Land der Sehnsucht (German Edition)
nicht als Führer gearbeitet. Wenigstens nicht so, wie ich es gewohnt bin. So wie ich es sehe“, fügte er mit einem Augenzwinkern hinzu, „bestand meine Hauptarbeit darin, dafür zu sorgen, dass die Männer Sie in Ruhe ließen. Und ich muss sagen, damit hatte ich wirklich alle Hände voll zu tun.“
Da Véronique merkte, dass sie ihn nicht umstimmen könnte, gab sie nach und steckte die Geldscheine wieder in ihre Handtasche. Es war anfangs seltsam gewesen, mit einem fremden Mann in einem fremden Land unterwegs zu sein. Aber sie hatte sich an Bertram Colbys sanfte Art und seine Aufmerksamkeit gewöhnt und daran, dass er immer wusste, was zu tun war, und was der nächste Schritt war. Sie würde ihn vermissen.
Als sie in New York City erfahren hatte, dass er sie nur bis Willow Springs begleiten würde, war sie enttäuscht gewesen. Aus dem kurzen Eindruck, den sie sich von dieser Kleinstadt gemacht hatte, schloss sie, dass es eine schwierigere Aufgabe wäre, als sie sich vorgestellt hatte, einen Fahrer mit einer geeigneten Kutsche zu finden.
Er tippte an seinen Hut. „Die letzten Wochen waren mir ein Vergnügen, Madam, und ich hoffe, Ihr Aufenthalt hier gefällt Ihnen. Vergessen Sie nicht, die heißen Quellen zu genießen, wenn Sie Gelegenheit dazu haben. Sie sind recht nett und haben heilende Wirkung, sagt man. Ich habe gehört, dass in einer Stadt nicht allzu weit von hier bald ein vornehmes Hotel eröffnet wird, damit die Leute dorthin kommen, sich ausruhen und eine Weile die Quellen genießen können.“
Als sie die Begeisterung in seinen Augen sah, regte sich Véroniques Gewissen. Sie hatte Monsieur Colby nicht angelogen, aber sie war auch nicht vollkommen offen zu ihm gewesen, was den Grund ihres Aufenthaltes in diesem Land anging. Er glaubte, sie befände sich auf einer Vergnügungsreise, und sie hatte seine falsche Vermutung nicht korrigiert.
„Merci beaucoup. Die heißen Quellen. Ich werde versuchen, während meines Aufenthalts diese Attraktion zu sehen.“
Zweimal war sie versucht gewesen, ihm ihren wahren Grund zu sagen, und zweimal hatte sie es unterlassen. Sie hatte sich ihm nicht anvertraut, und offenbar hatte das auch keiner ihrer beiden Gönner getan. Sie hatte Monsieur Descantes in New York City mit Monsieur Colby sprechen hören und war auch über den Brief, den Monsieur Marchand ihm geschrieben hatte, unterrichtet worden. Der Brief erklärte nur, dass jemand, der Monsieur Marchand persönlich sehr wichtig sei, sicher in die Stadt Willow Springs begleitet werden müsse und dass Monsieur Colby sich während der Reise um alles kümmern solle, was sie brauchte. Die Summe, die Monsieur Marchand Colby zahlte, war in dem Schreiben aufgeführt. Ihr früherer Arbeitgeber hatte ihn für seine Dienste gut entlohnt und ihm die gleiche Großzügigkeit erwiesen wie ihr.
„Ich weiß nicht, wie es in Frankreich ist, Madam. Aber das Land hier draußen ist auch recht hübsch. Ich denke, es wird Ihnen gefallen. Die Leute in dieser Stadt sind gut und ehrlich. Die meisten wenigstens. Sie merken sich, was ich Ihnen gesagt habe, ja?“ Seine Miene verriet seine Besorgnis. „Besonders über einige Männer.“
Sie lächelte. „Oui, ich werde es mir merken.“ Obwohl sie wusste, dass es ihr unmöglich wäre, sich alles zu merken, was der gute Mann ihr in den letzten Wochen in seiner redseligen Art erzählt hatte.
Er hatte sie während ihrer gemeinsamen Reise oft vor „Schurken“ gewarnt, aber er wusste offensichtlich nicht, wie französische Männer waren. Sie konnte sich kaum vorstellen, dass die Männer hier noch kühner waren, was ihre Avancen gegenüber Frauen anging. Als Christophes beste Freundin aufzuwachsen, hatte ihr Einblicke ermöglicht, die ihr sonst vielleicht verborgen geblieben wären.
Er war der Erste gewesen, der ihr die Augen dafür geöffnet hatte, was das Denken von Männern grundlegend bestimmte, und der ihr gezeigt hatte, wie stark es sich von dem Denken einer Frau unterschied. Durch Christophes detaillierte Beschreibung hatte sie gelernt, dass die zwei Geschlechter völlig verschieden an Situationen und Beziehungen herangingen. Dieses Wissen hatte sich bei mehr als einer Gelegenheit als hilfreich erwiesen.
„Eine erwachsene Frau, die hier draußen allein unterwegs ist, hat es schon schwer, Miss Girard. Aber wenn man so jung ist wie Sie … nun ja, Miss, dann ist das eine ganz andere Sache. Sie sollten gut auf der Hut sein.“
„Das werde ich. Danke“, antwortete sie und wusste,
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