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Land der Schatten: Schicksalsrad (German Edition)

Land der Schatten: Schicksalsrad (German Edition)

Titel: Land der Schatten: Schicksalsrad (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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hieß das Spiel nur noch »Kann ich verhindern, dass meine bessere Hälfte von meinen Seitensprüngen erfährt«, und am Ende stand man mit pulverisiertem Herzen da. Sie hatte das bei ihrem Vater erlebt, bei Alex, als er noch clean gewesen war, und bei anderen Schwindlern. Jeder von ihnen log, dass sich die Balken bogen.
    Kaldar war zu begabt, zu schlau und viel zu stolz, um sich nicht auf solche Spiele einzulassen. Sie wusste ja nicht mal, wie er wirklich war. Er ließ sie nur sehen, was sie seiner Meinung nach sehen wollte. Und vermutlich ging er davon aus, dass sie sich damit zufriedengeben würde, schließlich hatte sie von Anfang an gewusst, wie der Hase lief. Das wussten alle Mädchen in dem Gewerbe. Wenn man einen Gangster heiratet, nimmt man irgendwann R-Gespräche aus dem Knast entgegen. Ehelicht man einen Glücksspieler, versteckt man besser seine Gehaltsschecks. Und wenn man einen Schwindler heiratet, muss man irgendwann sein gebrochenes Herz verarzten. Wie man sich bettet, so liegt man.
    Nee, vielen Dank . Egal, wie ihr Puls raste, wenn er mit ihrem Haar spielte, auf Herzbeschwerden dieser Art hatte sie keine Lust. Und irgendjemandes »bessere Hälfte« oder »Alte« wollte sie auch nicht sein. Falls ein Kerl glaubte, dass er nicht bei ihr landen konnte, durfte er sich gerne eine andere suchen. Sie brauchte einen Mann, der aufrichtig und verlässlich war – allerdings waren solche Typen stinklangweilig. Audrey lächelte in sich hinein. Für Langeweile und Verlässlichkeit war immer noch Zeit. Mit Kaldar zu flirten machte Spaß. Vielleicht würde sie ihm den kleinen Finger reichen, auf die ganze Hand jedoch konnte er lange warten. Es sei denn, sie würde ihn zuerst um den Finger wickeln. So viel stand fest.
    Endlich mal eine echte Herausforderung.
    Jack hockte auf dem Rücken des Flugdrachen und beobachtete den struppigen Wald ringsum. Neben ihm lag, zu einem Fellknäuel zusammengerollt, das Kätzchen, dem er im Broken das Leben gerettet hatte. Es war nicht mehr so mager, und Jack hatte ihm den größten Teil der grünen Farbe aus dem Fell gewaschen. Die kleine Katze miaute oder schnurrte noch immer nicht, folgte aber Jack im Lager überallhin wie ein Entenküken seiner Mutter. Jack hatte nichts dagegen einzuwenden.
    Aus gebührendem Abstand, von den Hüften des Drachen aus, beobachtete Ling die Gnadenlose die beiden aus wachen, misstrauischen Augen. Kaldar und Audrey waren fort, und ohne Audrey verwandelte sich der Waschbär in einen nervösen, lustlosen Trampel. Für gewöhnlich war ein Waschbär, der sich bei Tag blicken ließ, krank, verzweifelt oder tollwütig. Dieses Tier setzte sich sorglos der prallen Sonne aus. Verrückt.
    Unter ihnen übte George Fechten. Vorstoß, Rückzug, Vorstoß, Rückzug. Gaston war fast den ganzen Tag weg gewesen. Er hatte gesagt, er wollte die Einheimischen aushorchen. Jetzt war er wieder da und kritzelte etwas in ein Notizbuch.
    Die Sonne brannte auf den Drachenrücken. Jack streckte sich. Mhm, herrlich, diese Wärme. Drachen waren seltsame Geschöpfe. In den Schulbüchern wurden sie als außerordentlich klug beschrieben, klüger als Hunde oder Füchse, aber Jack fragte sich, wie man die Klugheit eines Flugdrachen feststellen sollte. Wenn sich ihr Drache nicht in der Luft befand, lag er reglos wie ein Stein am Boden. Bewegung kam nur morgens in ihn, wenn Gaston ihm eimerweise Futtermasse ins Maul kippte.
    Jack rührte sich. Das Kätzchen zuckte mit einem Ohr, öffnete ein gelbes Auge und sah ihn an. Jack hob einen Finger an die Lippen und machte »Psst, ruhig«, worauf das Kätzchen das Auge wieder schloss.
    Jack glitt hinab und schlich lautlos wie ein Schatten zum Kopf des Drachen. Klug, aha, das wollen wir doch mal sehen. Er passierte die blaue Schulter, den langen Hals, der so dick war wie ein uralter Baum, den leuchtend blauen, vorstehenden Kranz um das Kinn des Ungetüms.
    Da öffneten sich die schweren Lider. Jack erstarrte.
    Die tellergroßen gold- und bernsteinfarbenen Augen blickten ihn an. Die dunkle Pupille zog sich zusammen, konzentrierte sich auf ihn.
    Jack stand reglos.
    Dann fuhr das gewaltige Haupt herum, die schuppigen Lippen nur mehr einen Meter von Jack entfernt. Die goldenen Augen starrten ihn glühend an.
    Flach, kaum merklich holte Jack Luft.
    Nicht blinzeln. Jetzt bloß nicht blinzeln .
    Zwei Windstöße fauchten aus den Nüstern des Drachen. Jack machte einen Satz, hob vom Boden ab und erklomm hastig den nächsten Baum.
    Auf der Lichtung krümmte

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