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Landgericht

Landgericht

Titel: Landgericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: U Krechel
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aus seinen früheren Kollegen im Landgericht Berlin geworden ist, er schreibt Briefe, telephoniert, aber er vermeidet, Rechtsanwalt Damm nach einem einzigen früheren Kollegen zu fragen. Damm hatte ihm formell für die Vermittlung eines Mandanten gedankt. Kornitzer hatte daraufhin nur knapp genickt. Er sehnt sich nach Ludwig Foerder, dem Rechtsanwalt aus Breslau, der ihm von den ersten Übergriffen auf jüdische Richter berichtet hatte. Er hätte hellhörig werden müssen, er hätte Entscheidungen treffen müssen. Nun weiß er nicht einmal, ob Foerder, den er als einen seiner Förderer erlebt hat, noch lebt oder wo er lebt. Das macht ihn traurig und mutlos. Er schreibt Briefe nach Kuba, er schreibt in die USA, er nimmt Kontakt mit Fritz Lamm auf, der in Stuttgart gelandet ist, er verausgabt sich im Schreiben.

An einem ruhigen Abend schreibt er einen Brief an das Justizministerium Mainz und gleichzeitig einen ähnlichen an das Entschädigungsamt Berlin Wilmersdorf, das nach seinem letzten Wohnort vor der Emigration für ihn zuständig ist: „Ich stelle nunmehr den Antrag, mir die Rechtsstellung eines Beamten der Besoldungsgruppe B 8 zu gewähren“, und er führt aus: „Hinsichtlich meiner besonderen Fähigkeiten auf dem Gebiete des kubanischen Rechts in Verbindung mit der spanischen Sprache ist meine Qualifikation nach meinen Feststellungen einzigartig.“ Und er begründet seinen Antrag damit, daß eine Wiedergutmachungsentscheidung über seine Rechtsstellung noch nicht ergangen sei. Eine solche Entscheidung sei dringlich, da inzwischen bei fast allen Behörden des Bundes und der Länder – entgegen dem Paragraphen 7 zum Grundgesetzartikel 131 – aktiv tätig gewesene Nationalsozialisten in die früheren Stellungen eingesetzt oder sogar weiterbefördert worden seien. Die wenigen Fachleute, die der Berliner Patentkammer angehört hätten, seien inzwischen – soweit sie nicht ausgewandert oder verstorben sind – in hohe und höchste Stellungen berufen worden wie beispielsweise der derzeitige Senatspräsident beim Deutschen Patentamt. Seine, Kornitzers, Berufung zum Landgerichtsdirektor im Jahre 1949 sei nicht im Wege der Wiedergutmachung vorgenommen worden. Im Geschäftsbereich des Bundesjustizministeriums hätten inzwischen zahlreiche Richter schon vor Vollendung des fünfzigsten Lebensjahres Stellungen erlangt, die über der Besoldungsgruppe A 2b liegen. Unter diesen Umständen könne er als politisch Verfolgter auf Grund seiner in den dienstlichen Beurteilungen anerkannten Fähigkeiten, Kenntnissen und Leistungen, besonders auf dem Spezialgebiet des gewerblichen Rechtsschutzes, eine weitere Beförderung schon deshalb beanspruchen, weil er, wie bereits festgesetzt worden sei, ohne politische Verfolgung bereits zum 1. August 1936 die Stellung eines Landgerichtsdirektors erlangt haben würde.
    Das lesen die Empfänger des Schreibens im Justizministerium nicht gern. Er hat das nicht mit Westenberger abgesprochen. Es geht ja nicht um eine Beförderung, es geht um eine ethische Forderung. Er kann nicht einschätzen, welche Wirkung ein solcher Brief haben wird, er will sein Recht. Sein Antrag wird als unzulässig abgewiesen. Seine Wiedergutmachung sei durch die ihm zustehende Rechtsstellung und Besoldung bereits geleistet.
Der Antragsteller selbst hatte vor Erlaß dieses Wiedergutmachungsbescheids niemals erkennen lassen, daß er im Wege der Wiedergutmachung eine über der Besoldungsgruppe A 2b liegende Amtsstelle beanspruche
. Er habe vielmehr sein Einverständnis mit der vorgesehenen Regelung erklärt. Der neue Antrag könne nicht als Wiederholung oder Konkretisierung des früheren
Wiedergutmachungsbegehrens
angesehen werden. Und auf dieses könne sich der Antragsteller nicht berufen. Ja, es ist ein Begehren – mit allen erotischen und personalen Konnotationen, es wird ins Subjekt zurückverwiesen, und der Begehrende soll mit sich selbst ausmachen, was daraus wird. Getilgt wird die sittliche Aufgabe, die die Nachkriegsgesellschaft den Opfern des Faschismus gegenüber hat. Der Antragsteller soll gefälligst nicht die öffentliche Hand damit behelligen, so sagen die Richter, die schon im Nationalsozialismus Recht gesprochen haben, und wähnen sich vollkommen im Recht gegenüber dem Antragsteller.
Auch mit dem Sinn der für den öffentlichen Dienst geltenden Wiedergutmachungsforderungen wäre es nicht vereinbar, wenn ein Beamter, dessen Wiedergutmachungsansprüche im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen bereits

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