Landpartie mit drei Damen
Eugenia, die auf einem gemächlich dahertrottenden Vivian Jackson zweifellos in Richtung Twopenny-Schokoriegelladen unterwegs war.
»D.A.A.F. erwartet dich schon!«, rief Eugenia. »Heil und adieu, Cousine Poppy St.Julien!«
»Heil und adieu, Eugenia«, sagte Poppy lächelnd. Und im Weitergehen rief sie ihr noch über die Schulter nach: »Noel erwartet dich auf dem Dorfplatz!«
Lady Chalford empfing sie mit geradezu rührender Herzlichkeit. »Mein liebes Kind!«, rief sie, »wie oft habe ich seit Donnerstag an dich gedacht – es ist ein großes Glück für mich, dass du nach Chalford gekommen bist. Seit unserer Tragödie vor sechzehn Jahren habe ich niemanden mehr aus der Verwandtschaft gesehen. Du musst mir unbedingt erzählen, was es alles Neues gibt – aber zuallererst, wie geht es deiner lieben Mutter?«
Poppy sagte, dass es ihrer lieben Mutter sehr gut gehe. Die schmerzliche Tatsache, dass sie seit ihrer Vermählung mit Anthony St.Julien nicht mehr miteinander sprachen, ließ sie unerwähnt. Lady Chalford erkundigte sich sodann nach zahllosen anderen Verwandten, erwähnte Tanten, Onkel und Cousinen, von deren Existenz Poppy in vielen Fällen gar nicht wusste.
»Liebes Kind«, erklärte Lady Chalford, als Poppy sich außerstande sah, irgendwelche Angaben über das gesundheitliche Befinden, die persönlichen Verhältnisse oder auch nur den Aufenthaltsort von zwei nahen Cousins ihres Vaters zu machen, »als Familie scheint ihr mir leider etwas décousu zu sein, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf.«
Die alte Dame trug offensichtlich einen riesigen Stammbaum in ihrem Kopf herum, keine Geburt, kein Todesfall, keine Eheschließung, die ihr entgangen wären. Dass sie sich einzig wegen ihres ausgeprägten Vorurteils gegen etwas so Normales wie eine Scheidung so ganz aus der Welt zurückgezogen hatte, fand Poppy bedauerlich. Lady Chalford war doch erkennbar eine besonders warmherzige Frau, die sich für andere Menschen interessierte.
Sie sprachen nun über die Gartenparty. Lady Chalford brachte eine Liste all jener Nachbarn zutage, die 1912 zum Ball anlässlich der Volljährigkeit ihres Sohnes eingeladen worden waren. »Sie wird wohl ein wenig veraltet sein«, sagte sie lächelnd. »Ich muss sie auf den neuesten Stand bringen, bevor die Einladungen rausgehen. Aber es eilt ja nicht.« Dann schlug sie vor, dass die Party in etwa drei Wochen stattfinden solle. »Hättet ihr dann genug Zeit, ein kleines Kostümfest zu organisieren, Liebes?«
»O ja«, sagte Poppy, »wenn wir gleich mit der Arbeit anfangen. Überlegst du dir ein Thema für das Kostümfest? Sobald das geklärt ist, können wir loslegen.«
»Darüber habe ich nachgedacht, bevor du kamst«, sagte Lady Chalford. »Nun, bekanntlich waren zwei Monarchen mit ihren Gemahlinnen in Chalford, wir könnten also eine Begebenheit nachspielen, die wirklich stattgefunden hat. Charles I und Henrietta Maria haben das Old Manor besucht, und George III und Königin Charlotte waren in Chalford House, nachdem es endlich fertiggestellt war. Aus diesem Grund bin ich auch dafür, ihren Besuch aufzuführen. In der Remise steht noch die Kutsche von George III. Es wäre doch ungemein interessant, sie bei der Ankunftsszene zu verwenden. Die Darsteller von König George und Königin Charlotte könnten irgendwo hinter dem Küchengarten in die Kutsche steigen und durch den Park zum Haus vorfahren – komm doch mal an dieses Fenster, Liebes, dann kann ich dir genau zeigen, wie man es machen könnte.« Sie zeigte auf diverse Punkte und deutete eine Route für die Kutsche an. Poppy achtete jedoch nicht darauf. Denn mitten in der Auffahrt standen zwei ganz gewöhnliche Männer in Tweedjackett und grauer Flanellhose und schauten herauf. Poppy starrte sie entgeistert an und rief dann unwillkürlich: »Anthony, du Dreckskerl!« Lady Chalford drehte sich erstaunt um, legte ihr einen Arm um die Taille und sagte: »Meine liebe Poppy, du bist ja ganz blass. Komm, leg dich ein wenig hin, das ist die Hitze – du hättest nicht die ganze Strecke vom Dorf hierher zu Fuß gehen dürfen. Ich werde sofort nach meinem Wagen schicken, der bringt dich zurück.«
Die Dorfschönheit blickte aus dem Wohnzimmerfenster und sah Jasper Aspect näher kommen. Er ignorierte die Auffahrt, die sich zwischen den Rhododendren hin und her wand wie eine tödlich getroffene Schlange (eine spätviktorianische Methode, das Grundstück größer erscheinen zu lassen), und schritt unbekümmert über Rasen und
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