Land der Sehnsucht (German Edition)
atmete stockend aus und spürte, dass sie fiel. Aber in die falsche Richtung.
„Mademoiselle Girard!“
Arme legten sich schnell um ihre Taille und zogen sie nach hinten.
„Mademoiselle Girard!“
Ein harter Stoß auf ihr Hinterteil half, den Nebel aus ihrem Kopf zu vertreiben. Sie atmete abgehackt und keuchend ein und vertrieb damit das Schwindelgefühl ein wenig. Véronique blinzelte mehrere Male und begriff, dass sie jetzt der Länge nach auf dem Boden lag und jemand neben ihr war.
„Geht es Ihnen gut, Madam?“
Die Panik in Lillys Stimme setzte eine Flut an Gefühlen frei. Véroniques Kehle war wie zugeschnürt. Sie massierte ihre pochenden Schläfen und war gerührt von der Besorgnis des Mädchens, aber sie errötete auch vor Beschämung. „Oui, mir geht es gut. Aber ich bin sehr dankbar, dass du genau im richtigen Augenblick gekommen bist.“
Lilly nahm den Arm von ihrer Taille und legte eilig ihren Rock wieder über ihre Beine. Véronique hatte aber trotzdem gesehen, dass die Schiene über den Unterschenkel und Oberschenkel des Mädchens reichte.
Lilly zögerte. Dann deutete sie zum Fenster. „Wenn ich mir die Frage erlauben darf, Mademoiselle Girard … was hatten Sie vor?“
„Ich glaube, ich wollte einfach aus dem Fenster schauen.“ Véronique zuckte mit den Achseln. Der Hergang der Ereignisse war immer noch etwas verschwommen für sie. Langsam erinnerte sie sich an das Lachen des Mannes. „Du hattest recht, Lilly. Dieses Zimmer hat wirklich einen herrlichen Ausblick. Es“ – sie bemühte sich, Lillys Formulierung richtig zu treffen – „sieht ganz passabel aus.“
Lillys Blick wanderte von ihr zum Fenster und dann wieder zu ihr zurück. „Ich sage es wirklich nicht gern, aber Sie haben mich zu Tode erschreckt, Madam. Ich habe geklopft, Sie haben nicht geantwortet, und als ich dann trotzdem eintrat, hingen Sie aus dem Fenster.“
Véronique dachte daran, wie sie beide hier auf dem Fußboden aussehen mussten, und konnte sich ein Kichern kaum verkneifen. Was musste dieses Mädchen von ihr denken?
Langsam zog ein Lächeln über Lillys Gesicht und vertrieb nach und nach ihren Schock. „Ich nehme an, dass Sie mit Höhen Probleme haben, Madam. Warum haben Sie mir das nicht gesagt? Dann hätte ich Ihnen ein Zimmer im Erdgeschoss gegeben.“
„Non, non. Ich will nicht umziehen. Mir gefällt dieses Zimmer sehr gut.“ Sie setzte eine gleichgültige Miene auf, die sie vor Jahren eingeübt hatte, um sich vor Christophes unermüdlichen Sprüchen zu schützen, und zuckte wieder mit den Achseln. „Höhen machen mir nichts aus … solange ich nicht nach unten schaue.“
* * *
Auf dem Gehweg, der vor einer Stunde fast leer gewesen war, als sie das Restaurant zum Frühstück betreten hatten, drängten sich jetzt jede Menge Leute, die ihre morgendlichen Einkäufe erledigten. „Monsieur Colby, ich kann Ihnen nicht genug für alles danken, was Sie für mich getan haben. Sie waren sehr freundlich und aufmerksam.“ Véronique öffnete ihre Handtasche, um einige Scheine herauszuholen, und hoffte, er würde sich nicht dagegen wehren.
Sie hatten sich im Hotel zum Frühstück getroffen. Die Pfannkuchen, die dünn und am Rand knusprig gebacken waren und mit Marmelade serviert wurden, die man darauf streichen konnte, erinnerten sie an die Crêpes zu Hause, und die Wurst war würzig und köstlich gewesen. Sie hatte in der Nacht auch gut geschlafen, dank Lilly, die ihr ein warmes Bad eingelassen hatte, dem ein spätes Abendessen gefolgt war, das sie nach dem Baden zusammen mit Monsieur Colby zu sich genommen hatte. Sie hatte halb erwartet, dass sein Freund ihnen Gesellschaft leisten würde, aber sie hatte den Mann nicht mehr gesehen, seit Lilly ihr am Fenster zu Hilfe gekommen war.
Sie hielt ihm das Geld hin. „S’il vous plaît, Monsieur Colby. Ich möchte Ihnen das als Zeichen meiner Dankbarkeit für Ihre Dienste geben. Sie haben sich sehr gut um mich gekümmert.“
„Nein, Madam. Ich nehme das Geld nicht.“ Er trat einen Schritt zurück. „Dieser Franzose, Descantes – bei seiner Aussprache musste Véronique lächeln – hat mir schon genau die Summe gezahlt, auf die wir uns von Anfang an geeinigt hatten, und ich nehme keinen Cent mehr. Das wäre nicht richtig. Außerdem würde ich das, was ich für Sie getan habe, nicht wirklich als Arbeit bezeichnen. Es war eher wie ein Urlaub, da der Zug jetzt direkt nach Denver fährt und die Postkutsche den restlichen Weg übernimmt. Ich habe eigentlich
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