nicht mehr im Broken gewesen, seit dem letzten Besuch bei ihrer Großmutter; und Kalifornien hatte sie noch nie gesehen.
    Vor ihnen leuchtete der frühe Morgen, sein Licht fiel durch die Kanzelscheibe. Jack sprang über die Kiste, stieß die Korbtür auf und blieb stehen. Wenige Schritte vor ihm fiel das Gelände steil ab, dahinter erstreckte sich bis zum Horizont blau und silbrig gleißend ein riesiges Meer. Ein Windstoß fegte den Abhang hinauf und schlug ihm ins Gesicht. Um Jack explodierten tausend Gerüche: Kiefernharz, Eukalyptus, der Duft kleiner, blauer Blumen, die sich an das Felsmassiv klammerten, der ferne Geruch der Möwen, die über ihm kreischten, Salz, Tang und, wie ein Nachtrag, das schwache, den Wind würzende Aroma von geräuchertem Fisch.
    Jack konnte das alles einen Augenblick lang nicht verarbeiten, dann sprang er mit flügelweit ausgebreiteten Armen los und stürmte den steilen Abhang zu den Wellen unter ihm hinab.

3
    Man konnte die Entzugsklinik Rose Cliff nur als piekfein bezeichnen, dachte Kaldar, während er die Glastür durchschritt und die Vorhalle betrat. Hohe Fenster fleckten die creme- und blass pfirsichfarbenen Wände mit Rechtecken aus goldenem Sonnenlicht. Der Fußboden war mit braunem, spiegelblank poliertem Marmor gekachelt, und während er sich dem marmornen Empfangstresen näherte, hallten seine Schritte leise durchs Vestibül. Normalerweise bevorzugte er lautloses Schuhwerk, hatte bei seiner Broken-Kleidung jedoch nicht wählerisch sein dürfen, und besonders viele Klamotten hatte er auch nicht dabei. Klack, klack, klack …
    Die verspiegelte Wand hinter dem Empfang zeigte ihm sein Spiegelbild: Er trug einen dunkelgrauen Anzug, ein so knackfrisches weißes Hemd, dass er fürchtete, der steife Kragen könnte ihm den Hals bis aufs Blut einschnüren, und natürlich die verfluchten schwarzen Schuhe. Das dunkle Haar hatte er nass zurückgekämmt. Er hatte sich rasiert, die Augenbrauen gezupft und Rasierwasser auf seine Haut geklatscht. Jetzt

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