Landleben
damit sie ihn nach einem
seiner Albträume trösten konnten und ihn zu sich nahmen,
in die warme Lücke zwischen sich in ihrem Bett.
Als er heranwuchs, entdeckte er noch weitere Orte in
Willow, wo die Sünde ihren Schatten warf, einen, der nicht
wegglitt wie die meisten anderen Schatten, sondern etwas
Klebriges, Stechendes hatte. Oben auf dem Geräteschup-
pen des Spielplatzes war ein dreieckiger Platz unter dem
Pavillondach, in den man sich nur hineinschwingen konn-
te, wenn man hochsprang, einen Querbalken umfasste und
die Füße hinaufschwang, wobei man eine Sekunde lang
gefährlich in der Luft baumelte, und dann den Körper
oben auf den Schuppen stemmte. Als Owens Augen sich
angepasst hatten, sah er, dass da noch andere, nie über-
malte Zeichnungen waren, mit Botschaften und Behaup-
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tungen, die sich auf Mädchen und Jungen bezogen, die
zu alt waren, als dass er sie hätte kennen können. Ginger
Bitting kletterte manchmal nach dem Spielen hier herauf,
und es war angenehm, sich auszustrecken und sich vorzu-
stellen, sie läge neben ihm – ihr drahtiger, energiegelade-
ner, furchtloser Körper –, und an den gerippten Planken
entlang zu dem Schotterfußboden des Pavillons hinunter-
zublicken, wo eine verlorene Markierungskugel oder ein
roter Spielstein wie ein Geheimnis neben einem der stäm-
migen Bockbeine der Tische lag.
Nach der siebten Klasse ging Owen von der Grund-
schule ab und kam auf die Highschool eine halbe Meile
die Pike entlang in Richtung Alton. Obwohl Mädchen und
Jungen jede Tür benutzen und das Schulgelände ohne die
auf dem Schulhof der Grundschule erzwungene Trennung
nach Geschlechtern betreten durften, hing ein Hauch von
Skandal an den unteren Fenstern der Highschool, die – un-
ter dem Klassenzimmer an der Ecke – nach Alton hinaus-
gingen. Das waren die Fenster des Umkleideraums der
Mädchen: Sie waren mit Maschendraht bespannt und in-
nen schwarz angemalt. Doch in der inzwischen alten Farbe
waren Risse entstanden, und mysteriöserweise waren von
drinnen Löcher hineingekratzt worden. Obwohl es kein ge-
schriebenes Verbot gab, scheuchten die Lehrer die Jungen
von diesen Fenstern fort, und auf dem Platz davor mit sei-
nem gemähten Rasen und dem schmalen Weg lagerte sich
eine so kräftige Patina von angeblich erhaschten Blicken
und entschlossenem Spionieren ab, dass Owen mit einer
Erinnerung ins Erwachsenenleben ging, die so leuchtend
war wie ein Serail von Ingres, von nackten Mädchen, aus
einem Winkel erspäht, an asbestbeschichteten Rohrleitun-
gen im Vordergrund und den staubigen grünen Oberseiten
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der metallenen Schließfächer vorbei – Mädchen mit schim-
mernden Schultern und vom Duschen nassen Hüften, Bar-
bara Emerich und Alice Stottlemeyer und Babs Dolinski
und Grace Bickta, aber aus irgendeinem Grund nicht Gin-
ger Bitting, Mädchen, mit denen er aufgewachsen war, die
sich langsam in ihrer aufblühenden Nacktheit bewegten,
selbstvergessen, wie unter Wasser.
Obwohl seine Mutter, eine große Verehrerin der Natur,
auf ihrem Weg zum Badezimmer und zurück oft nackt ging
und, als er noch klein war, oft mit ihm zusammen badete,
hatte Owen erstaunlich geringe Vorstellungen davon, wie
der Körper einer Frau aussah, als schirmte sie, weil sie sei-
ne Mutter war, ein dichter Schleier ab. Nur Frauen seiner
eigenen Generation konnte er sehen, und nur sie konnten
ihn anleiten. Einmal, als Owen sich, nachdem Miss Mull
nach Hause gegangen war, auf dem vom Spätsommer ver-
brannten Gras des Spielfelds mit Doris Shanahan balgte,
einem wilden Mädchen mit kantigem Gesicht aus der ach-
ten Klasse des B-Strangs, die pfeifend auf ihrem Fahrrad
fuhr und gern mit Jungen Bälle in die Körbe versenkte,
sah er in ihre Shorts hinein, als sie triumphierend über ihm
stand, die Beine über seinem Gesicht gespreizt, und er sah,
dank ihrer lose sitzenden Unterhose, ein paar geringelte
schwarze Haare: Es war, als hätte er noch nie Schamhaar
gesehen. Er selbst hatte noch keins. Dass er das von Do-
ris gesehen hatte, war eine Sünde, das wusste er, aber es
machte ihn glücklich, und es war wirklich. Es war Wissen,
und Wissen, darin waren sich alle Älteren in Willow einig,
war ein wichtiges Gut.
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lll Ehemann
Wenn Owen aufwacht und entdeckt, dass Julia nicht mehr
im Bett ist, macht er sich auf die Suche nach ihr, und beide
führen eine halb-komische Szene auf, in der sie bewusst
mit der Senilität flirten – wie
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