Land der Sehnsucht (German Edition)
„Ich sage es dir gleich … Sobald wir den Baumbestand hinter uns lassen, wäre es nicht sehr weise, wenn ich weiterfahre.“
Er wusste genau, was sie meinte. Dieser Teil des Weges war auf beiden Seiten von hohen Kiefern und Espen gesäumt, die nur von einer gelegentlichen Wiese unterbrochen wurden. Die Zweige stießen hoch über dem Weg zusammen und bildeten einen natürlichen Baldachin, für den sie dankbar wären, falls es regnen sollte. Der Blick auf die Schlucht, der Teil dieser Fahrten, den Jack am meisten liebte, war noch verborgen.
Die Nachmittagssonne verschwand hinter einigen Wolken und warf einen langen Schatten auf den Weg. Sie waren schon fast zwei Kilometer weit gekommen, als ein Kribbeln in Jacks Nacken einsetzte. Die Luft schien dünner zu werden und er atmete einige Male tief ein, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen.
Er setzte sich ein wenig aufrechter hin und betrachtete beide Seiten der Straße. Er suchte die Schatten ab, die hinter den Bäumen lauerten und sich zwischen den Felsen dahinschlichen. Aber er konnte keine Bewegung ausmachen.
Nichts.
Vielleicht war es nur seine Einbildung, die sein Herz rasen ließ, oder vielleicht war es die Last der Verantwortung, die er für die Frau empfand, die neben ihm saß. Véronique schien überhaupt nichts Ungewöhnliches zu merken, aber er konnte dieses ungute Gefühl nicht von sich abschütteln.
Er beugte sich vor, rollte seine Schultern und streckte sich. Als er sich wieder zurücksetzte, hob er unauffällig sein Gewehr vom Wagenboden auf, da er sie nicht beunruhigen wollte.
„Du bist müde, nicht wahr?“
„Nein, eigentlich nicht.“ Er zog das Gewehr neben sein linkes Bein und war ziemlich sicher, dass sie es nicht bemerkt hatte. Er blinzelte, da er nicht sicher war, ob er nicht mehr klar sehen konnte, oder ob die Schatten auf dem Weg ihm etwas vorgaukelten. Er fragte sich, ob es wohl das Tunnelartige dieses Weges war, das ihn störte, aber er fühlte sich andererseits nicht so wie in der Höhle.
Er entdeckte die Abzweigung vor sich, die rechts bergauf führte. „Soll ich hier wieder übernehmen?“
Sie brachte den Wagen zum Stehen. „Ich war gut, nicht wahr?“
„Du warst sehr gut.“ Er bemühte sich um eine ruhige Stimme, aber in den kurzen Sekunden, die folgten, lauschte er in die Stille hinein und hörte nur den Wind in den Bäumen und das Schreien eines Falken, den er nicht sehen konnte.
„Lilly hat mir Fahrstunden gegeben. Ich kann bis jetzt nur geradeaus fahren, aber sie und ich haben in ein paar Tagen unsere nächste Unterrichtsstunde geplant.“
„Das ist wirklich gut. Es ist sehr nett, wenn du mir eine Pause gönnst.“ Er lächelte und musste wohl trotz seiner inneren Unruhe sehr überzeugend wirken, denn Véronique lächelte unbeschwert zurück. Er nahm die Zügel, lenkte den Wagen die Abzweigung hinauf und sah von Zeit zu Zeit hinter sich. Es war ein gutes Gefühl, die Zügel wieder in der Hand zu haben. Während der Wagen den Anstieg hinauffuhr, beruhigten sich auch seine Nerven wieder.
Es war ein steilerer Anstieg, als er nach den Angaben auf der Landkarte vermutet hatte, und Jack nahm sich vor, das später auf der Karte zu vermerken. Er schaute nach vorne und konnte wieder leichter durchatmen, als auf seiner Seite der Straße die Schlucht unter ihm erschien. Es ging erst ungefähr drei Meter hinab zu einer Böschung, und dann schien die Wand steil bis zum Tal abzufallen. „Du kannst näherrutschen, wenn du willst.“
Sie kam näher, ohne zu zögern, und schob die Hand unter seinen Arm.
Nachdem sie ein Stück weitergefahren waren, schrieb er seine unguten Gefühle vor einigen Minuten seinen angespannten Nerven zu. Das war alles.
„Du hast dich in diesem Baumtunnel gut gehalten, Jack.“
Er schaute sie an. „Du hast es gemerkt?“
Sie lächelte und drückte seinen Arm. „M-hm … zuerst nicht so sehr. Aber dann hat mir deine Haltung und die Art, wie du geatmet hast, verraten, dass etwas nicht stimmte.“
Diese Frau war aufmerksamer, als er ihr zugetraut hatte.
Als sie die erste Kurve auf der in Serpentinen verlaufenden Straße umrundeten, sah Jack den umgestürzten Baum nur eine Sekunde bevor Charlemagne und Napoleon ihn bemerkten. Die Pferde stiegen, der Wagen machte einen plötzlichen Satz nach vorne und rutschte dann zurück, bis die Pferde wieder Boden unter den Füßen hatten.
„Halt!“ Jack zog die Zügel an und suchte den Hang über der Straße ab. Sol Leevy kam ihm sofort in den Sinn, aber
Weitere Kostenlose Bücher