Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Landleben

Landleben

Titel: Landleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
Vom Netzwerk:
sperrig und schwerfällig sie
    auch im Nachhinein schienen, nachdem ihr Umfang durch
    Chip-Miniaturisierung reduziert worden war und Pro-
    grammsprachen umgänglichere Konversationspartner aus
    ihnen gemacht hatten. Es gab immer noch viele Schalter,
    die man bedienen musste, und viele blinkende Lichter an
    den Armaturen. Owen fing an, sich an der Verfeinerung und
    der Erfindung von Programmen zu beteiligen – langweilige
    Zeilen von Assembler-Code, die, sobald ein Fehler auftrat,
    auf Speicherausdrucken Zeichen für Zeichen geprüft wer-
    den mussten, was die Augen anstrengte und den Verstand
    benebelte. Er bewies genügend Sachverstand, dass er auf-
    gefordert wurde, sich, nunmehr im Offiziersrang, erneut
    zu verpflichten und dadurch zu helfen, die verbissenen So-
    wjets in Schach zu halten, die in der Computertechnologie
    weit hinterherhinkten.
    Aber Phyllis war das Leben beim Militär zuwider, sowohl
    die unpazifistische Seite als auch die khakibraune tägliche
    Realität. «Der kleinste gemeinsame Nenner bestimmt»,
    sagte sie. «Und die Ehefrauen – so vulgär, nichts im Sinn
    als ihr kleines Nest, und Sex ist alles, was sie zu bieten ha-
    ben.» Owen fand dieses Angebot gar nicht so mager, aber
    er sagte nichts. Er respektierte die Meinungen seiner Frau.
    Als er davon sprach, sich erneut zu verpflichten, wollte er
    nur ihre Reaktion prüfen; ihre blassen Wangen färbten
    sich rosa, als sie mit großem Ernst ihre Argumente vortrug.
    Zwar erweckte sie nie den Eindruck, dass sie ihn genau
    beobachtete, doch konnte sie in seine Psyche eindringen.
    «Denk bloß nicht wie dein Vater, entscheide dich nicht für

    161
    Sicherheit», bat sie ihn. «Er glaubte, die Textilfabriken bö-
    ten Sicherheit, und sieh dir an, was mit denen passiert ist.
    Es gibt keine Sicherheit. Amerika ist das Bollwerk des Ka-
    pitalismus, darum geht es doch die ganze Zeit, oder? Wenn
    Computer halb so wunderbar sind, wie du glaubst, dann
    werden sie große Vermögen einbringen, und du bist von
    Anfang an mit dabei.»
    Er wusste, sie hatte, wie immer, Recht, aber er war zu-
    gleich ein wenig gekränkt, als ihm klar wurde, dass sie sich
    nicht zu schade dafür war, an ihre materielle Lage zu den-
    ken. Sie wollte, dass er Geld verdiente, wenn nicht für sie,
    dann doch für ihre Kinder. Sie wollte aus der Militärunter-
    kunft aus- und in eine Wohnung einziehen, wo sie ganz für
    sich waren. Die Schwangerschaften hatten Phyllis runder
    gemacht; ihr Gesicht, nach wie vor eine zarte Silberstift-
    zeichnung, saß auf einem breiteren Sockel, und ihr Nacht-
    hemd fiel in geraden dorischen Falten von ihren milchvol-
    len Brüsten.
    Sie hatte Recht: Was er bei SAGE gelernt hatte, führte,
    als er bei IBM in der Madison Avenue in New York City
    eine Stelle annahm, wie von selbst zur Arbeit an dem,
    was später als SABRE bekannt wurde, dem landesweiten
    computerisierten Reservierungssystem, das zusammen
    mit American Airways entwickelt wurde. Es war die größ-
    te zivile Umstellung auf Computer, die je unternommen
    wurde, sie erforderte eine Million Zeilen Programmcode,
    zweihundert Computertechniker, zehntausend Meilen von
    gepachteten Telekommunikationsleitungen und tausend
    Bediener an Desktop-Terminals, die an zwei Großrechner
    des Typs IBM 7090 in Briarcliff Manor, nördlich von New
    York, angeschlossen waren. Einer der Computer arbeitete,
    der andere stand zur Reserve bereit, für den Fall, dass der

    162
    erste abstürzte. Ein winziger Bruchteil von diesen eine Mil-
    lion Zeilen war Owens Schöpfung; denn dank ihm leiteten
    die UND- und ODER-Gabelungen und das WENN . .
    DANN-Gatter Flugnummern, Abkürzungen für Flugter-
    minals, Preise und einzelne Sitzplätze in die richtigen elek-
    tronischen Slots. Seine angeborene schottische Sparsam-
    keit wurde zu einer Leidenschaft in Sachen elektronischer
    Ökonomie – bei Umformulierungen, die ein kompliziertes
    Unterprogramm oder eine überflüssige Schleife umgingen
    und einen winzigen Schnipsel Zeit sparten, was er deutlich
    spürte, wenn der Monitor, g
    h
    leic einem Boxer am Rande
    der Erschöpfung, auf die gedrückten Tasten reagierte.
    Phyllis konnte in der freien Stunde am Abend, wenn
    die beiden Kinder endlich schliefen und das Geschirr vom
    Abendessen in der Spülmaschine sang, seinen Erklärungen
    folgen, obwohl dies nicht ihre Art von Mathematik war,
    diese Elektronen, die in den algorithmischen Schaltkrei-
    sen kreisten, so wie Pferde um einen Mühlstein herum-
    trotten, und manchmal

Weitere Kostenlose Bücher