Land der wilden Sehnsucht
gesucht. Wie sollte er sie da wieder fortlassen?
„Liebe mich“, wisperte sie und hob ihm die Arme entgegen. Damit nahm sie ihm die letzte Zurückhaltung. Ihre Stimme, ihr Gesichtsausdruck verrieten ihm, wie groß und echt ihr Verlangen war. Das ließ ihn vor Glück erschauern.
Ja, er würde sie lieben – endlos, immer wieder. Die ganze Nacht hindurch. Nichts konnte ihn jetzt mehr aufhalten.
11. KAPITEL
Am nächsten Tag erwachte Amanda schon in den frühen Morgenstunden. Sie empfand ein beklemmendes Gefühl der Angst, eine böse Vorahnung, dass etwas nicht stimmte. Sie warf einen Blick auf die kleine Nachttischuhr. Es war zehn Minuten vor drei.
Dinge aus der Vergangenheit fielen ihr ein. Schlimme Dinge, die sie getan hatte, ohne sich zu schämen. Ein dunkler Abgrund schien sich vor ihr aufzutun. Was sollte sie in Zukunft mit ihrem Leben anfangen? Sie würde für ihre Taten büßen müssen.
Mark war tot, aber er hatte sie lange vor seinem Ende verlassen. Anfangs hatte sie ihn geliebt. Dieses Gefühl wäre auch von Dauer gewesen, wenn seine wirkliche Liebe nicht Sienna gegolten hätte. Natürlich wusste sie, dass ihre Cousine ihn niemals in irgendeiner Weise ermutigt hatte. Sie war sogar bestrebt gewesen, nie mit ihm allein zu sein. Trotzdem empfand Amanda eine teuflische Lust dabei, ihre schöne, begabte und beliebte Cousine zur Sünderin zu stempeln.
Schon auf der Highschool hatten die Mitschüler sie wie Bienen umschwärmt. War es ihr wunderbares Haar oder die sympathische Stimme? Waren es ihre bernsteinfarbenen Augen? Amanda konnte sich nicht erinnern, jemals nicht eifersüchtig auf Sienna gewesen zu sein.
Ich liebe sie.
Ich hasse sie.
Das Verrückteste war, dass sie sich immer auf Sienna verlassen hatte. Wann immer sie in Schwierigkeiten gewesen war – und da kam einiges zusammen –, war sie von ihr beschützt worden. Sie wollte auch jetzt mit ihr reden. Es gelang ihr immer, sie zu beruhigen.
Amanda schleuderte die Bettdecke beiseite wie ein Kind, das verzweifelt Trost sucht. Sienna würde ihr helfen. Das tat sie immer.
Doch Sienna war nicht in ihrem Zimmer. Das Bett war unberührt, die weichen Kissen lagen frisch aufgeschüttelt da. Wo war ihre vorbildliche Cousine?
Sie liegt nackt mit Blaine im Bett!
Die innere Stimme klang so laut, dass Amanda sich mit beiden Händen die Ohren zuhielt.
„Gemeine Hexe!“, schrie sie in das leere Zimmer. „Dafür wirst du bezahlen!“
„Bitte setz dich, Amanda.“
Blaine hatte seine Schwägerin in das ehemalige Arbeitszimmer seines Vaters gebeten und bot ihr fürsorglich einen Stuhl an. Sie war auffallend blass und schien mehr zu leiden, als er angenommen hatte. Von der Härte oder der Gleichgültigkeit, die er ihr vorgeworfen hatte, war so wenig zu spüren, dass sich sein Gewissen regte. Was für ein zierliches Persönchen sie doch war – allerdings ohne echtes inneres Feuer. Auf eine gewisse Weise war sie sogar ganz hübsch.
Was genau mochte Mark zu ihr hingezogen haben? Blaine fragte sich das nicht zum ersten Mal und fand wieder keine Antwort.
Amanda sah zu ihm auf, und aus ihren blauen Augen quollen Tränen. Diesen Trick beherrschte sie meisterlich. Sie konnte auf Anhieb herzzerreißend schluchzen und war entschlossen, dieses Mittel einzusetzen. Männer wurden schwach, wenn sie Frauen weinen sahen. Sogar Mark war darauf hereingefallen, als sie ihn beschuldigt hatte, mit Sienna zu schlafen.
Zum Teil hatte Amanda seinen gewaltsamen Tod begrüßt. Er hatte sie betrogen – warum sollte er da nicht büßen? Sie so grausam zu behandeln! Das würde sie ihm nie vergeben. An seinem Grab hatte sie gar nichts empfunden. Absolut nichts. Das mochte ungewöhnlich sein, aber Mark war ein Verlierer gewesen, ganz im Gegensatz zu seinem großen Bruder. Der würde jetzt die Zeche bezahlen! Sie musste ihm nur die richtige Geschichte erzählen.
„Sienna hat mir immer alles weggenommen“, klagte sie, während ihr Tränen über die bleichen Wangen liefen. „Sie wollte es nicht, das weiß ich, aber irgendwie kam es immer so. Als Mark mir gestanden hat, er habe mich nur geheiratet, um Sienna zu gewinnen, hätte ich mich am liebsten umgebracht.“
„Umgebracht?“, wiederholte Blaine. Er hatte sich an den Schreibtisch gesetzt und ließ Amanda nicht aus den Augen. „Wie denn?“
Sie sah ihn irritiert an.
„Mich interessiert, wie du dich umgebracht hättest.“
Er reagierte nicht so, wie sie gehofft hatte. Statt Mitleid zu zeigen, blieb er misstrauisch und
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