Land der Sehnsucht (German Edition)
waren seine Stiefel für dieses Gelände besser geeignet als ihre.
Als sie ihn vor sich entdeckte, ging sie zu ihm, kniete neben ihm nieder, hob einen großen Stein auf und folgte ihm dann zum Wagen. Sie konnte nur einen Stein von einem Drittel der Größe, die er trug, schleppen, hatte aber die Absicht, das mit einer größeren Menge wettzumachen.
„Leg ihn hierhin.“ Er deutete zum Rad. „Hinter das Rad neben diesen größeren Stein. Der Regen wird die Erde so schnell auswaschen, dass wir die Räder gut und fest abstützen müssen.“
Sie tat genau, was er sagte, aber als sie genug Steine für die vorderen zwei Räder angeschleppt hatten, war sie schon vollkommen erschöpft.
Jack hingegen zeigte nicht die geringste Spur von Müdigkeit.
Véronique bewegte ihre Finger. Ihre Handflächen brannten.
Sie knieten neben dem Wagen und hatten gerade angefangen, das vierte Rad abzustützen, als ein tiefes Grollen über ihnen ertönte. Es nahm an Lautstärke zu und krachte über den Bergen. Véronique hielt sich die Ohren zu, während Jack den Arm um ihre Schultern legte. Aus dem Augenwinkel sah sie einen gezackten Lichtstrahl aus den Wolken nach unten schießen. Eine Explosion ertönte in der Nähe, gefolgt von einem Feuer, das der Regen schnell löschte.
„Was war das?“, rief sie entsetzt.
Er beugte sich näher zu ihr herüber. „Gibt es in Frankreich keine Blitze?“
„Doch, natürlich. Aber nicht solche.“
Er deutete zum Himmel hinauf. „Das liegt daran, dass wir so hoch oben sind.“ Er betrachtete das Wagenrad, dann das Gewitter. „Das muss vorerst genügen. Ich hole uns etwas zu essen und dann suchen wir uns einen geschützten Platz.“
Da sie Hunger hatte, nickte sie und war dankbar, dass sie mit dem Abstützen der Räder fertig waren.
Als Jack das Essen und die Säge geholt und die Plane über dem Wagen wieder gesichert hatte, war der letzte Rest Tageslicht hinter den hohen Gipfeln verschwunden und die Dunkelheit begann sich über sie zu legen. Trotz ihres Mantels zitterte Véronique, da der Regen irgendwie einen Weg unter den Mantel gefunden hatte. Ihre Bluse war nass und auch ihr Unterhemd.
Jack reichte ihr eine Essenstüte und breitete die Decke wieder über ihren Kopf und ihre Schultern. Der Regen tropfte von seiner breiten Hutkrempe.
Sie hob die Hand und tippte mit dem Finger daran. „Er hält dich trocken, wenn es regnet?“
„So ist es. Wenigstens meinen Kopf.“ Er legte die Decke enger um ihren Hals. „Bleib hier … bitte. Ich kümmere mich um die Pferde und komme gleich zurück. Wenn du es wieder donnern hörst, geh zur Felswand und drücke dich nahe an die Erde.“
Er war keine sechs Schritte weit gegangen, als die Dunkelheit und der Regen ihn auch schon verschlungen hatten.
Véronique starrte auf die Stelle, an der er aus ihrer Sicht verschwunden war, und dankte Gott wieder einmal für diesen Mann und dafür, dass er ihr bei ihrer Suche nach ihrem Vater half. Wenn ihr jemand vor einem Jahr gesagt hätte, wo sie heute sein und was sie heute tun würde, dann hätte sie denjenigen für verrückt erklärt. Aber im Rückblick konnte sie jetzt schon, noch etwas undeutlich zwar, einen Weg erkennen, den offenbar jemand anderes für sie gebahnt hatte. Obwohl sie es damals nicht gesehen hatte, hatte Gott sie auf diesen Weg vorbereitet.
Etwas knackte im Gebüsch auf dem Hang über ihr.
Sie blickte nach oben. Aufgrund des Regens konnte sie nur den Felsüberhang und die Wurzeln, die zwischen den Steinen herausragten, erkennen.
Einige Sekunden später hörte sie es wieder. Dieses Mal kam es von weiter unten. Vielleicht hatte Jack einen Weg nach oben und einen Schutz für die Nacht gefunden. Erleichtert sah sie ihm entgegen. Sie kniff die Augen zusammen, als er näher kam.
Aber der Mann war nicht Jack.
Und er hatte ein Gewehr in der Hand.
Kapitel 34
Jack hörte Véronique seinen Namen schreien.
Sofort ließ er das Pferdegeschirr fallen und packte sein Gewehr. Panik ergriff ihn. Der Wind peitschte den Regen nun fast horizontal gegen die Berge, und das Wasser lief in Bächen bergab. Zweimal verlor er fast den Halt.
Dann sah er sie. Sie stand mit dem Rücken an der Felswand. Er machte die verschwommenen Umrisse eines Mannes aus, der nur zwei Meter von ihr entfernt stand.
Er hob sein Gewehr und zielte auf ihn. „Kommen Sie nicht näher!“
Der Mann erstarrte und ließ das Gewehr an seiner Seite sinken. Er hob seine andere Hand und signalisierte damit, dass er sich ergab. „Ich
Weitere Kostenlose Bücher