Land der Sehnsucht (German Edition)
Gefühlen für ihn. Zu erfahren, was er durchgemacht hatte, zu wissen, was er verloren hatte, und zu sehen, was für ein Mann er jetzt war, das erhöhte ihre Achtung vor ihm nur noch mehr.
Sie bogen um die Ecke und Véronique blieb abrupt stehen.
Ihre Kinnlade fiel nach unten. Als sie vorgefahren waren, hatte sie ein leises Lachen und fröhliche Stimmen gehört und vermutet, dass Miss Maudie Gäste hatte. Das verrieten ihr schon die vielen Wagen. Aber so etwas hätte sie nie erwartet! Casaroja war völlig verwandelt!
Glitzernde, ausgeschnittene Sterne aus rotem, weißem und blauem Papier hingen von den Bäumen. Girlanden in ähnlichen Farben schmückten alles, was man sich nur denken konnte: von Pfosten über Zäune bis zu Wäscheleinen. Königsblaue Tischdecken lagen auf langen Holztischen, und in gewissen Abständen standen Kerzen auf den Tischen, die nur darauf warteten, angezündet zu werden. Und überall standen fröhlich plaudernd Leute herum!
Anscheinend waren fast alle Bewohner von Willow Springs hier. Das weckte in Véronique den Wunsch, auf dem Absatz kehrt zu machen und wegzulaufen, besonders als sie daran dachte, die Carlsons zu treffen und ihnen erklären zu müssen, was passiert war. Im Vergleich dazu kam es ihr wie ein Kinderspiel vor, Madame Hochstetler um Verzeihung bitten zu müssen.
Véronique betete bereits, dass die Carlsons ihr vergeben könnten und dass Gott einen anderen Weg bereiten würde, um Lilly zu heilen.
Jack griff unauffällig nach ihrer Hand. „Es ist okay, Vernie. Die Leute hier sind gute Leute. Sie verstehen, wie es ist, wenn man hin und wieder eine schwere Zeit durchmacht. Wenn du möchtest, bin ich bei dir, wenn du es den Carlsons sagst.“
„Merci beaucoup, Jack. Dafür wäre ich dir sehr dankbar.“ Sie atmete tief ein und deutete auf die festlichen Vorbereitungen. „Was hat das alles zu bedeuten?“
„Es ist eine Feier anlässlich der Unabhängigkeit unseres Landes. Das feiern wir an jedem …“
„Vierten Juli. Ja, ich weiß. Ich habe in einem Buch aus der Bibliothek von dieser Feier gelesen.“ Es war ihr durch die schmerzlichen Ereignisse der letzten Tage einfach entfallen. Ein leckerer Duft stieg ihr in die Nase. War das Apfelkuchen? „Er hat sehr viel Ähnlichkeit mit unserem Tag der Bastille.“
Er schaute sie fragend an.
„Das ist der Tag, an dem mein Land das Ende der Tyrannei in Frankreich feiert. Ganz ähnlich wie ihr eure Freiheit von Großbritannien feiert.“ Ihr fiel etwas ein. „Erinnerst du dich an das, was ich dir über Ludwig den sechzehnten erzählt habe?“
Jack verzog neckend den Mundwinkel. „Das war der mit dem netten Haus, nicht wahr?“
Sie ignorierte seine Bemerkung, konnte sich ein Lächeln aber nicht ganz verkneifen. „Die Menschen stürmten die Bastille – das ist ein Gefängnis in Paris –, und dieser Tag war der Anfang vom Ende für König Ludwig und auch für seine Frau.“ Sie ließ seine Hand los und fuhr sich vielsagend mit einem Finger rund um den Hals. „Wir haben in dieser Hinsicht also eine ähnliche Geschichte, nicht wahr? Wir haben um unsere Freiheit gekämpft.“
„Oui, Mademoiselle.“ Er verbeugte sich. „Und im Namen meines Landes möchte ich mich bei Ihnen für Ihre Hilfe in unserem Kampf gegen König Georg bedanken.“
Sie machte einen Knicks. „Gern geschehen, Monsieur.“ Ihre Stimme wurde weicher. „Mein Land ist dankbar für das Bündnis, das wir mit Ihrem Land geschlossen haben. Wir schätzen es sogar sehr!“
Sein Lächeln verriet ihr, dass er ihre unterschwellige Andeutung verstanden hatte.
Er legte ihre Hand auf seinen Arm. „Da wir gerade von Bündnissen sprechen, würde ich gern erkunden, inwieweit wir unser Bündnis vertiefen könnten, Mademoiselle Girard. Falls Sie dafür offen wären.“
Etwas regte sich in ihr. Oh, dieser Mann … „Ich würde solche Bündnisverhandlungen begrüßen, Monsieur Brennan.“
Er schaute sie stumm an, dann legte er seine Hand über ihre Hand auf seinem Arm und zog sie zu den anderen Gästen.
Die erste Person, die Véronique erblickte, war Madame Dunston. Ihre Blicke begegneten sich. Sie wurde nervös, da sie nicht wusste, wie die Besitzerin des Kleidergeschäfts reagieren würde, wenn sie sie wiedersähe. Madame Dunston war großzügig gewesen, als Véronique wegen des nicht gedeckten Schecks zu ihr gekommen war, aber vielleicht hatte sie es sich inzwischen anders überlegt.
Madame Dunston bahnte sich einen Weg durch die anderen Gäste.
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