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Landleben

Landleben

Titel: Landleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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um ihrem Fortschreiten be-
    sä
    e
    nftig nd entgegenzuwirken.
    «Wo ist
    b du nur, Süße?», ruft er.
    «Hier, Liebling», antwortet sie aus einem weit entle-
    genen Zimmer, aber seines nachlassenden Gehörs wegen
    kann er nicht sagen, ob sie oben oder unten ist.
    «Wo ist hier?», ruft er, zunehmend irritiert.
    Auch ihr Gehör ist nicht mehr das, was es einmal war,
    und das Gleiche gilt für ihr Bedürfnis, ihm zu antworten.
    Sie verstummt, wie ein Autoradio in einem Tunnel. Was für
    ein Kind sie doch ist, denkt er bei sich, dass sie glaubt, «hier»
    erkläre alles, als wäre sie der Mittelpunkt des Universums. Wie
    erstaunlich egoistisch!
    Andererseits – wäre sie nicht egoistisch gewesen, hätte
    sie ihm nicht das geben können, was er sich zu der Zeit,
    als sie sich kennen lernten, so sehr ersehnte: einen neuen
    Mittelpunkt für sein Leben. Die Eigenliebe im anderen zu
    entdecken war ihrer beider point de départ gewesen. Seine
    erste Frau war vergleichsweise selbstlos gewesen, als wäre
    ihr Selbst etwas, das sie gedankenverloren in einem a

    nde-
    ren

    Zimmer hatte liegen lassen, wie eine Lesebrille.
    Vielleicht ist Julia in ihren Flip-Flops nach draußen ge-
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    wandert. Sie ist gern draußen, wo das Wetter ist und der
    Verkehr. Im Sommer wandert sie hinaus in ihren Garten,
    fängt an, Unkraut zu jäten, im Nachthemd, sodass der Saum
    feucht wird vom Morgentau und ihre Flip-Flops schmutzig.
    Owen muss nach unten gehen, im Schlafanzug, um eine
    Reaktion zu bekommen. Er watschelt sogar mit bloßen Fü-
    ßen nach draußen, auf die asphaltierte Einfahrt, die am frü-
    hen Morgen noch nicht heiß genug ist, um ihm die Füße zu
    versengen. In den zwei Jahrzehnten, seit sie hier wohnen,
    ist Owen bei dem einen oder anderen kleinen Notfall (eine
    nicht geschlossene Autotür, sodass die Innenbeleuchtung
    langsam den Saft der Batterie verschlang, oder eine Zei-
    tung, sorglos ins Gebüsch geworfen, als der Zusteller im
    Dunkel vor der Morgendämmerung rasend die Runde
    drehte, oder ein Gartenschlauch, versehentlich nicht abge-
    dreht, als sie zu Bett gingen, sodass sein Plätschern in ih-
    rem Schlafzimmer hörbar war wie ein murmelndes Herz) –,
    ist er bei unterschiedlichstem Wetter barfuß hinaus auf den
    Asphalt getreten, sogar bei zentimeterhohem Neuschnee,
    und stellte fest, dass ein paar Schritte lang fast alles zu er-
    tragen war, dass Schnee und Hitze den abgestumpften,
    meist von Schuhen fest umschlossenen Ner e
    v n einen kräf-
    tigenden, elementaren Schock versetzten.
    Er möchte ihr seinen Traum erzählen. Er erwacht öfter
    mit einem solchen Wunsch, obwohl Julia schon seit langem
    beträchtlichen Mangel an Interesse für seine nächtliche
    Gehirnaktivität bekundet. Wichtig ist, dass man es gleich
    in den ersten Minuten nach dem Erwachen tut, bevor das
    zarte Traumgebilde vom Gewicht der stumpfsinnigen Rea-
    lität zerdrückt wird.
    In der Nacht hat er geträumt, dass er auf dem Rasen an
    der dem Meer zugewandten Seite ihres weißen Hauses

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    stand und ihr nachsah, wie sie mit ihrem schwarzen BMW
    davonfuhr, zu einer ihrer unzähligen Besorgungen oder
    Fluchten nach Boston. Er sah ihr Auto vorbeirauschen,
    glänzend wie Lackleder, und unmittelbar dahinter seinen
    schäbigen maronenbraunen Mitsubishi, der nicht von ihm
    gefahren wurde, sondern wieder von Julia – das blasse Pro-
    fil besorgt. Auch seine erste Frau, Phyllis, hatte, wenn sie
    am Steuer saß, den Kopf in dieser angespannten auffälligen
    Art gehalten, leicht zurückgeneigt, als erwartete sie jeden
    Moment, dass der Motor explodierte.
    In seinem Traum sah er nichts Befremdliches in der
    verdoppelten Julia, aber er empfand die Geschwindigkeit,
    mit der sie fuhr, als kopflos und gefährlich. Langsam, Liebling, fahr langsam. Jetzt kamen mehrere Autos die Auffahrt herauf, die zu schmal war, als dass zwei Autos aneinander
    vorbeifahren konnten. Um diese Schwierigkeit zu bewälti-
    gen, veranstalteten die Männer, die am Steuer saßen, un-
    gewöhnliche Manöver – ein Volkswagen-Käfer, dieses le-
    gendäre und berüchtigt unsichere Sechziger-Jahre-Gefährt
    der Gegenkultur-Rebellion und augenfälligen Sparsam-
    keit, fuhr rückwärts von der Auffahrt auf eine mit Gras be-
    wachsene Rampe, die Owen noch nie bemerkt hatte. Ein
    anderes Vehikel zog einen klappernden Anhänger, und ihm
    wurde klar: Diese Männer waren sein wöchentliches Rasen-
    team. Doch so einfach war es nicht, denn als er wieder ins
    Haus kam, saß eine Familie von

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