Landleben
Methoden waren immer
noch an eine alphanumerische Maschinensprache it
m dem
dazugehörenden umständlichen Handbuch gebunden.
1974 dann, im Palo Alto Research Center, oder PARC,
das der Xerox Corporation gehörte, ein Förderprogramm,
das dazu beitrug, die Forschung eher auf Massenmarktpro-
dukte als auf militärische oder wirtschaftliche Problemlö-
sungen auszurichten, sah Owen, auf dem PARC Alto, seine
erste echte grafische Benutzerschnittstelle. Ihm wurde das
Herz schwer: Die Schnittfläche mit ihren von der Maus ma-
nipulierten Icons und ihrer schematischen Imitation eines
gewöhnlichen Desktops verwies alle technischen Anwei-
sungen an das verdeckte Programm. Der Operator beweg-
te lediglich einen Indikator auf dem Bildschirm mit seiner
Maus und zog Icons oder markierte Textblöcke herunter
und verschob sie. Die Tage der Befehlslinien-Fläche waren
vorbei. Die geometrische Zunahme von Chip-Kapazitäten
bedeutete, dass jedes Pixel auf dem Linienanalyse-Moni-
tor seine Adresse haben konnte – Koordinaten, die durch
eine einfache Handbewegung in lautlosen Rechner-Stür-
men, zusammen mit all den anderen Pixeln in dem Icon
oder dem Textblock, an die nächste Stelle geschleudert
wurden. Der Erfinder, ein Wissenschaftler am PARC mit
dem angemessen elementaren Namen Alan Kay, war auf
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die Idee gekommen, als er Schulkinder dabei beobachte-
te, wie sie ihre eigenen kleinen Programme schrieben und
anwandten, unter Verwendung von Logo, Seymour Paperts
Programmsprache, deren Befehle alle als Objekte oder
Bewegungen ausgedrückt wurden – «Turtle Graphics».
Kinder wiesen den Weg. Immer waren es die Jungen, die
einen intuitiven Zugang zu diesem großartigen Spielzeug
fanden, zu diesem Gehirn im Kasten – einem, das nicht
durch ein unordentliches, blutiges Lebewesen verunrei-
nigt war. Owen war nicht mehr jung. Er sah dort, an dieser
anderen Küste mit ihren Kliffs und Palmen und ihren der
Sonne ausgesetzten, erdbebensicheren, niedrigen, gläser-
nen Forschungszentren und staubfreien mikroelektroni-
schen Produktionsstätten, eine fremde Zukunft, eine Welt
der Computer, die wie Schreibmaschinen für den Massen-
markt hergestellt wurden, und die ganze elegante Mathe-
matik, einst die fernen Gefilde von Elektrotechnikern und
Booleschen Logikern, lag jetzt verdeckt unter einer Car-
toon-Oberfläche, so vulgär wie jeder Comic. Am MIT und
an den Bildschirmen der Raketenbasis in der Türkei, in
New York bei IBM und in der Garage hinter der mit Holz
verkleideten Doppelhaushälfte in der Common Lane, wo
er und Phyllis in ihrem ersten Jahr in Middle Falls zur Mie-
te wohnten, hatte Owen sich in der Vorhut einer Revolu-
tion gewähnt, auf der bahnbrechenden Welle einer neuen
Technologie; doch obwohl sich E-O Data auch weiterhin
die wachsende Anzahl von Geschäftsführern zunutze ma-
chen konnte, die nichts von Computern verstanden, nur
wussten, dass ein modernes Unternehmen sie brauchte
und ebenso die Programme brauchte, nach denen sie ar-
beiteten und Arbeit verrichteten, für die dann keine Men-
schen mehr gebraucht wurden, kamen Owen und Ed sich
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jetzt wie Farmer vor, die hastig ihre Felder bestellten, bevor
die steigenden Wasser eines neuerdings gestauten Sees sie
überfluteten. Schon bald könnte jeder Bürogehilfe einen
vereinfachten Großrechner programmieren, und das mini-
malistische, auf Erweiterung angelegte Format von Unix,
das von Bell Labs aus dem Debakel bei GE Multics geret-
tet worden war und zu Nominalkosten an Universitäten in
Lizenz gegeben wurde, trieb die Demokratisierung dessen
voran, was einmal ein geheimes Handwerk gewesen war.
Von nun an musste Owen sich auf Nischen, spezielle Pro-
jekte, europäische Klienten und aufschnelle Affären kon-
zentrieren.
Inzwischen gab es in der Computerwelt mehr Frauen als
zehn Jahre zuvor. Einige wenige waren Programmiererin-
nen oder Technikerinnen, in der Mehrzahl waren sie in der
Montage und Wartung und als Vertreterinnen für die ge-
nüsslich expandierenden Riesen der Industrie tätig – Sperry
Rand, IBM, GE, Honeywell. Diese jungen Frauen – viele,
wie Phyllis, mit einem abgeschlossenen Mathematikstudi-
um, aber manche auch Quereinsteiger aus Englisch- oder
Psychologie-Departments der Universitäten – kreuzten bei
Konferenzen auf, und gelegentlich erforschte Owen mit ei-
ner von ihnen die Möglichkeiten einer Nacht fern von zu
Hause. Jacqueline, Antoinette, Mirabella –
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