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Land Spielen

Land Spielen

Titel: Land Spielen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Mezger
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und Auto in der Nähe, die Jacke im Gras, das hier mager wächst, ein paar Grashalme bloß, die am Rand des Kieswegs sprießen, man wird sich einen wunden Rücken holen, rote Knie, man scheint sich nicht darum zu kümmern.
    Moritz betrachtet Christines Gesicht, küsst es, zerwühlt Christines Haar und lässt sich von Christine das Haar zerwühlen. Sie zieht auch ihm die Hose aus, er befreit sie von ihrem Slip. Moritz betrachtet ihre Brüste, ihren Bauch, ihre Scham, sie zieht ihn zurück nach oben.
    Moritz betrachtet Christine, während sie miteinander schlafen. Wie sie mit den Armen rudert. Eine Mischung aus Umarmung und Gestikulieren. Ihr Gesicht. Dass sie nicht präsent ist. Dass er das Gefühl hat, nicht mit ihr in Kontakt zu sein. Er betrachtet sie, versucht, ihren Blick einzufangen, versucht, die Zeichen zu lesen: Mag sie das? Und dies? Er spürt seine Knie, er sucht ihren Blick, er beobachtet, wie sich ihre Mimik zusammenzieht. Gerne würde er sie zum Orgasmus bringen. Dann kommt er doch vor ihr und sie taucht wieder auf, schaut ihn beinahe erstaunt an.

F ÜNFEINHALB
    Moritz auf dem roten Mofa. Es ist bereits heller als erwartet, Moritz heizt die Straße hinunter, brettert über die Dorfbrücke. Veras Helm ist ihm zu klein, er hat ihn an den Lenker gehängt, sieht aus wie die Dorfjugend, die ebenfalls lieber ungeschützt fährt, den Helm bloß auf dem Hinterkopf oder, um die Igelfrisur nicht zu zerdrücken, am Arm, die Frisuren der Dorfjugendlichen gleichen sich bis aufs Haar: kurze Stoppeln, nur vorne über der Stirn ein paar um ein paar Millimeter längere Haare, diese hochgegelt zu einer Spitze, einem Dorn, ein Zitat einer Tolle, vielleicht, weil der Dorffriseur nur diese eine Frisur kann, vielleicht, weil man so eine Frisur für gleichermaßen praktisch wie modisch hält. Werden Ralf und Fabian auch bald so einen Haarschnitt haben wollen?, denkt Moritz. Ein Mofa wollen sie heute schon.
    Als Moritz in der Nacht das Haus betrat, saß Vera am Küchentisch, die Küche war verqualmt. Seit wann kauft sie sich Zigaretten?, dachte er, während sie aufschrak, ihren zerzausten Mann anstarrte. Seine verschmutzte Hose, seine Augen, die seltsam euphorisiert blitzten.
    »Ist Fabian etwas passiert?!«
    »Es ist zu dunkel, der Weg ist abgeschnitten.«
    »Wo ist er?!«
    Moritz sagte, man finde ihn schon, er sei sich sicher, dass er auf der Alp sei, wenn es wieder hell werde, werde man ihn schon finden.
    Vera setzte sich wieder an den Tisch, nestelte eine weitere Zigarette aus der Packung, Moritz sah, wie sie zitterte beim Anzünden. Er nahm ein Glas vom Regal. Er füllte das Glas mit Wasser. Er ließ sich Zeit, hatte keine Lust, sich mit seiner Frau an diesen Tisch zu setzen, hatte keine Lust, Tröster zu spielen, es würde ja doch nichts ändern.
    »Wie lange sitzt du schon hier?« Moritz lehnte sich an den Herd: »Du könntest wenigstens ein Fenster aufmachen.«
    »Warum hast du mich nicht angerufen?«
    »Wir finden ihn schon wieder!«
    Moritz betrachtete Vera, wie sie an der Zigarette saugte, wie sie die Lippen zusammenpresste, den Rauch mit verkniffenem Gesicht aus den Nasenlöchern ausstieß. So hat er sie noch nie gesehen, eine professionelle Raucherin. Eine Raucherin, die sich von ihm trennen will. Aber davon war jetzt nicht die Rede, er sah, dass sie Tränen in den Augen hatte, aber vielleicht kamen die auch bloß vom Rauch.
    »Wir finden ihn schon wieder, er hat es bestimmt bis zur Hütte geschafft, genügend Vorsprung hatte er.«
    »Hör mal auf mit deinem Scheißoptimismus!«
    Nein, so hatte er seine Frau noch nie gesehen, und selten hatte er sie so schreien gehört. Nun ging er dennoch zu ihr, umarmte sie.
    Dann stand auf einmal Ralf in der Küche. Er wollte als Erstes wissen, ob das Haus brenne. Es klang, als würde ihn diese Tatsache mehr erfreuen als erschrecken. Moritz schickte ihn zurück ins Bett.
    »Ich kann nicht schlafen.«
    »Wir finden ihn schon wieder«, wiederholte Moritz litaneiartig.
    Das war es nicht, was Ralf gemeint hatte, er konnte ganz gut auf seinen gewalttätigen Bruder verzichten: »Ich kann nicht schlafen, wenn ihr hier so rumschreit.«
    »Geh ins Bett«, sagte nun auch Vera, aber Ralf setzte sich zu seinen Eltern an den Tisch.
    Erst wurde geschwiegen, dann fragte Ralf: »Gehen wir hier wieder weg, wenn Fabian tot ist?«
    Nun war es Moritz, der schrie: »Was ist in dich gefahren?!«
    »Ich frage ja nur.«
    Moritz: »Fabian ist nicht tot!«
    Ralf: »Wer sagt das?«
    Das war genug. Moritz

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