Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Landlust für Anfänger: Erlebnisse einer Ausgewilderten in der Toskana

Landlust für Anfänger: Erlebnisse einer Ausgewilderten in der Toskana

Titel: Landlust für Anfänger: Erlebnisse einer Ausgewilderten in der Toskana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elna Uterrmöhle
Vom Netzwerk:
dortige Fort beeindruckt weniger mit seinen wuchtigen Mauern als mit der darin eingerichteten Enoteca. In der werden die sündhaft teuren Brunelli aller Winzer nicht nur in Flaschen verkauft, sondern auch Glas für Glas - und damit bezahlbar - verköstigt.
    Eine begrenzte Auswahl an Brunelli, dafür in wunderschöner Umgebung, bietet die Bar an der Piazza. Der Besitzer verliebte sich einst in den Charme Wiener Kaffeehäuser. Als dort ein Café schloss, kaufte er kurzerhand die komplette Einrichtung, von den goldgerahmten Spiegeln mit Patina und den roten samtbezogenen Bänken bis zur verschnörkelten Theke, und brachte alles nach Montalcino.  
     
    Klar muss jeder Gast mit uns nach Massa Marittima. Da ich unser mittelalterliches Städtchen, das sich im Jahr 1225 zur autonomen Republik erklärte, mit seinem imposanten Dom, der großen Piazza und den engen, aber freundlichen Gassen so schön finde, könnte mich der Tourismusverband eigentlich bezahlen. Aus lauter Sorge, jemand könnte den Ort etwa nicht einmalig finden, rede ich wie eine PR-Tante. Das hört sich dann ungefähr so an: „Mit 8600 Einwohnern ist Massa groß genug, um im Winter nicht trostlos und im Sommer nicht von Touristen erobert zu werden. Wer vor einer der vielen Bars sitzt, den gestenreich diskutierenden Männern zuschaut und flanierende Besucher, krebsrot und gewagt gekleidet, amüsiert kommentiert, muss einfach die Leichtigkeit des Seins spüren.“
    Und wer sie nicht selbst spürt, den weise ich eben darauf hin!
    Ist doch nett, oder?
     
     
    Von Juni bis September gibt es fast jeden Abend Musik auf den Straßen und Anfang August Opernaufführungen vor dem Dom. Und die Geschäfte, inklusive Apotheke, sind bis 23 Uhr geöffnet. Von wegen faule Italiener!
    Gut, das alles bieten vielleicht auch andere Orte in der Toskana, aber mein Massa hat in allem ein perfektes menschliches Maß. „Hier seht ihr hübsche Andenkenläden und keine seltsamen Ramschstände. Es gibt Restaurants, aber keine Kellner, die davor stehen und lauthals „billig, billig“  rufen. Es gibt nette Boutiquen, aber keine Kleiderständer auf der Straße mit „made in China“-Ware.“
    Wenn ich dann noch davon schwärme, dass so profane Dinge wie Schrauben kaufen oder Schuhe besohlen lassen ein Stück Urlaub vermitteln, begegnen mir wieder diese ratlosen, besorgten Blicke.
     
    Einen kleinen Erfolg hatte ich immerhin bei Elke, Kirsten, Karin und Dany, vier Freundinnen, die in Brüssel leben. Sie gerieten im kleinen Massa in einen Kaufrausch und behaupteten, noch nie so tolle Geschäfte gesehen zu haben. Das stimmt natürlich nicht. Aber es ist eben dieses Gefühl, besonders willkommen zu sein.
    Selbst in der Eisenwarenhandlung haben sie Taschenlampen und Schlüsselanhänger eingekauft. Vermutlich vor allem den beiden stets gut gelaunten Verkäufern zuliebe, die auf 100 Quadratmetern das Sortiment eines Baumarktes verstaut haben. Das geht nur mit hohen Regalen. Und sie steigen die Leitern singend rauf und runter, egal, ob der Kunde einen Nagel für zwei Cent oder eine Bohrmaschine für 200 Euro kaufen möchte.
    Bei Elvira, zwei Ecken weiter, konnten sie sich gar nicht entscheiden, ob sie die Ton in Ton gewebten Leinendecken mit passenden Servietten oder doch lieber die mit Olivenzweigen bedruckten Decken nehmen sollten.
    Dabei ist der Laden, mitten auf der Hauptstraße, ein Relikt aus alten Zeiten. Im vorigen Jahrhundert gab es solche Geschäfte auch in Deutschland. Doch sie galten irgendwann als hoffnungslos altmodisch und wurden von hippen Ladenketten mit lauter Musik und gestylten Verkäufern verdrängt.
    Die rundliche Elvira mit grauem Lockenköpfchen aus Massa hat den Zeitgeist überlebt. Und plötzlich ist ihr fantasieloser Laden mit Neonbeleuchtung und Stoffballen in Resopalregalen der Hit für Großstadt-Mädels.
     
    Daunenanoraks, T-Shirts und Jeans wurden von den Freundinnen in winzigen, aber witzig eingerichteten Geschäften anprobiert, bevor das Brüssel-Quartett Großmutters Wollladen entdeckte. Den fanden sie sooo gemütlich, dass sie ernsthaft überlegten, mal wieder zu stricken.
     
    Spezialitäten in großen Tüten schleppten sie aus einem Laden, vor dem ein ausgestopftes Wildschwein steht und in dem die Schinken von der Decke hängen. Ob Wildschweinsalami oder    Pecorino, weiche Mandelkekse oder Kräutermischungen für Spaghetti-Saucen, Trüffelcreme oder getrocknete Tomaten. Alles musste mit.
     
    Immerhin machten sie es nicht, wie einst der spanische

Weitere Kostenlose Bücher