Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Landleben

Landleben

Titel: Landleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
Vom Netzwerk:
Schaltkreisen aus meilen-
langen Telefonkabeln der Berechnung von Raketenflug-
bahnen dienten und, verbunden mit Radaranlagen, den          ersten Anfängen der Luftraumkontrolle. In seiner Abwe-
senheit wurde sie im Mt. Auburn Hospital von dem acht
Pfund schweren Gregory entbunden – Owen war in Fort
Benning in Georgia stationiert. Iris, sieben Pfund schwer,
wurde geboren, nachdem Phyllis zu ihm nach Deutschland
gekommen war, wo er in einer Militärunterkunft außerhalb
von Frankfurt wohnte. Unglücklicherweise musste Owen
in der gleichen Woche, gegen Ende seiner Dienstzeit, auf
einer geheimen Raketenbasis in der Türkei eine Fehler-
quelle beseitigen, sodass er auch bei dieser Geburt nicht
dabei sein konnte.
    Inzwischen hatten die Russen Langstreckenflugzeuge
entwickelt, mit denen sie eine Atombombe über den Nord-
pol bringen konnten, und die koordinierte Luftraumvertei-
digung hatte oberste Priorität und den Status höchster Ge-
heimhaltung erlangt. Whirlwind arbeitete jetzt, nachdem
ihm ein Magnetkernspeicher eingebaut worden war, mit
Echtzeitgeschwindigkeit und war der Prototyp, die grund-
legende Hardware seines Studiums am MIT, für die von
IBM als AN/FSQ-7 gebauten und in über das ganze Land
verteilten Kontrollzentren als Bestandteil des SAGE-Pro-
gramms, des Semi-Automatic Ground Environment, instal-
lierten Rechner. Mit neunundvierzigtausend Vakuumröh-
ren und einem Gewicht von zweihundertfünfzig Tonnen
waren diese elektronischen Dinosaurier in hässlichen vier-
stöckigen Betonblocks untergebracht; sie wurden mit Da-
ten aus einem weltweiten Beobachtungsnetz gespeist, das
von den Streitkräften der USA unterhalten wurde; Owen,
an die Air Force ausgeliehen, wurde als einer von Hunder-
ten technologisch ausgebildeter Militärs vor blinkenden
Kathodenstrahlröhren stationiert und musste die Leucht-
flecke entziffern. Falsch verstandene Flecke oder falsch eingespeister Input konnte katastrophale Folgen haben auf
das heikel austarierte Überwachungsspiel, aber Owen war
beeindruckt, ja, gerührt von der grundsätzlichen Zuverläs-
sigkeit dieser Maschinen, so sperrig und schwerfällig sie
auch im Nachhinein schienen, nachdem ihr Umfang durch
Chip-Miniaturisierung reduziert worden war und Pro-
grammsprachen umgänglichere Konversationspartner aus
ihnen gemacht hatten. Es gab immer noch viele Schalter,
die man bedienen musste, und viele blinkende Lichter an
den Armaturen. Owen fing an, sich an der Verfeinerung und
der Erfindung von Programmen zu beteiligen – langweilige
Zeilen von Assembler-Code, die, sobald ein Fehler auftrat,
auf Speicherausdrucken Zeichen für Zeichen geprüft wer-
den mussten, was die Augen anstrengte und den Verstand
benebelte. Er bewies genügend Sachverstand, dass er auf-
gefordert wurde, sich, nunmehr im Offiziersrang, erneut
zu verpflichten und dadurch zu helfen, die verbissenen So-
wjets in Schach zu halten, die in der Computertechnologie
weit hinterherhinkten.
    Aber Phyllis war das Leben beim Militär zuwider, sowohl
die unpazifistische Seite als auch die khakibraune tägliche
Realität. «Der kleinste gemeinsame Nenner bestimmt»,
sagte sie. «Und die Ehefrauen – so vulgär, nichts im Sinn
als ihr kleines Nest, und Sex ist alles, was sie zu bieten ha-
ben.» Owen fand dieses Angebot gar nicht so mager, aber
er sagte nichts. Er respektierte die Meinungen seiner Frau.
Als er davon sprach, sich erneut zu verpflichten, wollte er
nur ihre Reaktion prüfen; ihre blassen Wangen färbten
sich rosa, als sie mit großem Ernst ihre Argumente vortrug.
Zwar erweckte sie nie den Eindruck, dass sie ihn genau
beobachtete, doch konnte sie in seine Psyche eindringen.
«Denk bloß nicht wie dein Vater, entscheide dich nicht für Sicherheit», bat sie ihn. «Er glaubte, die Textilfabriken bö-
ten Sicherheit, und sieh dir an, was mit denen passiert ist.
Es gibt keine Sicherheit. Amerika ist das Bollwerk des Ka-
pitalismus, darum geht es doch die ganze Zeit, oder? Wenn
Computer halb so wunderbar sind, wie du glaubst, dann
werden sie große Vermögen einbringen, und du bist von
Anfang an mit dabei.»
    Er wusste, sie hatte, wie immer, Recht, aber er war zu-
gleich ein wenig gekränkt, als ihm klar wurde, dass sie sich
nicht zu schade dafür war, an ihre materielle Lage zu den-
ken. Sie wollte, dass er Geld verdiente, wenn nicht für sie,
dann doch für ihre Kinder. Sie wollte aus der Militärunter-
kunft aus- und in eine Wohnung einziehen, wo sie ganz für
sich waren. Die Schwangerschaften

Weitere Kostenlose Bücher