Landlust für Anfänger: Erlebnisse einer Ausgewilderten in der Toskana
Randplätze.
Camillo, der unverdrossen seine Pilze im Wald sammelt, fragte ich, ob er keine Angst habe, von der Bestie gefressen zu werden. Er lachte nur: „Der Panther ist doch ein Phantom wie das Krokodil im See.“ Das machte vor einigen Jahren Schlagzeilen. Es wurde einmal von Badenden gesehen, war ebenfalls groß in den Schlagzeilen und verschwand dann auf Nimmerwiedersehen. Einmal in Fahrt, sprach er von den Vipern, die es angeblich aus Hubschraubern regnete. Tierschützer fanden, dass es zu wenige der giftigen Reptilien hier gäbe. Und weil es so wenige waren und so kleine, wurden eben viele und große Exemplare ausgesetzt.
Keine Ahnung, ob das stimmt. Getroffen habe ich nur kleine Vipern. Sie sind scheu und verkriechen sich schnell. Nur in Not, wenn man zum Beispiel im hohen Gras auf sie tritt, was ja auch sehr unhöflich ist, beißen sie. In diesem Falle sollte jemand in der Nähe sein, der einen ins Krankenhaus fährt. Andernfalls wird es gefährlich. Das Opfer sieht schnell aus wie das aufgeblasene Michelin-Männchen und erleidet eventuell einen Schock.
Zur Sicherheit haben wir ein Schlangenset im Haus. Ich bin mir allerdings absolut sicher, dass ich im Akutfall komplett versagen würde. Wer kann schon in Panik eine Gebrauchsanweisung lesen? Also ziehe ich lieber geschlossene Schuhe und Handschuhe bei der Gartenarbeit an.
Ich denke, wir lassen jetzt mal diese Horrorgeschichten. Schadet ja auch dem Tourismus.
Und auch der Panther ist bestimmt nur eine zu groß geratene schwarze Katze.
Baghira wird zwar angeblich immer mal wieder gesehen, aber keiner regt sich mehr auf. Es ist wie mit einem gesuchten Schwerverbrecher, der von „zuverlässigen“ Zeugen gleichzeitig in München und Hamburg gesehen wird. So liegt unser Panther auf der Startbahn eines Mini-Flughafens, streift zugleich 40 Kilometer entfernt durch eine wilde Berglandschaft und liegt in der lieblichen Maremma auf einem Olivenbaum. Immerhin scheint er meinem Rat zu folgen und meidet nun Birnenbäume.
XXIII
Unsere Freunde verdienen eine Tapferkeitsmedaille . Loredana war einst unsere Sprachlehrerin als wir ein paar Jahre in Rom lebten. Klein, schlank, rothaarig und ein furchteinflößender Tornado. Wer im Kurs einen Grammatikfehler machte, bekam an den Kopf geworfen, die Übung sei für „Pränatale“. Wir wurden wieder zu Kindern, die sich vor der Lehrerin fürchteten und machten eifrig Hausaufgaben. Als sich eine Mitschülerin mit einem kleinen Geschenk verabschiedete, erkannten wir die strenge Furie nicht wieder. Sie war gerührt. Wir fragten ungläubig, ob das wirklich eine Träne sei und sie antwortete ernst: „Auch Loredana hat ein Herz.“ Alle lachten. Und wir beschlossen, in Zukunft privat Unterricht bei ihr zu nehmen. Wenn es jemanden gab, der uns helfen konnte, nicht nur peinlich herumzustottern, dann sie.
Schnell wurden sie und ihr Mann Roberto zu Freunden. Er, ruhig, ironisch und ein wunderbarer, freilich unentdeckter Dichter, hört unbeirrt – genauso wie sie, wenn sie uns privat trifft – über unsere sprachlichen Grausamkeiten hinweg. Die Freundschaft ging soweit, dass sie uns sogar besuchten, als wir vorübergehend jenseits der Alpen lebten. Ihre Reiseziele hatten bis dahin stets nur eine Richtung gehabt: Süden.
Mitten im Juli kamen sie für drei Tage mit großen Koffern, überzeugt, dass man in diesen Regionen - es handelte sich um Brüssel, Belgien - nur mit Daunenmänteln und dicken Pullovern überleben konnte. Ihre Vorurteile wurden bei 30 Grad im Schatten nachhaltig erschüttert.
Und jetzt besuchen uns diese Römer trotz lausigem Wetter und all ihrer Ängste im Pantherland. Ab Rom gen Süden haben alle Menschen eine phänomenale Gabe. Regnet oder windet es, schneit es gar oder gewittert, sind sie verzweifelt und schwören, so schlecht sei das Wetter noch nie gewesen. Das sei die Klimakatastrophe. Schon am nächsten Sonnentag sind sie überzeugt: Es ist nie kalt und wenn es regnet, dann nur als kurze, warme Dusche.
Ich habe nirgendwo mehr gefroren als im Winter in Rom. Da es ja dort nie kalt ist, gibt es nur lausige Heizungen. Unsere Altbauwohnung mit zugigen Fenstern erwärmte sich maximal auf 15 Grad. Bei Außentemperaturen um null Grad. Und solche Tage gab es jedes Jahr. Anders als die Römer habe ich das nicht vergessen.
Natürlich haben sich die beiden, die als Römer eine Baumgruppe
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