Land der Schatten: Schicksalsrad (German Edition)
jetzt ?«
»In den Bändern ist so viel Magie, dass ein Modifizierter mit ihrer Hilfe die Grenze überqueren kann«, antwortete Kaldar.
Plötzlich herrschte Stille im Raum. Audrey hielt den Atem an. Im Edge gab es zwei Grenzen: Eine führte ins Weird, die andere ins Broken. Diese Grenzen blockierten den Übergang von einer Welt in die andere. Wenn man über zu wenig Magie verfügte, konnte man ohne Hilfe nicht vom Broken ins Edge wechseln. Verfügte man über zu viel Magie, war der Übergang vom Weird ins Edge nur unter schlimmsten Qualen möglich. Und die Schwelle zwischen dem Edge und den anderen Welten war sogar noch höher. Selbst wer magisch in der Oberliga spielte, gelangte nicht bis ins Broken. Der Wechsel brachte ihn vorher um. Und wenn man sich zu lange außerhalb der eigenen Welt aufhielt, war einem der Rückweg bald für immer abgeschnitten. Edger, die ins Broken wechselten, büßten ihre Zauberkräfte nach einiger Zeit ganz ein. Manche konnten das Edge nicht mal mehr erkennen.
George räusperte sich. »Soll das heißen, dass einer, der über viel Magie verfügt, zum Beispiel ein Agent der Hand, damit ins Broken überwechseln kann?«
»Genau das heißt es«, nickte Kaldar.
Nachdenklich legte Audrey ihre Faust an den Mund. Kein Wunder also, dass die Hand hinter diesen Dingern her war. Wenn die Hand sie in genügend großer Zahl herstellte, konnte sie ihre Schläger damit ins Edge und ins Broken einschleusen. Die Grenze hatte die Edger bisher vor Ungemach bewahrt. Ihre Magie war schwächer als die der Menschen im Weird. Aber wenn jeder, der mit Magie umging, so einfach von einer Seite zur anderen wechseln konnte, war es damit vorbei. Vor ihrem geistigen Auge sah sie die Agenten der Hand über die Grenze traben, ihre abartigen Menschenleiber mit Stacheln, Greifarmen und vergifteten Nadeln bewehrt … Jesus Christus .
Sie setzte sich. Sie wusste nicht viel über die Hand oder den Spiegel und deren Politik, aber sie wusste sehr gut, dass sowohl das Herzogtum Louisiana als auch Adrianglia große, starke Mächte waren und dass das Edge sich dagegen winzig und wehrlos ausnahm.
»Wenn die Hand dieses …«, begann Kaldar.
Sie hob eine Hand. »Jetzt hören Sie mir mal zu. Das ist nicht mein Problem. Ich habe dieses Ding nicht gemacht. Ich wusste nicht, was ich da geklaut habe, und es ist mir scheißegal, was jetzt daraus wird. Falls Sie glauben, dass ich mir ein Bein ausreiße, mich deshalb mit der Hand anzulegen, haben Sie nicht mehr alle Latten am Zaun. Haben Sie eine Ahnung, wozu diese Typen fähig sind?«
Die Heiterkeit war aus Kaldars Miene verschwunden. Nun sah man nur noch grimmige Entschlossenheit darin. »Die Hand hat mir zwei Drittel meiner Familie genommen. Ich habe mit angesehen, wie Menschen, die ich liebte, abgeschlachtet wurden. Ich werde alles tun, was in meiner Macht steht, damit die Hand dafür bezahlt. Und wenn das bedeutet, dass ich dafür über Ihre Leiche gehen muss, dann ist das eben so.«
Das war kein Witz. In seinem Blick flackerte ein Anflug von Wahnsinn. Audrey spürte eine altvertraute Angst.
»Reden Sie nicht um den heißen Brei herum«, sagte sie.
»Tue ich nicht. Die Hand wird nach den Diffusoren suchen, bis sie sie gefunden hat. Ich werde sie zuerst finden, aber dazu benötige ich Ihre Hilfe. Und wenn Sie mir freiwillig helfen, haben wir alle mehr davon.«
»Und was, wenn nicht? Zwingen Sie mich dann?«
»Wenn’s sein muss.«
Sie wand sich innerlich vor Furcht, ließ sich aber nichts anmerken. »Dann gibt es also eigentlich keinen Unterschied zwischen dem Spiegel und der Hand, oder?«
Kaldar hielt ihrem Blick stand. »In Adrianglia lebt eine Frau namens Lady Nancy Virai. Sie ist nicht gerade ein Ausbund an Geduld, und manch einer findet ihre Vorgehensweise beängstigend. Wenn ich Ihren Hintern zu ihr schaffe, wird sie schon alles, was Sie wissen, aus Ihnen herausquetschen. Wenn Sie es ihr freiwillig verraten, kann es gut sein, dass Sie mit heiler Haut davonkommen. Wenn ich Sie aber an die Hand ausliefere, wird man Ihnen die Informationen dort ebenfalls entreißen. Und Sie anschließend nur so zum Spaß vergewaltigen und foltern. Wenn Sie Glück haben, bringt man Sie anschließend um. Wahrscheinlich aber wird man Ihnen so viele Schmerzen wie möglich zufügen, bis Sie am Ende tot auf der Strecke bleiben. Die meisten von denen sind nicht mal mehr menschlich. Sie genießen die Qualen anderer wie einen guten Wein. Laufen Sie weg, wenn Sie wollen – die Hand wird Sie
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