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Land Spielen

Land Spielen

Titel: Land Spielen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Mezger
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verkünden.
    Krampen sind ein gutes Spielzeug, und deswegen sind Krampen jetzt rar, unser Handwerker flucht und wirft die Schachtel auf den Boden, Krampen fallen heraus, Moritz flucht und sammelt sie wieder ein. Sie sind das wertvolle Bindeglied zwischen Zaun und Pfahl, mit harten Schlägen müssen sie oben, in der Mitte und vor allem ebenerdig ins Holz gehauen werden, damit sich die Schafe nicht dahin fressen können, wo das Gras immer grüner ist. Drei Stück pro Pfahl also, in der Schachtel sind also zu wenig, und also steht Moritz ein Spaziergang ins Dorf bevor und ein Einkauf im Dorfladen.
    Moritz will weiterrackern, Moritz will nicht ins Dorf, Moritz will keine vorbeigehenden Dörfler grüßen müssen, Moritz will keine spöttischen Blicke ernten. Und vor allem will er mit niemandem reden müssen heute. Auch der Satz »Eine Schachtel Krampen, bitte!« wäre schon zu viel. Moritz denkt: »Lasst mich doch alle in Ruhe!«, und lässt den Maschendraht und das Zaunprojekt erst einmal liegen. Noch kann Moritz nicht stolz auf sich und seine Arbeit sein, und selbst wenn sie schon abgeschlossen wäre, die Liste der weiteren Aufgaben ist noch lang, man könnte und sollte noch vieles erledigen, und »man« ist Moritz, und Moritz steht vor der Scheune, starrt die Maschendrahtrollen an.
    Schon lange wollen wir Kaninchen haben, und Kaninchen wollen in Kaninchenställen leben. Eine Bauanleitung und entsprechende Bretter liegen bereit. Man müsste die Bretter nur zurechtsägen, müsste bloß Holzleisten an die Bretter schrauben, bräuchte dazu Winkeleisen und später Scharniere, um die aus vier kleineren Holzlatten und einem Stück Drahtgitter zu zimmernden Türchen am Rest des Stalls zu befestigen. Noch ist nichts von alledem getan, man könnte die Bretter also auch dazu benutzen, endlich einmal ein Regal zu zimmern. Fürs Wohnzimmer. Damit sich all die Landspielregelwerke und Bauanleitungsbücher nicht überall auf dem Spannteppich stapeln müssen. Damit das Wohnzimmer nicht aussieht, als sei man gestern erst eingezogen. Das von Dorflehrer und Gattin geschenkte Sofa macht sich gut im beinahe unmöblierten Raum, machte sich vielleicht noch besser neben einem selbstgezimmerten Bücherregal.
    Und für den nächsten Winter sollte die Ofenfrage rechtzeitig angegangen werden!
    Auf einen Hühnerzaun hinter der Scheune wollen wir zum Glück verzichten, aber die Hühner bräuchten neue Hühnerstangen. Nicht bloß weil die alten schon nach einem halben Jahr in den schönsten Grautönen zugekotet sind, sondern weil sie gestuft angebracht sind und die Damen Federn lassen müssen bei der Klärung der Frage, wer oben sitzen darf und wer unten.
    Auch hat sich unter den undemokratischen Stangen eine ordentliche Schicht Hühnermist angesammelt, mit der Mistgabel oder der großen Schaufel sollte man ihn aus dem von den Schafen abgetrennten Scheunenteil entfernen. Die Schafe würden sich ebenfalls über neue Streu freuen, der Übergang von Heufutter zu Strohunterlage ist längst fließend. Wir haben den Scheißauftrag hin- und hergeschoben, jetzt bleibt er an Moritz hängen. Er steht noch immer an Ort und Stelle, die Liste in seinem Kopf wird lang und immer länger:
    Einen Platz finden fürs Übersommern der Schlitten, die immer noch vor der Scheune herumliegen.
    Und dann auch gleich Schneeschaufeln gegen Besen austauschen.
    Außerdem will sich unsere Altenpflegerin bald um Kraut und Gemüse kümmern können, will aber nicht, dass Hühnerfüße Setzlinge ausscharren, dass Hühnergefieder in Sandbädern gereinigt wird, wo eigentlich Salat, Karotten, Kartoffeln oder Tomaten wachsen sollten. Wir sind generell gegen Einschränkungen und Gefängnisse, sind also auch gegen Hühnergehege, und also müssen wir den Garten einsperren.
    Das sollte bald geschehen, nur werden Bretter, Pfähle und Latten nicht reichen für sämtliche Projekte. Was an Material vorhanden ist, stapelt sich neben den Drahtgitterrollen an der Scheunenwand. Auch Kraft und Lust scheinen nicht in der nötigen Menge zur Verfügung zu stehen. Moritz schaut in die Ferne auf Hügel, kapituliert vor dem Aufgabenberg.
    Die Sonne scheint auf die Scheunenwand, scheint auf die herumliegenden Bretter und Latten und Pfähle, scheint auf unseren Maschendrahtrollenthron, scheint auf Moritz, der erst geräuschvoll ausatmet und dann den Thron besteigt.
    Die Scheunenwand ist warm, die Sonne scheint. Pfähle, Latten und Bretter geben langsam ihre Winterfeuchtigkeit her, Moritz gibt sich der

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