Land der Schatten: Schicksalsrad (German Edition)

Wir wissen nur von den Dingern, bei denen er erwischt wurde. Dabei hat er sich dermaßen dämlich angestellt, dass man sich fragt, wie er überhaupt seinen Hintern von einem Erdloch unterscheiden kann. Wir haben beide im Edge gelebt, also weißt du ja, wie das läuft.«
    »Familie«, nickte Gaston. »Irgendwo im Edge wird ihn jemand kennen.«
    »Genau. Und dieser Jemand verfügt plötzlich über genug Geld, um Alex in diese Entzugsklinik einzuweisen. Die meisten Edger haben keine 40 000 unterm Kopfkissen versteckt.«
    Gaston pfiff. »Ein Haufen Geld.«
    »Ja, man muss sich fragen, wie die Familie an eine solche Summe kommt. Wenn ich Zeit hätte, würde ich im Edge, in der Gegend von Macon, wo er zum ersten Mal aufgetaucht ist, an ein paar Türen klopfen, aber den Luxus können wir uns leider nicht leisten. Allerdings wissen wir, wo er sich aufhält. Also schnappen wir ihn uns und fragen ihn, wie seine Crackpfeife im Weird neben die Leichenteile eines Agenten der Hand auf diesen Platz gelangen konnte.«
    Nichts davon ergab allzu viel Sinn, und alle schwiegen.
    Jack schüttelte sich. Klar wäre es weitaus cooler gewesen, vorne zu sitzen, wo er den Himmel, die Wolken und tief unter sich die Erde hätte sehen können. Die vom Rücken des Drachen aufsteigende Hitze und die Wolldecken, die Gaston ihnen gegeben hatte, hielten die Kanzel zwar warm, aber auch nicht gerade kuschelig. Er schüttelte sich abermals. Langeweile, Langeweile, Langeweile, Langeweile. Er hatte gepennt, das Buch ausgelesen, das in seinem Rucksack verstaut gewesen war – es handelte von den Aristokraten des Weird auf dem Alten Kontinent, wie sie gegen die Räuber der Vorzeit kämpften. Das Buch war okay, am Ende trennte der Held dem Schurken den Kopf ab, was ihm gut gefallen hatte.
    Bei den Zwischenstopps hatte Gaston sie hinausgeschmuggelt, damit sie sich die Beine vertreten konnten, aber der letzte war jetzt schon Stunden her.
    Jack streckte die Beine aus und stieß seinen Bruder an. George öffnete die Augen und zischte: » Hör auf !«
    » Hör du auf! «, fauchte Jack zurück.
    George hob einen Arm und tat, als würde er sich in der Achselhöhle kratzen.
    Jack versetzte ihm einen Tritt, George trat zurück, sein Kopf sank auf Jacks Oberschenkel. So ist das also? Schön. Jack stürzte sich auf ihn und packte Georges Arm. Der stieß ihm den Ellenbogen in den Unterleib, worauf Jack seinem Bruder die Faust in die Flanke rammte.
    »Hast du das gehört?«, fragte Kaldar.
    »Ich gehe mal nachsehen.«
    George knallte Jack die Faust aufs Ohr. In seinem Kopf explodierte der Schmerz. Aua. Jack verpasste ihm einen Rippenstoß.
    Da traf eine gewaltige Faust seinen Kopf. Einen Augenblick lang verschwamm alles, Jack ging zu Boden. Eine halbe Sekunde später lag George neben ihm und hielt sich den Hinterkopf. »Nichts. Da sind bloß ein paar Kisten verrutscht!«, rief Gaston.
    Jack deutete auf den vorderen Teil der Kabine und drosch die Faust in seine Hand. George nickte. Sobald sie hier herauskamen, war Gaston reif für eine Abreibung.
    »Wann landen wir?«, fragte Gaston vorne.
    »In ein, zwei Stunden. Wir sind fast da«, antwortete Kaldar.
    »Wie geht’s dann weiter?«
    »Ich habe vor, Mr Alex Callahan zu besuchen und ihm ein paar Fragen zu stellen.«
    »Rechnest du mit Antworten?«
    »Da werde ich ein wenig nachhelfen müssen«, meinte Kaldar. »Aber diese Art Nachhilfe ist zufällig mein Spezialgebiet.«
    »Dann muss ich wohl bei dem Flugdrachen bleiben?«
    Kaldar lachte. »Es sei denn, du willst ganz Red Grove mit deinen Sägezähnen in Panik versetzen.«
    »Sicher? Alex muss mich doch nur anschauen, und schon spuckt er seine ganze Geschichte aus. Wenn das nicht klappt, kann ich sehr überzeugend sein.«
    »Willst du ihm die Gräten brechen?«
    »Wenn’s sein muss.«
    »Könnte so kommen.«
    »Passt dir was nicht, Onkel?«, wollte Gaston wissen.
    »Dieser Typ, Alex Callahan, ist ein Junkie. Mit einem Riesenvorstrafenregister, und in den vergangenen sechs Jahren ging es jedes Mal um Drogendelikte.«
    »Aha.«
    »Die Pyramide von Ptah ist selbst für einen Spitzeneinbrecher eine harte Nuss, aber diese Typen sind da rein und raus, als wär’s gar nichts, und haben in Rekordzeit vierzehn Schlösser geknackt. Ich hätte dafür Tage benötigt.«
    »Denkst du an Magie?«, fragte Gaston.
    »Schon möglich. Aber das heißt, dass sich Alex, wenn er der Einbrecher ist, niemals auf den Job eingelassen hätte.«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Wann immer er einen Kick