Landleben
waren. Ländliche Freuden: Mil-
lionen von Dollars, zusammengebracht im Trachten nach
Reinheit, nach ursprünglicher Unschuld. Selten wurde
eine Innenaufnahme gewählt oder ein Photo, das im Ver-
lauf eines Arbeitstags oder bei einer Zeremonie aufgenom-
men worden war, bei einem vierzigjährigen Jubiläum oder
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einer üppigen Feier zum Eintritt in den Ruhestand. Wenn
das Bild aus der glatthäutigen Jugend des kürzlich Ver-
storbenen stammte, zeigte es ihn fast immer in sportlicher
Pose – in Weiß vor einem Tennisnetz, oder mit einer Sil-
bertrophäe und mit einem nicht weniger hellen Lächeln.
Das Leben nach dem Tode, lautete die darin enthaltene
Mitteilung, würde in einem Country Club stattfinden.
Nach dem Gottesdienst richtete die Witwe oder der Wit-
wer oder das älteste Kind, das noch in der Gegend lebte,
eine Party in dem geräumigen ehemaligen Zuhause oder
im Jachtclub oder im Country Club aus, wo die Erinnerun-
gen an den Verstorbenen vergesslicher Fröhlichkeit wichen
oder bitteren Beschwerden darüber, wie benachteiligt die
grundbesitzenden, steuerzahlenden Einwohner von Has-
kells Crossing bei ihren Auseinandersetzungen mit den
korrupten oder einfach nur sorglosen, jedenfalls kleinlichen
Politikern waren, die in der Machtzentrale von Cabot City
bequem in ihren Sesseln saßen. Fand die Feier in einem
Privathaus statt, hatten die Gäste eine glitzernde Scheibe
des Meeres im Blick – das alles verschlingende, unerschüt-
terliche Abbild der Ewigkeit, das jeden Feiernden, jeden
Lebenden erwartete.
Eine der frühesten Bekannten der neuen Mackenzies –
Mackenzies IT, wenn eine Ehe ein Film wäre, oder, wäre
sie ein Computerprogramm, Mackenzies 2.1 – war Bumpy
Wentworth gewesen, eine kleine rundliche Frau mit schüt-
terem blauem Haar und dem Talent, andere nachzuahmen.
Bumpy war ein Spitzname aus der Kindheit, ihr zugedacht
von einem sich zurückgesetzt fühlenden jüngeren Bru-
der, mit dem sie – neben einer korpulenten Gouvernan-
te – die Rückbank des Peerless ihres Vaters teilte. Fotos aus
dem Jahr 1925, als sie zehn Jahre alt war, bezeugten eine
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kampflustige schwesterliche Draufgängerin. Sie wurde
eine gutmütige, wohlproportionierte Frau, aber der Name
begleitete sie, von der engeren Familie zur Schule, dann
ins Internat, dann in die Schule für höhere Töchter und
in die Ehe. Nach der konservativen Mode der Gegend,
wo ein freundlicher männlicher Chauvinismus die weib-
lichen Stammesangehörigen wie Haustiere etikettierte,
blieb «Bumpy», was nach Stoßen und Schubsen klang, an
ihr haften. Ebenso hielten sich unter ihren Altersgenossin-
nen in Haskells Crossing die Spitznamen Muffin, Jonesie,
Snuggles un
d Bunch – n
u d sie alle war n
e würdige, gut i
s tu-
ierte Frauen in ihren Sechzigern und Siebzigern.
Wenn Julia überhaupt eine Schwäche hatte, dann die für
fröhliche Freundschaften mit anderen Frauen. Sie war von
ihrem Vater, einem Banker und Kirchenältesten aus New
Haven, dessen drei andere Kinder Jungen waren, direkt
ihrem Ehemann, der frisch vom Priesterseminar kam, als
vorbildliche Frau übergeben worden: eben noch beispiel-
hafte Tochter und Studentin, gleich darauf perfekte Gehil-
fin und Hausfrau. Der einzige Ausrutscher in ihrem Leben
war, dass sie sich in Owen verliebte, was sie sich später als
seine Rettung aus einem schrecklich unmoralischen Le-
ben zurechtlegte. Er war bereit, sich retten zu lassen, doch
sie war nicht bereit, im Zentrum eines Skandals zu stehen
und nicht nur von den entsetzten Gemeindegliedern ih-
res Mannes gemieden zu werden, sondern auch, und zwar
mit ostentativer Entrüstung, von den achtbaren Frauen in
Middle Falls wie Vanessa Slade, Imogene Bisbee, Trish
Oglethorpe und Alissa Morrissey. Deshalb war es für Ju-
lia eine freudige Erleichterung, einhundert Meilen weiter
nordöstlich die Bekanntschaft von Frauen wie der zaudern-
den, verschmitzt-witzigen Bunch Hapgood, der hageren,
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sanftmütigen Jonesie Wilkins und der freundlichen, ver-
nünftigen Bumpy Wentworth zu machen; beim Sherry lach-
te sie als Jüngste oft Tränen über Bumpys Parodien irischer
Mägde und italienischer Gärtner im Dienste ihres Vaters
oder auch über Nachahmungen der spießigen, zugeknöpf-
ten Geschäftspartner – allesamt weiße angelsächsische
Protestanten – ihres lieben verstorbenen Mannes. Julia war
für diese Frauen praktisch ein junges Mädchen, und Mrs.
Wentworth
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