Land meiner Träume collin1
zurückreiten, um die Reste unserer Habseligkeiten zu holen. Denken Sie, das wäre möglich?« »Schätze schon. Heute Abend kümmern wir uns erst mal um Ihren Bruder. Wenn Sie bereit sind, ihn allein zu lassen, kann Jack Sie morgen zurückbringen. Er kennt eine Abkürzung, sodass Sie an einem Tag hin- und zurückkönnen.« Jack, der praktisch die ganze Zeit noch kein Wort gesagt hatte, schaute sich um und nickte. »Könnten wir irgendein Beförderungsmittel mitnehmen, um alles zu transportieren? Es wäre mir lieber, ich müsste nicht zu oft reiten.« »Die Abkürzung können Sie nicht mit einem Wagen nehmen. Glauben Sie, zwei Packpferde tun’s auch?« »Vielleicht. Tiere und Vögel werden sich sicher an unseren verstreuten Lebensmitteln gütlich getan haben, außer an den Dosen.« »Richtig. Gütiger Himmel, heute Nacht wird’s aber verdammt kalt. Wenn der Mond scheint, kommt’s mir immer kälter vor. Wie geht’s Ihnen da hinten?« »Verdammt kalt«, wiederholte Hal. Er zog ihre Decken heraus, um Tommy zuzudecken und sich eine um die Schultern zu legen. Will suchte die Whiskyflasche und reichte sie herum. Ein oder zwei Schlucke halfen vielleicht, das Fr?steln aus den Knochen zu vertreiben. Harvey nahm dankbar an. »Hätte selbst dran denken sollen. Es geht doch nichts über ein bisschen Schnaps, um die Eingeweide zu wärmen.« Die alte Mary hatte ihnen den Rücken zugewandt. Will überlegte, ob er ihr auch einen Schluck anbieten sollte. Harvey, der nach hinten schaute, schien Wills Gedanken lesen zu können. »Besser nicht, junger Mann. Sobald die Schwarzen ein bisschen Alkohol intus haben, sind sie zu nichts mehr zu gebrauchen. Bei den Frauen kann es so schlimm sein wie bei den Männern. In Neusüdwales habe ich gesehen, welchen Schaden der Alkohol anrichten kann. Was ich im Haus hab, halt ich gut unter Verschluss.« »Vertrauen Sie ihnen nicht?« »Das ist keine Frage des Vertrauens, sondern eine Frage, sie richtig zu behandeln. Der Alkohol tut ihnen nicht gut. Besser, man versorgt sie reichlich mit Tee und Zucker. Und ich möchte nicht das Risiko eingehen, dass ein betrunkener Schwarzer, der nicht weiß, was er tut, mir mitten in der Nacht mit einem Handbeil den Schädel spaltet.« »Ich hatte den Eindruck, Sie trauen Jerry.« Will war verdutzt, Harveys barsche Reden schienen etwas anderes anzudeuten. »Das tue ich auch. Er ist ein guter Mann, genau wie der junge Billy. Verstehen Sie mich nicht falsch, Bursche. Die Aborigines sind gute Leute, solange man sie richtig behandelt und ihnen nicht ihre Selbstachtung nimmt.« »Ich kann nicht leugnen, dass sie sehr gut zu uns waren.« »So sind sie. Solange man nicht so dumm ist, ihnen mit einer Waffe vor der Nase rumzufuchteln, sind sie ein friedliches Volk.« Will sagte nichts mehr. In seine Decke eingehüllt überlegte er, wie wenig er im Grunde über die Aborigines wusste. In Burra waren sie einfach da gewesen, Teil des Landes. Niemand hatte besonders auf sie geachtet. In Adelaide schien es im Großen und Ganzen genauso zu sein. Obwohl die Umstände sehr bedauerlich waren, war er froh, jetzt ein wenig mehr ?ber ihre Lebensweise zu wissen. Hals Gedanken nahmen einen ähnlichen Verlauf. Er war sich jetzt fast sicher, dass die Frau, die er so brutal behandelt hatte – ein anderes Wort zu denken verbot ihm sein Gewissen -, nach Alkohol gerochen hatte. Nicht dass ihr Zustand sein Verhalten in irgendeiner Weise gerechtfertigt hätte. Es gab keine Möglichkeit, das, was er der Frau angetan hatte, wiedergutzumachen, selbst wenn er sie je wiedersah und überhaupt erkannte. Nur durch Taten, beschloss er in diesem Moment, konnte er das Böse, das er begangen hatte, tilgen. Nur durch seine Haltung konnte er den Aborigines danken, die ihnen so bereitwillig geholfen hatten. Von diesem Abend an, schwor er sich, würde niemand in seiner Gegenwart einen Aborigine schlecht behandeln oder schlecht über sie reden.
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H ier sind wir endlich, meine Liebe.« »Hier« war ein imposantes georgianisches Wohnhaus, dessen Sandsteinfassade von der spätnachmittäglichen Sonne in ein warmes, goldenes Licht getaucht wurde. Das Haus war viel größer, als Meggan es in Erinnerung hatte. Sie konnte kaum glauben, dass dies jetzt wirklich ihr Zuhause war. Genauso ungewohnt war es, dass der Kutscher ihr den Kutschenschlag aufhielt und sie mit der Hand respektvoll am Ellbogen stützte, um ihr beim Aussteigen zu helfen. Sie dankte ihm mit einem zögerlichen Lächeln, das, wie sie hoffte,
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