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Landleben

Landleben

Titel: Landleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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«Wenn er geht, bewegt er sei-
    nen Arsch, ganz bewusst, glaube ich, wie eine Frau – sei-
    nen kleinen mageren Arsch und seine langen staksigen
    Beine. Warum würde ein Typ, wenn er nicht schwul ist, so
    enge Hosen anziehen, in die er nur mit einem Schuhan-
    zieher reinkommt? Und zwar keine Bluejeans, die wären
    viel zu gewöhnlich, nein, er tragt schwarze Jeans, mit wei-
    ßen Nähten auf d n
    e Gesäßtaschen. Gott, was für ein aufge-
    blasener Wichser.»
    Sogar in Owens Hotelzimmer, als Antoinette ihre Klei-
    der ausgezogen hatte und wie eine erregte weiße Schlange

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    durch die Schatten glitt – ihre Haut kalt an seiner, schon
    die Kühle ihrer feindseligen Stimmung erregend, etwas,
    das er übersehen und überwinden musste –, giftete sie
    weiter gegen ihren Kollegen, der sich für zu wichtig hielt,
    um zu dieser miesen so genannten Messe zu kommen, und
    stattdessen sie geschickt hatte und jetzt erwartete, dass
    sie für diesen Gefallen, der keiner war, dankbar war. Noch
    wahrend sie gefickt wurde, zischelte ihre Zunge weiter, dar-
    über, wie manche Leute ihr den letzten Nerv raubten, da-
    bei wüsste sie, dass sie sich das nicht gefallen lassen durfte,
    aber genau darauf legen sie es an, diese Megaschweine, ihre
    Freundinnen sagen ihr immer, sie soll darüber erhaben sein
    und den Mistkerl gar nicht beachten, und noch als Owen
    kam – sie war eine von diesen Zirkuskünstlerinnen, die
    ihre Beine zurückklappen konnten, als wären sie aus einer
    Kanone abgefeuert worden, und er konnte nicht erkennen,
    wie ihre Klitoris dabei irgendwelchen Kontakt bekam, aber
    das musste sie schließlich selbst wissen –, wurde ihm klar,
    dass sie in diesen hassenswerten Eric verliebt war und sich
    von ihm missachtet fühlte und jetzt Owen benutzte, um
    Eric eifersüchtig zu machen. Sie glaubte, Eric könne sie se-
    hen und sei die ganze Zeit mit dabei. Sie war besessen von
    ihm und war wütend, weil sie, so betrunken wie sie war,
    spürte, dass sie Eric gleichgültig war; wie eine Fledermaus
    hing er in der Zimmerecke an der Decke und scherte sich
    einen Dreck darum, mit wem sie ihre Zirkuskunststücke
    aufführte.
    Schließlich kriegte sie, während sie nebeneinander la-
    gen, überhitzt und enttäuscht, mit, dass er, Owen, die ver-
    schwommene Realität war und nicht der Mann in Chippe-
    wa Falls, Wisconsin, der sie in ihrer Selbstachtung peinigte.
    In anderem, ernüchtertem Ton sagte sie: «He, du, ich weiß

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    gar nicht, wie du heißt. Du bist gar nicht so schlecht. Dan-
    ke fürs Zuhören. Meine Freundinnen finden, dass ich in
    dieser Hins cht verrückt bin.»
    i
    «Na ja», sagte Owen milde und nachgiebig, wie er gern
    war, «wir sind ja auch verrückt, die Menschen im Allgemei-
    nen. Eric scheint ein interessanter Typ zu sein.»
    «Das ist er nicht. Er ist ein Arsch, und ich sollte seinen
    Job haben», sagte Antoinette, als hätte er überhaupt nicht
    zugehört. Trotzdem lagen sie noch eine Stunde da, neben-
    einander, und als ihre verschwitzten Körper trockneten,
    fröstelte sie, sodass sie die dünnen Hoteldecken über sich
    zogen und dann wieder abwarfen, als sie nacheinander ins
    Bad gingen. Ihre harten weißen Pobacken schimmerten in
    den Streifen von Schatten und Licht, die durch die Jalou-
    sien am Fenster fielen, das auf einen stillen beleuchteten
    Hof hinausging, und Owen fragte sich schläfrig, ob das, was
    sie gesagt hatte, stimmte, nämlich dass Frauen sich immer
    ihres Arsches bewusst sind. Als sie zurückkam, schmiegte
    sie sich an ihn, streichelte ihn sogar da, wo er schlaff war
    und seidenweich, als wollte sie sich selbst zeigen, dass er
    da war, ein Nicht-Eric, und dass ihr ganzer Groll gegen
    Eric nicht ihm galt. Während die rote Digitalanzeige auf
    dem Radiowecker die Minuten der frühen Stunden nach
    Mitternacht anzeigten, versuchte sie ihre Schuld ihm ge-
    genüber zu begleichen, einem Mann, der bei ihr geblie-
    ben war, durch ihre ganze trunkene Tirade hindurch, mit
    der sie Erics Zurückweisungen verarbeitete, und der dann
    trotzdem mit ihr geschlafen und ihren Körper und ihre Be-
    weglichkeit gepriesen hatte, während er seine Bedenken
    hinsichtlich ihres Umgangs mit ihrer Klitoris für sich be-
    hielt. Doch es war zu spät, die Association of Electronic
    Industries brach am nächsten Tag ihre Zelte ab, und sie

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    w

    ürden zurück zu ihren Leben schweben, für die dieses
    Zwischenspiel keine dauerhafte Lösung bot.
    Keine Lösung, aber ein Ereignis war es dennoch,

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