Land der Sehnsucht (German Edition)
Girard.“
„Das Kleidergeschäft war noch nicht offen, aber als ich an die Tür klopfte … mehrmals – sie hob eine Hand, als wolle sie ihm signalisieren, dass sie erst Luft holen müsse –, gewährte die Ladenbesitzerin mir Einlass und war sehr hilfsbereit, als ich ihr das Ziel unserer Fahrten erklärte.“ Sie steckte ihre Haare alle wieder an ihren Platz, bis auf eine oder zwei Locken, die um ihre Schläfen fielen.
„Ich muss sagen, dass Sie es sehr gut gemacht haben, Madam“, bemerkte Sampson und bedachte Jack über ihren Kopf hinweg mit einem übertriebenen Augenzwinkern. „Mr Brennan braucht sich jetzt nicht mehr die geringsten Sorgen zu machen.“
Ohne ihn zu beachten, hielt Jack ihr seine Hand hin. „Wenn Sie soweit sind, Mademoiselle, sollten wir jetzt aufbrechen.“ Er half ihr auf den Kutschbock und stieg dann neben ihr auf. „Haben Sie daran gedacht, eine Jacke mitzunehmen? Da oben wird es kalt.“
„Oui, meine Jacke ist in meiner Tasche.“ Sie setzte sich aufrecht hin und strich dann mit einer Hand über ihr Mieder und ihren Rock. „Madame Dunston, die Ladenbesitzerin, hat mich eingeladen, in den nächsten Tagen wiederzukommen. Sie sagte, sie würde das Mieder und den Rock so ändern, dass sie besser sitzen.“
Jack hielt es für besser, nicht weiter darüber nachzudenken, wie das überhaupt noch möglich wäre, und beschloss, nichts dazu zu sagen. Er ließ die Zügel schnalzen und fuhr los, Sampsons herzhaftes Lachen in seinem Rücken.
Kapitel 15
Véronique blickte zur Seite. Es ermutigte sie zu sehen, wie Jack Brennan den Wagen lenkte. Wie seine erfahrenen Hände die Zügel hielten, wie er den steinigen Weg bewältigte und fachmännisch das Gespann um mögliche Hindernisse herumlenkte. Selbst die Art, wie er mit den Pferden sprach – seine tiefe Stimme war beschwichtigend und ermutigend –, hatte eine beruhigende Wirkung auf sie.
Trotzdem hielt sie sich verkrampft an der Sitzbank fest und konzentrierte sich darauf, nicht auf den Steilabfall rechts neben sich zu schauen. Warum sie vorher nicht an diese Begleiterscheinung der Reise gedacht hatte, war ihr ein Rätsel.
Jack deutete die Straße hinauf. „Laut den Zeichnungen gibt es da vorne eine Stelle, an der die Straße ziemlich eng wird. Sie müssen dort vielleicht die Räder auf Ihrer Seite des Wagens im Blick behalten, um mich rechtzeitig zu warnen, damit wir nicht abrutschen.“
Bei diesem Gedanken erschauerte sie und ihr Magen wurde eiskalt, während ihr Körper siedend heiß wurde. Sie brachte ein kurzes Nicken zustande und war dankbar für die Kälte in der Luft.
„Ist Ihnen kalt, Madam? Brauchen Sie Ihre Jacke?“
Sie schüttelte den Kopf und zwang sich zu einer ruhigen Stimme. „Non, mir geht es gut, merci.“
Trotz dieses unvorhergesehenen Teils ihrer Fahrt war ihr eines in den drei Stunden, seit sie Willow Springs verlassen hatten, bewusst geworden: Wenn Gott in den sechs Tagen der Erschaffung der Welt an einem Ort seiner Schöpfung länger verweilt hätte, dann wäre es ganz bestimmt in diesen Bergen gewesen. Sie besaßen eine raue Schönheit, aber mit diesem Glanz war auch eine allgegenwärtige Erinnerung an ihre Macht gepaart. Und dieses Bewusstsein vertiefte sich noch mehr, je höher die Serpentinenstraße anstieg und je enger sie sich an den Berg schmiegte.
Véronique wagte einen weiteren Blick über die Wagenseite. Die Straße endete höchstens dreißig Zentimeter neben den Rädern, bevor sie steil zu einem Abgrund hinabfiel, in dessen Tiefe sie das Wasser eines Gebirgsbachs rauschen hörte. Ihr wurde schummrig vor den Augen.
Sie drückte sie fest zu und konzentrierte sich darauf zu atmen – ein und aus, ein und aus, langsam und tief – und wünschte dabei die ganze Zeit, Monsieur Sampson hätte diesen Wagen mit einem Dach und Fenster und Vorhängen gebaut.
„Geht es Ihnen gut, Madam?“
Jack Brennans Stimme riss sie aus ihren Gedanken. Sie schlug die Augen auf und stellte fest, dass er sie anstarrte. „Oui, mir geht es gut, merci …“ Sie schluckte und zwang sich zu einem Lächeln, dann folgte ihr Blick seinen Augen, die auf ihre Hand gerichtet waren, die die Sitzbank so verkrampft umklammerte, dass ihre Fingerknöchel weiß hervortraten.
„Ich kenne diesen Blick, Madam. Und ich würde diesen Zustand nicht als gut bezeichnen.“
Aus irgendeinem Grund wollte sie ihre Angst nicht zugeben. Sie kannte seine Angst bereits, aber das war etwas anderes. Ihre Angst erschien ihr so … dumm angesichts
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