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Land Spielen

Land Spielen

Titel: Land Spielen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Mezger
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darüber beinahe das halb geflüsterte »Was?« der Dorflehrersfrau.
    »Das ist doch alles eine Scheißsituation«, flüstert Moritz, da war es wieder, das Wort, Fabian nimmt sich vor, diesen Satz jetzt auch zu benutzen, was unser Ältester sagen darf, darf auch er. Ada streicht mit dem Ohr über den Spannteppich, der ist rau, es fühlt sich seltsam an und ist auf jeden Fall interessanter als Zusammenhangloses aus dem Untergeschoss. »Weißt du, was Ralf macht, wenn er Besuch bekommt?«, fragt sie unvermittelt, und Fabian schaut sie verständnislos an.
    Christine blickt Moritz an, der Blick ist forschend, ihre Antwort auf seinen geflüsterten Ausbruch lautet: »Hast du ihr etwas erzählt?« Das »Natürlich nicht« kann sich Moritz sparen, er kann es mimisch darstellen, Christine weiß dazu nichts zu sagen, ist froh, als die Küchenmannschaft mit Dessertgeschirr zurück ist, dieser Teil der Gesellschaft scheint ungehemmter zu kommunizieren, Vera fragt Andreas gerade: »Ist das dein Ernst?«, und Andreas sagt: »Entschieden ist noch nichts.«
    »Was ist noch nicht entschieden?«, wirft Moritz schnell dazwischen. »Wartet doch noch schnell, ich will das auch hören«, sagt Vera und ist schon wieder verschwunden. Andreas nimmt wieder Platz, er ignoriert fragende Blicke fürs Erste, Christine hakt nach, wovon denn die Rede war, dann endlich kommt Vera mit Eis und heißen Beeren, selbstgepflückt, wie sie verkündet, man hebt erneut das Glas, stößt ein weiteres Mal an. »Auf euch!«, sagt Moritz. »Auf das Landleben!«, ist Andreas’ Antwort. Dann endlich wird das Rätsel gelöst.
    Der Dorflehrer will nicht mehr Dorflehrer sein. In der Küche hat er es angedeutet, jetzt muss er es vor versammelter Runde ausführen. Aber es ist doch schön hier, denken wir. »Klar, es ist schön hier«, sagt er, der den Gedanken des Aufgebens schon viel zu lange mit sich herumträgt. Und der Dorflehrer sagt, dass er das Land ja schon möge. Aber dieses Eingesperrtsein ins Dorfschulhaus, oben die Wohnung, unten sechs Klassen gleichzeitig. Anstrengend sei das. Und man müsse sich ja schon auch fragen, wie lange das überhaupt noch gehe mit einem dorfeigenen Schulhaus. Wenn er mit der Stelle nicht sein Geld verdienen würde, hätte er eine Zusammenlegung mit dem Nachbardorf schon längst vorgeschlagen. Und früher oder später komme das auch, und dann müsse er sowieso gehen. Es würden ja so viele gehen. Die Jungen, die gingen ja alle, es gebe hier ja nichts für sie.
    Vera schaut den Dorflehrer an, sie weiß, dass es hier viel gibt, mehr als anderswo: Es gibt Natur und Ruhe und Platz und uns. Und gegenwärtig denken wir nicht an die Zukunft.
    Moritz versteht den Dorflehrer nicht, auch die Dorflehrersfrau starrt ungläubig, der Dorflehrer hat sie noch nicht eingeweiht in seine Pläne, die noch keine Pläne sind, sondern bloß Gedanken. Der Dorflehrer denkt, dass es auch Christine besser gehen würde in der Stadt. Oder vielleicht nicht gleich in der Stadt, aber zumindest im Hauptort, wo es auch wieder Arbeitsmöglichkeiten gäbe für sie. Und wo die Wohnung vielleicht etwas weiter weg wäre vom Arbeitsplatz. Wo man auf Arbeitswegen Freunde trifft und sich unterhält und dann sagt: »Ich muss jetzt los.« Das scheint richtiger und gesünder als Besuche während des Unterrichts und einzig eine Ex-Städter-Familie als Freunde. Aber das sagt der Dorflehrer nicht, er sagt bloß, sie hätten in letzter Zeit öfter darüber gesprochen. Dann endlich unterbricht ihn Christine: »Wann das denn?«
    Der Dorflehrer ist ein geduldiger Erklärer, kann mit der Kreide in der Hand Ungläubige in Verständige verwandeln, malt Bilder an die Tafel oder Brüche, redet so lange auf die Schulkinder ein, bis diese behaupten, sie hätten begriffen. Hier in der Wohnzimmerrunde hat er seinen Zauberstab nicht zur Hand, das ist wohl der Grund, weshalb seine Ausführungen ins Stocken geraten. Er wendet sich seiner Ehefrau zu: Sie habe doch selbst gesagt, dass sie sich neu orientieren wolle, dass es nicht unbedingt das Dorf hier sein müsse. »Aber ich mag das Dorf!«, sagt Christine. Vera interveniert, fragt, als wäre die Sache bereits beschlossen: »Aber ihr kommt uns besuchen?«
    Vielleicht ist sie heimlich froh, die tägliche Besucherin auf Distanz halten zu können, anmerken lässt sie sich nichts, schwärmt von dem Flecken hier und dass die Stadt mit ihren Angeboten so ein Leben niemals aufwiegen könne. Der Dorflehrer führt nicht unser Leben, er ist wegen der

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