Landleben
raschelten. Die tiefe Provinz
hatte ihre eigenen Aufregungen. «Phyllis und ich», gestand
Owen, «haben schon an die Suburbs gedacht. Entweder
Westchester oder New Jersey, nördlich von Paterson.»
«Gott, das wollt ihr doch nicht wirklich. Das ist alles der
gleiche Scheiß wie hier, nur ohne die gelben Taxis und den
Jazz im Village – der gleiche Großstadtärger plus ein winzi-
ger Garten hinterm Haus und zweimal am Tag eine Stun-
de auf der Bahn. Und genauso teuer, alles in allem. Teurer sogar, wenn du die seelischen Kosten rechnest: Am Ende
machst du dir selbst was vor, dass die Nachbarn alle so nett
zueinander sind, um Gottes willen. Und alles in Serie – ver-
schone mich. Verschone uns alle. Hör zu, ich kenne Phyl
nicht so gut, aber ich hab den Eindruck, dass ihr das üb-
liche Konkurrenzgerangel scheißegal ist. Sie ist ein freier
Geist, so sehe ich das. Sie muss den Kopf hochhalten kön-
nen, und sie muss mit den Kindern aus diesen versifften Wohnungen raus. Und was dich betrifft, stell dir selbst die
Frage: Wie sehr liegt dir daran, für den Rest deines Lebens
Ablaufdiagramme von Reservierungssystemen für Tommy
Watson Junior zu machen?»
«IBM behandelt uns gut, Ed. Letztes Jahr habe ich drei-
mal so viel verdient wie mein Vater in seinem besten Jahr,
und das war während des Krieges, inklusive Nebenarbei-
ten.»
«O., du bist tatsächlich aus der tiefsten Provinz. Du
denkst zu klein.»
«Du redest wie Phyllis.» Owen musste lachen, weil er so
heftig, so leidenschaftlich bedrängt wurde. «Aber sie mag
die Stadt. Wir mögen sie beide.»
Ed lächelte und zeigte seine großen Zähne. Er witterte
die veränderte Stimmung. Es war die Stimmung dessen,
der nur noch darauf wartet, endgültig überzeugt zu wer-
den. «Im Ernst? Was mögt ihr daran?»
«Die Museen. Die Konzerte. Die Restaurants.»
«Wie oft geht ihr denn?»
«So gut wie nie. Babysitter sind ein echtes Problem. Und
wir sind immer groggy.»
«Also, was zögerst du dann noch? Da sind Millionen zu
verdienen, O. Großes Geld, schnelles Geld, wenn man ein
bisschen Initiative zeigt. Ein bisschen Phantasie. Denke – das sagen sie uns doch die ganze Zeit. Denk außerhalb des
üblichen Rahmens.»
«Ed, bitte. Noch haben wir die Millionen nicht. Man
braucht Geld, um ein Unternehmen aufzuziehen. Wie sol-
len wir programmieren, wenn wir uns keinen Computer
leisten können?»
Diese Frage gefiel Ed: Er hatte schon darüber nachge-
dacht. «Du brauchst keinen, du kannst den Rechner des Kunden benutzen oder Computerzeit in einem Service-
büro mieten. Das Einzige, was du brauchst, ist ein Codier-
blatt und ein Bleistift: Das sagt mir zumindest ein Typ, den
ich kenne; er hat früher hier bei IBM an den wissenschaft-
lichen Programmen gearbeitet. Jetzt ist er bei CUC, der
Computer Usage Company, unten in der Stadt. Sie haben
vor fünf Jahren bei einem von ihnen in der Wohnung an-
gefangen, bei absolut null, und jetzt sind sie gerade an die
Börse gegangen, mit einhundertsechsundachtzig Mille net-
to. Sie haben sich ihren eigenen Computer gekauft. Elek-
tronisches Datenmanagement, darum dreht sich alles. Wer
braucht schon Sex, wenn man Software haben kann?»
«Ed, du haust mich um.» In seiner Aufregung und Ner-
vosität angesichts der Ausblicke, die sich da vor ihm aufta-
ten, hatte Owen zu viel gegessen und sich zum Nachtisch
ein Stück Pekannuss-Pie bestellt, das er gar nicht wollte.
Er war siebenundzwanzig Jahre alt, und was er aß, hinter-
ließ Spuren in Form eines kleinen Bäuchleins. «Ich erzähle
Phyllis, was du gesagt hast. In einem hast du Recht: Wir
müssen was tun, denn mit dem neuen habe ich dann drei
Kinder unter vier. Aber wo liegt für dich die Attraktion? Du
bist Junggeselle, die Stadt ist wie geschaffen für dich. Du
bist von hier.»
«Nicht so richtig. In der Bronx gibt es mehr Natur, als die
Leute ahnen. Der Botanische Garten, Pelham Bay Park.
Ich angle gern, ich wandere gern. Manhattan frisst dich auf
Es ist so verdammt voll von nervösen, ehrgeizigen Frauen.
Meine Mutter war anders. Sie war einfach nur so, wie ich
mir deine auch vorstelle, zufrieden, immer beim Erbsenpa-
len, vor sich eine gelbe Schüssel mit einem blauen Streifen
ringsrum.»
Das war nicht unbedingt das Bild, das Owen, wenn er zurückblickte, von seiner Mutter hatte. Die meiste Kü-
chenarbeit hatte Grammy gemacht, bis sie bettlägerig
wurde. Und im Gegensatz zu Ed hatte er schon seine Frau
gewählt, die sich von seiner Mutter so weit wie möglich
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