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Land der Schatten: Schicksalsrad (German Edition)

Land der Schatten: Schicksalsrad (German Edition)

Titel: Land der Schatten: Schicksalsrad (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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Gebote befolgen und, falls er sich wirklich einen Platz im Himmel sichern wolle, seinen Reichtum an die Armen verteilen. Daher stammt das berühmte Zitat, nach dem eher ein Kamel durch ein Nadelöhr geht, als dass ein Reicher ins Himmelreich eingeht. Es gibt noch mehr Geschichten dieser Art. Markus, Lukas, Johannes haben alle im Grunde gesagt, dass man umso schwerer in den Himmel kommt, umso reicher man ist, weil Reiche weltlicher Versuchung erliegen und der Habgier verfallen.«
    »Die Liebe zum Geld ist die Wurzel allen Übels.« Offenbar hatte er die Bibel wirklich gelesen und sich diesen Spruch eingeprägt und als Warnung beherzigt.
    »Timotheus 6,10.« Audrey zuckte die Achseln.
    »So wie ich das sehe, führt Armut auch nicht gerade zu Liebe und Glück.«
    Sie winkte ab. »Es kommt vor allem darauf an, dass Christen reich im Geist sein sollen, nicht in materieller Hinsicht. Also, wenn man um sein Wohl besorgt und Christ ist, hat man eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Entweder man gibt, um in den Himmel zu kommen, sein ganzes Geld weg oder man tut einfach so, als würde irgendwie alles gut, und hofft, wenigstens nicht zur Hölle zu fahren. Wohlstandsprediger nutzen diese Angst aus. Sie behaupten, es sei Gottes Wille, dass alle Menschen reich und glücklich sind und dass es gut ist, Geld im Übermaß zu besitzen und in Saus und Braus zu leben.«
    »Nicht schlecht«, meinte Kaldar. »Niemand will in die Kirche gehen und sich jeden Sonntag verdammen lassen, also ist die Gemeinde entweder schon reich oder …«
    »… hofft, reich zu werden«, beendete Audrey den Satz.
    »Gute Werke sind dann nicht mehr nötig – außer großzügigen Spenden an die Kirche natürlich.«
    »Natürlich.« Audrey rümpfte die Nase. »Die Kirche benötigt Geld.«
    Allerdings. »Persönliche Schuld und Vermögenswerte zu einem hübschen Paket verschnürt.«
    »Vom Feinsten, wie Trüffelpralinen.« Audrey leckte sich die Lippen, während er seine Gedanken aus dem Sündenpfuhl losriss und sich wieder auf ihr Ziel konzentrierte. »Außen die harte Schale moralischer Wohlanständigkeit, innen wunderbar sahnige, dekadente Bankkonten.«
    Kaldar klopfte aufs Lenkrad. »Unterzeichnen Sie den Scheck und schicken Sie ihn an unsere Geschäftsadresse.«
    »Noch besser, wir nehmen Ihnen die Last gerne ab und buchen die Summe ab, wenn Sie uns Ihre Kontonummer geben.«
    »Leicht verdiente Kohle.«
    »Ja, eine Kirche voller Lutscher.«
    Sie sahen einander an und grinsten.
    »Was meinen Sie, wie lange würden wir brauchen, um diese Stadt abzuzocken, wenn wir uns zusammentäten?«, fragte Audrey.
    »Wir wären in sechs Monaten Millionäre. Wenn Sie Ihre Südstaatennummer abziehen, geht’s wahrscheinlich noch schneller.«
    Sie betrachteten die Kirche und die Kinder davor. »Dann bezahlt der Spiegel Sie gut?«, wollte Audrey wissen.
    »Nicht so gut, dass ich mir davon ein Haus kaufen könnte«, antwortete er.
    Sie sahen sich weiter die Kirche an. »Zu den Guten zu gehören ist manchmal ganz schön scheiße«, meinte Audrey.
    »Würden Sie so was wirklich fertigbringen?«, fragte er.
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Kirchen sollten ein Ort des Trostes sein. Manche Menschen wissen nicht, wohin Sie sich sonst wenden sollen, wenn ihnen etwas Schlimmes widerfährt. Man muss schon ein besonderer Drecksack sein, um das auszunutzen.«
    Das hörte sich irgendwie nach einer persönlichen Erfahrung an, aber er wusste, dass sie ihm, wenn er jetzt nachhakte, sofort sämtliche Türen vor der Nase zuschlagen würde.
    »Drecksäcke gibt’s genug.« Kaldar ließ den Wagen an. In seinem Kopf hatte sich ein Plan herausgebildet.
    »Ja, daran scheint irgendwie nie Mangel zu herrschen.«
    »Wenn wir wissen wollen, wie Yonker sein Affentheater aufzieht, müssen wir jemanden einschleusen.«
    »Dann haben Sie eine Rund-um-die-Uhr-Täuschung im Sinn und wollen die Jungs in der Nachtschicht einsetzen, wie?«
    Unheimlich, wie sie seinen Gedankengang aufgriff.
    Die Jungs waren genau im richtigen Alter, um sich unauffällig unter die Ausreißer zu mischen.
    »Die kriegen das hin.«
    »Und wenn nicht?«
    »Diese Jungs haben schon mehr durchgemacht als die meisten Erwachsenen. Ich habe in ihrem Alter schon Dinger gedreht. Sie doch bestimmt auch, oder?«
    »Wir beide hatten keine andere Wahl.«
    »Ich befehle ihnen nichts, ich bitte sie lediglich darum.«
    »Klar, und welcher 14-Jährige würde zu so einem Abenteuer Nein sagen?«
    Er wusste genau, warum sie sich Sorgen machte. Audrey

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