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Landleben

Landleben

Titel: Landleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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Treppenstufen.
     
    Der Sommer sollte vorübergehen, bevor sie miteinander
schliefen. Es gab so viel Durcheinander, das sie umsegeln
mussten – Kinder in Schulferien, Ehegefährten mit ih-
ren eigenen Ferienplänen, noch lebende Großeltern, die
es mit einem Besuch zu besänftigen galt. Grammy war
gestorben, aber Grampy lebte noch, saß auf seinem Sofa,
den Kopf hochgereckt, und wartete auf die Post, die später
und später kam, da an der Route, einst eine Strecke, die
weit verstreute Briefkästen in ländlicher Gegend verband,
immer mehr Häuser entstanden, weil eine Farm nach der
andern verkauft und füt den Wohnungsbau erschlossen
worden war. Owen und Phyllis besuchten einmal im Jahr
mit den Kindern das Farmhaus, aber seine Frau und seine
Mutter hatten nie zueinander gefunden, selbst ihr Schwei-
gen sprach eine andere Sprache, und Floyd Mackenzie,
noch blasser und dünner geworden, starrte die Besucher
verwundert an, als hätte er plötzlich sechs neue, von ihm
abhängige Menschen zu versorgen. Er fühlte sich von dem ehemaligen College-Freund in Noristown, der ihn vor der
Arbeitslosigkeit bewahrt hatte, ausgebeutet und zu wenig
geachtet. Bei Owens Mutter waren Gewicht und Blutdruck
beunruhigend in die Höhe gegangen. Bei ihrer ersten Be-
gegnung mit Phyllis, bevor die Hochzeit stattgefunden
hatte, tauchten aus Phyllis’ Koffer einige Socken und Un-
terhosen von Owen auf, die Phyllis, in argloser Inbesitznah-
me, in der Maytag ihrer Eltern gewaschen hatte, was bei
ihrer zukünftigen Schwiegermutter einen Anfall von mür-
rischer Laune auslöste, die auch mit den Jahren nie ganz
abflaute, obwohl Enkelkinder und Weihnachtsgeschen-
ke und schließlich stetige finanzielle Unterstützung aus
der Ehe ihres Sohnes zu ihr gelangten. Obwohl sie selbst
nicht besonders religiös oder konventionell war, nahm sie
Anstoß an Phyllis’ liberalen Ansichten, dem selbstbewusst
lässigen Stil ihrer Kleidung und an ihrem erhabenen Man-
gel an Disziplin gegenüber den Kindern. In dem beengten
kleinen Haus prallten die gegensätzlichen Energieströme
der zwei Frauen aufeinander, und die nur halb willkom-
menen Besucher suchten in Autoexkursionen und Spielen
im Garten die Flucht. Der Widerstand seiner Mutter gegen
Phyllis, die anders als Elsie das Gezerre nicht intuitiv er-
fasste, stärkte Owens Loyalität während der kurzen Dauer
ihrer Besuche, gab jedoch auf einer tieferen Ebene, als sie
wieder in Middle Falls waren, seiner bevorstehenden Un-
treue den Segen.
    In der Zeit, als Lyndon Johnson Präsident wurde,
schmolzen alte Vorstellungen von Anstand und Mäßigung
dahin. Johnson befahl die Bombardierung Nordvietnams,
nachdem ein Zerstörer der US-Marine im Golf von Tong-
king angegriffen worden war. In Philadelphia wurden
über zweihundert Menschen in Unruhen und Protesten Schwarzer gegen das brutale Vorgehen der Polizei verletzt.
Malcolm X nannte den amerikanischen Traum einen ame-
rikanischen Albtraum. Zu den Hits unter den Singles des
Jahres gehörten Louis Armstrongs «Hello, Dolly!», Roy
Orbisons «Pretty Woman», sowie «Baby Love» von den
Supremes, «A Hard Day’s Night» von den Beatles und
Dean Martins «Everybody Loves Somebody». Owen und
Faye trafen sich bei zahlreichen Zusammenkünften in der
Stadt, formellen und zwanglosen, kleinen und großen, und
legten ihre ganze Spannung in manierliche kurze Gesprä-
che und leichte Berührungen, die sie für so diskret hiel-
ten, dass niemand sie bemerkte. Und wenn doch jemand
sie bemerkte, dann war das in Ordnung, denn in diesem
gesellschaftlichen Rahmen war es zu erwarten, dass man-
che Männer und Frauen besonderen Gefallen aneinander
fanden. Einander zu mögen und gemocht zu werden war,
was alle brauchten, um den alltäglichen Trott zu bewäl-
tigen: Kinder großziehen, den Haushalt führen, den Le-
bensunterhalt verdienen, Stunde um Stunde. Es war das,
woran sie sich hielten, anstelle von dem, was die Jüngeren
hatten – provozierende Vogelscheuchen-Kleider, Drogen,
Pofbuden, das Schlafen, wo und in wessen Arme man ge-
rade gesunken war. Bis zu einem gewissen Grad billigten
sogar Jock und Phyllis das, was sie sehen und ahnen konn-
ten, denn einen Ehepartner zu haben, der begehrt wurde,
machte einen selbst begehrenswerter, steigerte den Wert
dessen, was man an den Tisch allgemeiner Bekanntschaf-
ten brachte.
    Auf einer Party bei den Morrisseys, wo das voll gestopf-
te, künstlerisch legere Interieur des Illustrators latenten
Leichtsinn förderte, sagte Faye zu Owen

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