Landleben
wie nie. Babysitter sind ein echtes Problem. Und
wir sind immer groggy.»
«Also, was zögerst du dann noch? Da sind Millionen zu
verdienen, O. Großes Geld, schnelles Geld, wenn man ein
bisschen Initiative zeigt. Ein bisschen Phantasie. Denke –
das sagen sie uns doch die ganze Zeit. Denk außerhalb des
üblichen Rahmens.»
«Ed, bitte. Noch haben wir die Millionen nicht. Man
braucht Geld, um ein Unternehmen aufzuziehen. Wie sol-
len wir programmieren, wenn wir uns keinen Computer
leisten können?»
Diese Frage gefiel Ed: Er hatte schon darüber nachge-
dacht. «Du brauchst keinen, du kannst den Rechner des
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Kunden benutzen oder Computerzeit in einem Service-
büro mieten. Das Einzige, was du brauchst, ist ein Codier-
blatt und ein Bleistift: Das sagt mir zumindest ein Typ, den
ich kenne; er hat früher hier bei IBM an den wissenschaft-
lichen Programmen gearbeitet. Jetzt ist er bei CUC, der
Computer Usage Company, unten in der Stadt. Sie haben
vor fünf Jahren bei einem von ihnen in der Wohnung an-
gefangen, bei absolut null, und jetzt sind sie gerade an die
Börse gegangen, mit einhundertsechsundachtzig Mille netto. Sie haben sich ihren eigenen Computer gekauft. Elektronisches Datenmanagement, darum dreht sich alles. Wer
braucht schon Sex, wenn man Software haben kann?»
«Ed, du haust mich um.» In seiner Aufregung und Ner-
vosität angesichts der Ausblicke, die sich da vor ihm aufta-
ten, hatte Owen zu viel gegessen und sich zum Nachtisch
ein Stück Pekannuss-Pie bestellt, das er gar nicht wollte.
Er war siebenundzwanzig Jahre alt, und was er aß, hinter-
ließ Spuren in Form eines kleinen Bäuchleins. «Ich erzähle
Phyllis, was du gesagt hast. In einem hast du Recht: Wir
müssen was tun, denn mit dem neuen habe ich dann drei
Kinder unter vier. Aber wo liegt für dich die Attraktion? Du
bist Junggeselle, die Stadt ist wie geschaffen für dich. Du
bist von hier.»
«Nicht so richtig. In der Bronx gibt es mehr Natur, als die
Leute ahnen. Der Botanische Garten, Pelham Bay Park.
Ich angle gern, ich wandere gern. Manhattan frisst dich auf
Es ist so verdammt voll von nervösen, ehrgeizigen Frauen.
Meine Mutter war anders. Sie war einfach nur so, wie ich
mir deine auch vorstelle, zufrieden, immer beim Erbsenpa-
len, vor
h
sic eine gelbe Schüssel mit einem blauen Streifen
ringsrum.»
Das war nicht unbedingt das Bild, das Owen, wenn er
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zurückblickte, von seiner Mutter hatte. Die meiste Kü-
chenarbeit hatte Grammy gemacht, bis sie bettlägerig
wurde. Und im Gegensatz zu Ed hatte er schon seine Frau
gewählt, die sich von seiner Mutter so weit wie möglich un-
terschied, außer dass beide Frauen einen kleinen Geruch
der Unzufriedenheit ausströmten. Er fühlte sich wohl bei
diesem Geruch, er bestätigte seinen ersten Gedanken über
das Leben, dass er nämlich Glück gehabt hatte, als Junge
zur Welt
gekommen zu sein. MIT und B
I M hatten diese
Einsicht durch nichts widerlegt.
Als er Phyllis das Gespräch beschrieb, schien sie nicht
abgeneigt. Sie war im siebten Monat schwanger, und wenn
sie sich in der Wohnung zwischen den beiden Zimmern hin
und her bewegte, mit Abstechern in die Küche und ins Ba-
dezimmer, tat sie es würdevoll, eine Spur zurückgeneigt,
und ihr lieblicher langer Hals hielt ihren Kopf hoch, wie Ed
bemerkt hatte. Wann hatte Ed das bemerkt? Sie hatten ihn
ein- oder zweimal zum Essen eingeladen, und er hatte sich
mit drei Karten für Camelot mit Julie Andrews revanchiert.
«Er könnte Recht haben», sagte sie. «Du solltest deiner
Kreativität eine Chance geben.»
«Welcher Kreativität?»
Er hatte sich ihr in Mathematik immer unterlegen ge-
fühlt, erdgebunden, relativ unklar im Denken, obwohl er
am MIT recht gut abgeschnitten und bei IBM zuverlässig
Gehaltserhöhungen bekommen hatte, selbst als die Kos-
ten für die riesige, riskante neue Produktpalette stiegen.
Er bedauerte es und war in einem Winkel seines Herzens
zugleich erleichtert, dass sie ihre Doktorarbeit zu dem Sta-
pel alter Symphoniekonzertprogramme und Zeugnisse der
Buckingham, Browne & Nichols-Schule gelegt hatte – nie-
mand will eine Frau, die klüger ist als man selbst. «Du hast
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etwas Künstlerisches», sagte sie und errötete bei der un-
gewohnten Übung, ihren Mann zu bewerten. «Du schlen-
derst gern durch die oberen Räume des Metropolitan Mu-
seum und drüben durchs Modern Art.»
Ihr dünnhäutiges Gesicht, dessen Fleisch die
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