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Landleben

Landleben

Titel: Landleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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sein Gesicht beabsichtigt hatte. Ebenso wie Buddy war
    Ed drei, vier Zentimeter größer als Owen, doch anders als
    Buddy war er jünger, gerade um so viel jünger, dass er ver-
    trauter war mit Maschinen, die den Menschen beim Den-
    ken halfen – Tausende von winzigen Gedanken, oder Bit-
    Transaktionen, in der Sekunde. Owen erschien es wie ein
    Wunder, Ed nahm es als Tatsache hin.
    «Was schlägst du also vor? Dass wir die besseren Ärsche
    werden?»
    «Du hast es erfasst. Kluger Junge. Vertraglich vereinbar-
    ter Programmierungs- und Beratungs-Service. IBM saugt
    uns das Blut aus, und irgendwann in den nächsten Jahren
    geht der Laden den Bach runter. Die Firma ist einfach zu
    groß. Kleiner ist besser, beweglicher. Die Hardware wird
    exponentiell kleiner. Niedrige Gemeinkosten – das ist der
    einzige Weg, Schritt zu halten und die jeweils nächsten
    möglichen Schritte zu erkennen. Man muss das Unterneh-
    men da aufziehen, wo die Kosten niedrig sind, und dann
    sehen, was sich entwickelt.»
    «Wo sind die Kosten niedrig?»
    «Jenseits des Computer-Gürtels. Hinter Stanford. Hin-
    ter New Haven sogar. Im tiefen Connecticut.»
    «Und wer soll das machen, Ed? Du und ich?»
    Ed war nicht verheiratet. Er war von jener geschlechts-
    losen Aura umgeben, die den wahren Computer-Fan aus-
    zeichnete: schlechte Luft, chinesisches Essen in Papp-
    schachteln, Schokoriegel und um zwei Uhr früh Coca-Cola.
    Seine Haut war schwitzig, er hatte zwanzig Pfund Über-
    gewicht, der Button-down-Kragen seines Hemds bauschte
    sich um den Knoten seiner schief sitzenden, fleckigen Kra-
    watte. Seine Zähne, künstlich wirkende Hauer, säuberte er

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    mit dem Zeigefinger, der Zunge, wobei er wie ein Schim-
    panse die Oberlippe zurückzog. Er sagte: «Warum nicht?
    Deine Frau hat wieder eins in der Röhre. Du hast mir erst
    gestern erzählt, dass du keine Wohnung finden kannst, die
    Phyllis gefällt und die du bezahlen kannst.»
    Owen begriff, dass ihm ein Antrag gemacht wurde. Ir-
    gendwie war er begehrenswerter geworden seit dem Nach-
    mittag, als Buddy Rourke über sein liebevoll aufgebautes
    Monopoly-Spiel gespottet hatte. «Ed, ich bin nicht aus der
    Stadt wie du. Ich komme aus der tiefen Provinz, und ich will
    da nicht wieder hin. Überall Fliegen, Schmutz – Jesus Chris-
    tus! Man verblödet da.» Er zögerte, brauchte mehr Zeit. Er
    dachte an Elsie, an den Abend in dem Waldstück ihres Va-
    ters, an ihren seidigen, geschmeidigen, von einem sexuellen
    Willen beseelten Körper, an die kriechenden Lebewesen,
    die um sie herum riefen und raschelten. Die tiefe Provinz
    hatte ihre eigenen Aufregungen. «Phyllis und ich», gestand
    Owen, «ha en
    b
    schon an die Suburbs gedacht. Entweder
    Westchester oder New Jersey, nördlich von Paterson.»
    «Gott, das wollt ihr doch nicht wirklich. Das ist alles der
    gleiche Scheiß wie hier, nur ohne die gelben Taxis und den
    Jazz im Village – der gleiche Großstadtärger plus ein winzi-
    ger Garten hinterm Haus und zweimal am Tag eine Stun-
    de auf der Bahn. Und genauso teuer, alles in allem. Teurer
    sogar, wenn du die seelischen Kosten rechnest: Am Ende
    machst du dir selbst was vor, dass die Nachbarn alle so nett
    zueinander sind, um Gottes willen. Und alles in Serie – ver-
    schone mich. Verschone uns alle. Hör zu, ich kenne Phyl
    nicht so gut, aber ich hab den Eindruck, dass ihr das üb-
    liche Konkurrenzgerangel scheißegal ist. Sie ist ein freier
    Geist, so sehe ich das. Sie muss den Kopf hochhalten kön-
    nen, und sie muss mit den Kindern aus diesen versifften

    167
    Wohnungen raus. Und was dich betrifft, stell dir selbst die
    Frage: Wie sehr liegt dir daran, für den Rest deines Lebens
    Ablaufdiagramme von Reservierungssystemen für T m
    o my
    Watson Junior zu machen?»
    «IBM behandelt uns gut, Ed. Letztes Jahr habe ich drei-
    mal so viel verdient wie mein Vater in seinem besten Jahr,
    und das war während

    des
    e
    Kri ges, inklusive Nebenarbei-
    ten.»
    «O., du bist tatsächlich aus der tiefsten P ovinz.
    r

    u
    D
    denkst zu klein.»
    «Du redest wie Phyllis.» Owen musste lachen, weil er so
    heftig, so leidenschaftlich bedrängt wurde. «Aber sie mag
    die Stadt. Wir mögen sie beide.»
    Ed lächelte und zeigte seine großen Zähne. Er witterte
    die veränderte Stimmung. Es war die Stimmung dessen,
    der nur noch darauf wartet, endgültig überzeugt zu wer-
    den. «Im Ernst? Was mögt ihr daran?»
    «Die Museen. Die Konzerte. Die Restaurants.»
    «Wie oft geht ihr denn?»
    «So gut

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