Landleben
Wangen sah, dass da Tränen waren, und
weil es ihm widerstrebte, dass sie sich wegen irgendetwas
372
Vorwürfe machte, sie, die doch so sehr über allem gestan-
den hatte. «Du hast wie immer Recht.»
«Nein, das stimmt nicht, es ist eine Ausflucht, das zu
sagen. Aber das macht zu einem Teil deinen Charme aus,
Owen, dass du nie ganz erwachsen geworden bist. Du warst
so klug, dass du das nicht brauchtest. Du konntest wie ein
Jugendlicher bleiben und trotzdem die Leistungen eines
Erwachsenen erbringen. Bis vor kurzem, sagt Ed.»
Er überging es, dass sie Ed erwähnt hatte. Sie hatte ihn
verärgert, oder er wollte sich ärgern. «Okay. Wenn du es
sagst. Wenn du meinst, wenn du so genau sagen kannst,
wo ein Jugendlicher endet und ein Erwachsener beginnt.
Aber ich versuche, erwachsen zu werden. Ich versuche, aus
dieser Phase, in der wir feststecken, rauszukommen. Dir
und mir zuliebe. Du siehst das nicht, aber dass ich dich
nicht richtig liebe, dass ich stattdessen alle anderen lie-
be, mehr oder weniger, das macht dich fertig, Süße. Du
begreifst das nicht, und es ist zu einfach, um es zu erklä-
ren. »
«Nie», sagte sie zu sich selbst, ließ aber zu, dass Owen es
mithörte, «nie h t
ä te ich dir sa e
g n sollen, dass ich i
d ch o
n ch
nicht liebte.»
«Hat sich das, nebenbei, je geändert? Du hast mir nie
gesagt, dass es
ändert hat.»
sich ge
«Ich habe versucht, es dir zu zeigen.»
Jetzt kamen ihm die Tränen. «Nicht», sagte er mit hei-
serer, kratzender Stimme. «Bringen wir dies hinter uns.
Hier sind die Zahlen, die Halloran haben will. Ich habe
Davis gesagt, er soll fast allem zustimmen, was der ande-
re vorschlägt. Ich werde großzügig sein, das weißt du. Die
Kinder sind fast groß, und die beiden jüngeren kriegen wir
gemeinsam durch. Versuch einfach nicht mehr, mich davon
373
abzubringen. Ich musste dich haben, und jetzt muss ich sie
haben. Dann höre ich auf zu wol e
l n, dann habe ich meinen
Anteil gehabt.»
«Vanessa sagt, Larson bietet ihr dauernd an, dass sie wie-
der zu ih
m kommen kann. Und dass sie sich eine andere
Gemeinde suchen, klar.»
«Vanessa! Ihr würde ich nicht vertrauen, Sie hä te
t
als
Mann zur Welt kommen sollen. Sie will alles regeln.»
«Sie lebt in der Wirklichkeit, so wie du und ich es nie
getan haben. Soll ich dir sagen, was ich von Julia denke?
Sie erinnert mich an meine Mutter», sagte Phyllis, von
einer Frau zur anderen springend. Ihre Wangenknochen
brannten. «Die Frau des Professors, die Frau des Geistli-
chen, alles nach außen hin. Es kränkt mich, ehrlich gesagt,
intellektuell, dass du das nicht siehst.»
«Ich sehe eine Menge», sagte er, erleichtert, dass sie
wieder bei der Auseinandersetzung waren. «Aber das Se-
hen kann zur Lähmung führen, wenn du das zulässt. Bitte,
Phyllis. Es geht um jetzt oder nie. Du bist noch jung ge-
nug, noch gesund und immer noch herrlich –»
«Du bist der Einzige, der mich herrlich gefunden hat.
Jake Lowenthal hat mich für eine steife angelsächsisch-
protestantische Bohnenstange gehalten. Er hat mich aus-
gelacht – wegen meiner Dis
z
tan iertheit, meiner Hemmun-
gen.»
«Lass uns jetzt nicht über Jake Lowenthal nachden-
ken.»
«Jung genug, um mir einen neuen Mann einzufangen,
wolltest du das sagen? Wen? Wen in dieser klaustropho-
bischen Stadt? Ed? Er wiegt inzwischen bestimmt 300
Pfund. Er braucht keine Frau. Stacey hat mir das erzählt.
Er will einfach nur essen und an seinen Maschinen sitzen
374
und Geld verdienen. Sie konnte ihn nur für Sex interessie-
ren, wenn –»
«Sag’s mir nicht. Ich will’s nicht wissen. Okay, Ed also
nicht. Kein anderer, wenn du das lieber möchtest. Ich kann
den Rest deines Lebens nicht für dich leben. Ich versuche
einfach, meines zu leben –»
«Deins, immer du, du — hör es dir an, das Einzelkind!
Es gibt in der Welt noch andere Menschen außer dir. Zum
Beispiel mich und die Kinder. Nein, Owen! Ich will das al-
les nicht, ich will es einfach nicht. Es fühlt sich nicht richtig
an. Ich will nicht, dass du dich zum Idioten machst mit die-
ser kleinen Schwindlerin, mit diesem niedlichen kleinen
Doppelkinn, unter dem du ihr bestimmt gern – was haben
doch die Leute im Mittelalter gern gemacht? – einen klei-
nen Stups gibst.» Ihr Vater mit seiner altertümlichen Ge-
lehrsamkeit wollte von den Toten auferstehen und durch
ihren Mund sprechen . Sie standen bis zu e
d n Hüften
Weitere Kostenlose Bücher