Land meiner Träume collin1
nutzlos verstrichene Zeit, die nicht vergehen wollte, bevor sie wieder zusammen sein konnten. Die wenigen heimlichen Stunden waren ihnen nie genug. Nachdem sie sich am vergangenen Sonntag geliebt hatten, hatte Caroline weinend von Rodney wissen wollen, was die Zukunft wohl für sie bereithielte. Er hatte ihre Tränen weggewischt und sie an sich gedrückt und ihr versprochen, sie zu heiraten. Doch bei all seinem Feuer wusste er doch, dass ihm mit gerade mal achtzehn Jahren ohne die Einwilligung seines Vaters die Hände gebunden waren. Und deswegen saß Rodney jetzt allein im Zierpavillon: Er bereitete sich innerlich auf ein Gespräch vor, das, wie er wusste, sehr schwierig werden würde.
Rodney fand seinen Vater wie gewöhnlich um diese Tageszeit in seinem Arbeitszimmer, Papiere und Geschäftsbücher um ihn herum ausgebreitet. Während sein Vorfahr gleichen Namens ein ansehnliches Wissen über Mineralogie besessen hatte, war Phillip Tremayne sehr geschickt im Umgang mit Zahlen. Ordentlich mit Anmerkungen versehene Zahlenreihen und ausgeglichene Hauptbücher gaben ihm fast genauso viel Befriedigung wie der am Ende erzielte Gewinn. Eine Begabung f?r die Mathematik war eine Fertigkeit, die Rodney von seinem Vater geerbt hatte. Zumindest in dieser Hinsicht konnte Phillip stolz auf seinen Sohn sein. Phillip schaute stirnrunzelnd auf, als der Junge klopfte und eintrat. »Was ist?«, wollte er wissen. Wusste Rodney nicht, dass sein Vater um diese Zeit nicht gestört werden wollte? »Ich muss mit Euch sprechen, Sir. Würdet Ihr mir ein paar Minuten von Eurer Zeit gewähren?« »Ist es so wichtig, dass es nicht warten kann?« »Ja, Sir, das ist es.« »Nun gut, aber fass dich kurz.« Phillip schloss mit einem verärgerten Seufzer das Hauptbuch, lehnte sich zurück und war bereit zuzuhören. Ihm war aufgefallen, dass Rodney etwas nervös war und seinem Vater nicht in die Augen sah. Der Junge schien allen Mut zusammenzunehmen, um zu sprechen. Phillip beschlichen böse Vorahnungen. Hier stimmte eindeutig etwas nicht. Er hoffte, sich nicht anhören zu müssen, dass sein Sohn gespielt hatte und in ernste Schulden geraten war. Ein früherer Vorfahr war wegen seiner verschwenderischen Art enterbt worden. Solche Charakterzüge vererbten sich manchmal in Familien. Rodney war, wie Phillip sich schmerzlich eingestehen musste, von Natur aus leicht beeinflussbar. Da er sich innerhalb von Sekunden gewappnet hatte, dass sein Sohn ihm seine Schulden gestehen und um einen Kredit bitten würde, begriff er nicht gleich, was Rodney sagte. »Ich habe ein Mädchen kennengelernt.« Phillip blinzelte. »Wie bitte?« Rodney, der ziemlich unzusammenhängend mit den Worten herausgeplatzt war, spürte, wie er rot wurde, weil er sie wiederholen musste. »Ich habe ein Mädchen kennengelernt, Vater.« »Aha.« Phillip entspannte sich. Seine Erleichterung darüber, dass er mit seinen Vermutungen so weit danebengelegen hatte, war in der Tat so groß, dass er seinen Sohn anstrahlte. »Stößt dir die Hörner ab, was? Hab mich schon gefragt, wann es so weit sei. Du hast aber doch kein Mädchen in Schwierigkeiten gebracht, oder?« Tief verletzt darüber, dass sein Vater sein Geständnis so beiläufig abtat, spürte Rodney, wie sich seine Wangen röteten. »So ist es nicht, Sir. Ich liebe dieses Mädchen.« Alles, was er mit diesem Ausruf erreichte, war, dass aus Phillips strahlendem Lächeln ein nachsichtiges Lächeln wurde. Er nickte. »Ah, ja. Erste Liebe. Du wirst ohne Zweifel noch oft glauben, du wärst verliebt, bevor du heiratest. Achte nur darauf, dass du deinen Samen nicht an unpassender Stelle verstreust.« Er beugte sich vor, um das Hauptbuch wieder aufzuschlagen. Rodney wusste, dies war das Zeichen, dass er entlassen war. Er war bestürzt über die vollkommen unerwartete Reaktion seines Vaters. Ganz gegen seine Natur drängte es ihn, seinen Vater bei den Schultern zu packen und zu schütteln und darauf zu bestehen, dass er die Sache ernst nahm und seinem Sohn zuhörte, was der ihm zu sagen hatte. »Ihr irrt Euch, Vater. Sehr. Dies ist die Frau, die ich heiraten möchte.« Rodney hörte die Veränderung in seiner Stimme von mangelndem Selbstvertrauen hin zu großer Entschlossenheit. Er sah die Überraschung im Gesicht seines Vaters, war sich aber nicht sicher, ob diese auf seine Worte zurückzuführen war, auf den Ton, den er angeschlagen, oder auf die Tatsache, dass er nicht gehorsam den Raum verlassen hatte. »Mumpitz! Du bist viel zu jung, um
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