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Landleben

Landleben

Titel: Landleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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Häuser schmale seitliche Gärten und
    terrassierte Vorgärten hatten, und ging nach drei Querstra-
    ßen in das Geschäftszentrum von Willow über: das Kino,
    die Sparkasse, der Fahrradladen, und an den fünf Ecken,
    wo die Straße die Alton Pike kreuzte, waren Eberly’s Drug-
    store, die lutherische Kirche, das Beerdigungsinstitut Hess,
    die Gemeindeverwaltung mit ihrer kleinen Grünanlage
    und Leinbach’s Oyster House, ein Restaurant im Erdge-
    schoss eines alten Sandsteingebäudes in den Räumen des
    einstigen Gasthauses, das The Willow geheißen hatte. Je-
    des Mal wurde Owen leichter ums Herz, und das Gewicht
    fiel von seinen Beinen, wenn er und seine Eltern ins Zen-
    trum kamen, durch das er an jedem Schultag ging und das
    er, sechzig Jahre später, Geschäft für Geschäft und Haus
    für a
    H us vor seinem geistigen Auge wieder aufleben lassen
    konnte.
    Auf diesem Spaziergang zum Cedar Top, sie waren ge-
    rade an dem verlassenen Eisstand vorbeigekommen, ge-
    schah es eines Tages, dass Owen im Kies am Straßenrand
    etwas milchig Weißes bemerkte, das wie ein erschlaffter
    Luftballon aussah; es hatte das glänzende Äußere eines
    Spielzeugs. Er bückte sich, um es näher zu betrachten, und
    seine Mutter, die hinter ihm und über ihm war, sagte mit
    der Stimme, die sie nur in Momenten äußerster
    i
    Dr nglich-
    keit benutzte: «Fass das nicht an!»
    Worin mochte die Gefahr liegen? Es war nichts Leben-
    diges, aber ihre Stimme klang so, als wäre es das. «Was ist
    das?», fragte er.
    «Es ist ekelbä», sagte sie.
    «Ekelbä» war ein erfundenes Wort, ein privates Wort,
    das Owen geprägt hatte, als er noch nicht alles aussprechen

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    konnte und ohne Absicht Wörter erfand wie «Orasaf» für
    «Orangensaft» und «Nana» für «Banane». «Ekelbä» bezog
    sich auf Essen, das er nicht mochte und das ihm zu schlei-
    mig oder undefinierbar war, oder so glibberig, dass er es
    nicht runterschlucken konnte. Er musste «eklig» im Sinn
    gehabt haben, vermischt mit «bäbä»; das Wort war geblie-
    ben, als beschriebe es eine Wirklichkeit, die von der Zun-
    ge nicht mit einem richtigen Wort berührt werden konnte.
    Frischer Vogeldreck auf dem Rand des steinernen Vogelbe-
    ckens und Regenwürmer, die beim Überqueren des heißen
    Gehwegs vertrocknet waren, waren ebenfalls ekelbä.
    «Wofür war das?», fragte er, und mit der Vergangenheits-
    form zeigte er, dass er es als etwas Weggeworfenes erkannt
    hatte, dessen g
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    r
    de Benutzung
    vergangen war.
    Beide Eltern schwiegen, als sie zu dritt weitergingen
    und das faszinierende Gummiding am kiesigen Straßen-
    rand hinter sich ließen. Anders als andere Eltern hielten
    sie es für falsch, die Fragen eines Kindes unbeantwortet
    zu lassen. Er spürte förmlich, wie Schuldgefühle an ihnen
    nagten.
    «Es war für die Reinlichkeit, Owen», sagte sein Vater
    schließlich. «Wie ein Kleenextuch.»
    «Es war ein Storch-Stopper», fügte seine Mutter hinzu,
    jetzt mit besser gelaunter Stimme, in der etwas mädchen-
    haft Verschwörerisches mitschwang. Er spürte, wie seine
    Eltern hinter ihm in ihrem geheimen Wissen näher zusam-
    menrückten. Normalerweise waren es er und seine Mutter,
    die Geheimnisse hatten, in all den Stunden, in denen sein
    Vater bei der Arbeit war. Das Unglücklichsein seiner Mut-
    ter war das Hauptgeheimnis, auch wenn er das, was genau
    sie unglücklich machte, nicht recht erraten konnte. Toch-
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    ter, Ehefrau und Mutter zu sein, alles im selben Haus, war
    anstrengend, soviel sagte sie ihm, obwohl er nicht wusste,
    warum das so sein sollte. Er selbst war Sohn und Enkel,
    Klassenkamerad und Spielkamerad, alles in einem, und
    hätte mit Leichtigkeit der Bruder von jemandem sein kön-
    nen. Es war, als reichte schon die Tatsache, eine Frau zu
    sein, um unglücklich zu sein. Es gab Tage, an denen seine
    Mutter mit geschlossenen Augen zu Bett ging; es machte
    ihm Angst, wenn sie so war, und er hielt i
    s ch von ihr fern.
    Es gab Tage, da sagte ihr ganzes Wesen: Fass mich nicht an.
    Owens kleines Zimmer war neben dem Elternschlafzim-
    mer, und ihre Gespräche sickerten unüberhörbar in seine
    Ohren – die heftigen Stöße und Gegenstöße eines Streits,
    das Seufzen und Stöhnen vor Müdigkeit am Abend, das
    spielerische Geplauder, mit dem der Tag begann. Es mach-
    te ihn glücklich, dass sie ihn mehr liebte als seinen Vater,
    aber er wollte, dass es zwischen den beiden Erwachsenen
    freundlich und behaglich zuging,

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