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Landleben

Landleben

Titel: Landleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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ihn nicht beschämt und voran-
    getrieben. Erschrecken über ihren eigenen Sündenfall hat-
    te sie elektrisiert; das zweifelsfreie Verhalten, das sie sich
    in Zeiten ihrer Tugendhaftigkeit erworben hatte, trieb sie
    voran. Sie blickte nie zurück, und er folgte ihr matt.
    Die Gespräche mit seinen Kindern, der Umzug in eine
    Wohnung in den heruntergekommenen Reihenhäusern
    am anderen Ufer, gegenüber der alten Fabrik, die Unter-
    redung mit einem müden, neutralen Scheidungsanwalt in

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    Hartford – all dies vollzog sich wie unter Wasser. Benom-
    men bewegte er sich durch das Dickicht der Schmerzen an-
    derer; er erkannte sich kaum wieder. In diesem dichteren
    Element fühlte er sich seltsam leicht. Er hatte das Gefühl,
    dass er mit dem Eintritt in dieses drastische Element – das
    Verhängnis, das er mit dem leeren Grundstück neben sei-
    nem ersten Zuhause verwechselte, wo seine Brille in ihrem
    taufeuchten Etui wie durch ein Wunder wieder in seinen
    Besitz gelangte und ihn überzeugte, dass sein Leben un-
    ter einem glücklichen Stern stand – sein verspätetes Er-
    wachsenenleben begonnen hatte. Phyllis zu verlassen, zu
    einem Zeitpunkt, als sie beide Mitte vierzig waren, war die
    erste erwachsene Handlung in seinem Leben. Erwachsen
    zu sein bedeutete, ein Killer zu sein. Pazifisten und Nicht-
    kämpfer machten i
    s ch lediglich etwas vor und überließen
    die schmutzige Arbeit anderen.
    Vanessa, die ihm eines Mittags in der Stadt begegnete,
    vor dem «Hässlichen Entlein», sagte nur ohne ein Lächeln:
    «Gut für dich, Lieber», blieb aber nicht stehen. Alissa, die
    mit der kleinen Nina im Schlepptau die Branch Street zur
    Grundschule überquerte, sagte zu dem Kind: «Möchtest
    du Mr. Mackenzie zeigen, wo dein Zahn ausgefallen ist?»
    Karen Jazinski hatte in jenem Sommer einmal an Owens
    Zelle bei E-O geklopft, aber da Julia bei ihm auf dem Sofa
    war – mit ihrem entschieden brünetten Haar weniger wie
    Manets Olympia, sondern mehr wie Goyas Nackte Maja – ,
    konnte er nicht aufmachen, und Karen, die vielleicht bei-
    der angehaltenen Atem drinnen spürte, klopfte nicht noch
    einmal. Aus einem unerfindlichen Grund führte Trish
    Oglethorpe die lokale Streitmacht der Entrüstung an und
    ging im Supermarkt an Julia vorbei, als wäre sie ein wel-
    ker Salatkopf. Roscoe und Imogene Bisbee brüskierten das

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    neue Paar im Silver Spoon, einem überteuerten Restaurant
    mit Kerzenlicht in Upper Falls, wo Owen und Julia sich
    unter den gesichtslosen Siedlungsbewohnern vor dem Er-
    kanntwerden sicher geglaubt hatten.
    Dieses Interim der Trennung zog sich über ein Jahr hin,
    und dann kam es noch schlimmer. Man möchte es gar nicht
    wissen. Die Zeitungen und Nachrichtensendungen sind
    voll von Familiendramen und Morden hinter Mauern. In
    beiden zerstörten Ehen gab es kummervolle, Rückschau
    haltende Unterredungen, nicht ohne hochgestimmte Mo-
    mente trunkener Geständnisse und trockener Heiterkeit.
    In einem späteren Stadium, als es mehr um Rechtsfragen
    ging, gab es bittere Auseinandersetzungen über die Auf-
    teilung von Besitz – besonders bitter bei den Mackenzies,
    die unverhofft zu Wohlstand gekommen waren und ihn
    schnell in schöne, künstlerische Dinge umgesetzt hatten.
    Jeder Perserteppich, jedes abstrakte Gemälde, jedes Fünf-
    zig-Dollar-Kunstbuch war gemeinsam ausgewählt oder, im
    Falle der Bücher, mit liebevollen Widmungen versehen,
    zum Geburtstag oder zu Weihnachten geschenkt worden.
    Eine Ausgabe von Finnegans Wake, die Phyllis Owen zu sei-
    nem fünfundzwanzigsten Geburtstag geschenkt hatte – ein
    großer Band mit geradem Rücken und einem Schutzum-
    schlag, der vorn und hinten gleichermaßen die fünfzehn-
    seitige Liste der Druckfehler zeigte, die Joyce dem Text
    von 1939 beigefügt hatte –, löste einen besonders bitteren
    Streit aus, obwohl beide nicht über die ersten fünf Seiten
    hinausgekommen waren. Sie hatten geglaubt, es sei mathe-
    matischer angelegt, da der Autor einer der wenigen war,
    dessen Geist sich mit dem der großen Mathematiker mes-
    sen konnte, aber der heilige Text war reine Musik, die Mu-
    sik phonetisch falsch geschriebener Rede in einem breiten

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    irischen Akzent, und ganz Europa blitzte in den Wortspie-
    len auf. In der Zeit ihrer Verlobung und in ihrer Ehe hatte
    dieses Buch ihnen als der Inbegriff der Kultur gegolten –
    fanatisch gearbeitet, distanziert wie ein Monolith.
    Bei den Larsons gab es das Problem des Pfarrhauses. Ju-
    lia und die

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