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Land der Schatten: Schicksalsrad (German Edition)

Land der Schatten: Schicksalsrad (German Edition)

Titel: Land der Schatten: Schicksalsrad (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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machen.
    »Weil man sich andere Sachen nicht leisten kann«, erklärte George. »Rose hat früher auch in Secondhandläden gekauft.«
    »Ich habe nie Klamotten gekriegt, die vorher schon mal jemand anhatte«, sagte Jack. »Das wüsste ich aber.«
    »Nicht für uns, Dumpfbacke, für sich selbst. Das weißt du nicht mehr, weil du da erst sieben warst.«
    Jack fletschte die Zähne. »Ich erinnere mich noch sehr gut.«
    »Noch ein Wort, und für euch zwei geht’s zurück nach Adrianglia«, rief Kaldar. Sein Mund lächelte, seine Augen jedoch blickten todernst.
    Jack drehte sich um und hielt die Klappe.
    »Menschen kaufen in einem Secondhandladen, wenn sie nicht genug Geld haben oder ein Schnäppchen machen wollen. Und Männer mit zweifelhaftem Ruf, so wie wir, gehen aus drei Gründen dorthin: Erstens, weil die Klamotten sauber sind, aber getragen aussehen, deshalb kaufen wir dort ein. Sachen frisch von der Stange erregen bloß Misstrauen, was wir auf jeden Fall vermeiden müssen. Es geht darum, nicht aufzufallen. Ganz normal zu sein. Zweitens, weil es in normalen Geschäften Überwachungskameras gibt, die einen aufnehmen, sodass man leicht aufgespürt werden kann. Aus genau dem Grund halten wir uns von allen Läden mit Kameras im Fenster fern. Wo es Fernseher, Elektrogeräte, Tante-Emma-Läden, ATM …«
    »Was ist das?«, fragte Jack.
    »Bankautomaten, wo man Geld ziehen kann.«
    »Und warum klaut keiner die Automaten?«, hakte Jack nach.
    »Weil sie sehr, sehr schwer sind.«
    Jack grinste. »Ausprobiert?«
    »Ja, und ich kann’s echt nicht empfehlen. Man braucht dazu einen Lastwagen mit einer Hebebühne und eine Sackkarre. Ein Mietwagen mit Rampe tut’s auch. Aber nur, wenn der Geldautomat nicht im Boden verankert ist. Egal, wir suchen einen Secondhandladen, wie den da zum Beispiel.« Kaldar zog nach links und parkte vor einem schlichten Betonbau. Auf dem Schild über der Tür stand: MISSION STORE .
    »Zieht die Köpfe ein, wenn wir da reingehen. Seht niemanden an, vermeidet Blickkontakt, schlurft ein bisschen. Das ist der dritte Grund dafür, hier einzukaufen: Wer hier arbeitet, ist entweder ein Gutmensch oder erholt sich von seinem früheren Leben. Ehemalige Drogen- oder Alkoholabhängige oder ehemalige Obdachlose. Menschen, die wissen, wie es ist, auf der falschen Seite der Armutsgrenze zu leben. Die werden nur einen vom Glück verlassenen Mann sehen, der auf der Suche nach Klamotten für seine beiden Sprösslinge ist. Die nehmen da nur Bargeld und schauen einen nicht allzu genau an. Wenn die Polizei sie fragt, werden sie sich nicht erinnern. Also, die Köpfe runter, macht einen bescheidenen Eindruck, erregt keine Aufmerksamkeit. Jack, reiß dich zusammen, lauf nicht einfach los wie ein Idiot, weil du eine Katze, eine Maus oder sonst was entdeckt hast. George, du versuchst dich daran zu erinnern, wie es sich anfühlt, arm zu sein. Ein blödes Grinsen, und ich gerbe euch das Fell. Das ist jetzt der Testfall für euch, Jungs.«
    Kaldar stieg aus. Dann Jack. Bescheiden, klar, das würde er hinkriegen.
    Eine halbe Stunde später waren sie wieder auf der Straße. Jack schnüffelte an den neuen Sachen. Sein verwaschener schwarzer Kapuzenpulli roch nach einer Sorte Waschpulver, die Jeanshose nach einer anderen. Wenigstens ließ Kaldar ihn seine Stiefel behalten. George saß in einem grauen Kapuzenpulli mit Brusttasche und zerschlissenen Jeans, die man hätte wegwerfen müssen, auf der Rückbank. Außerdem hatte er ein gebrauchtes Skateboard, ein Holzbrett auf vier Rädern, gekauft.
    George sah seinen Blick. »Was?«
    »Du siehst bescheuert aus«, antwortete Jack.
    »Und das von einem, der sich auszieht und im Wald herumrennt.«
    »Ich schäme mich weder für meine menschliche noch für meine Luchsgestalt. Ich trage Kleider, weil man mich dazu zwingt. Ich muss mich nicht jeden Morgen verkleiden, damit ich mich besser fühle.«
    »Stimmt. Du bist ein schlichtes Gemüt, richtig?«
    In der Welt der Menschen bedeutete »schlicht« in der Regel »dumm«. Jack grinste. »Warum kommst du nicht näher, damit ich dir erklären kann, wie schlicht mein Gemüt wirklich ist?«
    »So wahr mir Gott helfe, ich fahre auf der Stelle zurück«, sagte Kaldar. Er sah ganz entspannt aus, doch seine Augen funkelten bedrohlich. Nicht gut.
    »Du bist anders«, teilte Jack ihm mit.
    »Wie anders?«
    »Du bist viel lockerer drauf, wenn du Cerise besuchen kommst.«
    »Das liegt daran, dass ich, wenn ich sie besuche, immer ihr lustiger, netter

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