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Landpartie mit drei Damen

Landpartie mit drei Damen

Titel: Landpartie mit drei Damen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Mitford
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selbst durch die Frau, die er – darf ich ganz offen sein? – so leidenschaftlich bewundert, würde er auf der Stelle abreisen. Es wäre besser, wenn wir kein Wort mehr darüber verlieren, nicht einmal unter uns, und natürlich rechne ich mit Ihrer absoluten Diskretion. Sollte sein Aufenthaltsort bekannt werden, würden hinter jedem Baum Reporter und Fotografen lauern, und die wenigen Wochen der Zurückgezogenheit, die er so dringend nötig hat, wären dahin.«
    »Ich werde sein Geheimnis für immer in meinem Herzen bewahren«, flüsterte Mrs Lace mit leuchtenden Augen.
    »Und nun wird es Zeit, dass ich meinen Auftrag erledige«, sagte Jasper, blickte verstohlen über die Schulter und senkte die Stimme. »Wo kann der … wo kann mein Freund eine Weile allein und ungestört mit Ihnen zusammensein?«
    Mrs Lace errötete, dachte nach. Schließlich sagte sie: »In Chalford Park, nicht weit vom Old Manor, gibt es einen Teich, dort steht ein Tempel in Rosa und Weiß. Er ist fast völlig überwuchert von Efeu, Geißblatt und Amaryllis und liegt verborgen hinter wilden Rosenhecken. Dort ist nie eine Menschenseele.«
    »Ach, Noel, dieser Glückspilz!«, rief Jasper galant. »Wie ich ihn beneide! Werden Sie also morgen Nachmittag um Punkt drei dort sein und, wenn Sie den Ruf einer Eule hören und sicher sind, dass die Luft rein ist, mit dem Ruf eines Spechts antworten?«
    »Ja, Sie können sich auf mich verlassen«, sagte Mrs Lace. Da sie in Ornithologie nicht sehr bewandert war, beschloss sie, sich beim Abendessen von Major Lace den Ruf des Spechts vorführen zu lassen.
    Jasper erhob sich, küsste ihr formvollendet die Hand und schickte sich an, das Zimmer zu verlassen. Doch in diesem Moment war Major Lace in der Eingangshalle zu hören, und Anne-Marie, die vor ihrem Mann gern mit ihren Freunden angab, bat Jasper, noch einen Moment zu bleiben. »Er beschwert sich immer, dass die Leute gehen, sobald er nach Hause kommt.«
    Wie sich herausstellte, hatte Major Lace an einer Rinderauktion teilgenommen. Sein meist freundliches Gesicht wurde von ungemein schlechter Laune verdüstert, denn er hatte während der Auktion versehentlich zwei Katalogseiten auf einmal umgeblättert, weshalb er bei der Kuh, für die er sich interessierte, von unzutreffenden Informationen ausgegangen war. Er erwarb die falsche Kuh für eine horrende Summe, um dann festzustellen, dass das Tier anatomisch unvollständig war – das Euter fehlte.
    »Dieser verfluchte Kerl ist offenbar ein alter Bekannter auf Auktionen«, rief er wütend. »Monatelang haben sie das Tier herumgekarrt, um irgendeinen Trottel zu finden, der es kaufen würde. Der Bursche neben mir sagte: ›Warum zum Teufel haben Sie ausgerechnet diese Kuh gekauft, Lace?‹ ›Warum denn nicht? Gute Kuh, guter Stammbaum, hervorragender Ertrag.‹ ›Irrtum, Lace‹, sagte er. ›Der Stammbaum ist okay, aber einen Ertrag hat sie nicht vorzuweisen. Das Tier hat kein Euter.‹ Da wurde mir klar, was passiert war, zwei Seiten auf einmal in diesem Sch … katalog umgeblättert. Und die Sonne hat geblendet.«
    »Kann passieren«, sagte Jasper mitfühlend.
    »Trotzdem saudumm von mir. Ich hätte mir das Tier genau ansehen sollen, dann wäre es nicht passiert. Kein Euter, nichts. Wie wär’s mit einem Whisky-Soda, Aspect?«
    Jasper konnte Major Lace gut leiden. Nachdem sie mehrere Whiskys getrunken hatten, gingen sie hinaus zu den Kuh- und Schweineställen und erzählten sich dreckige Geschichten. Major Lace, der ein etwas derbes, fröhliches Gemüt hatte, fand Jasper entschieden sympathischer als Anne-Maries übliche Freunde, und bald stellte sich auch seine gute Laune wieder ein.
    Mrs Lace schlief wenig in dieser Nacht. Sie wurde von ihrer Neugier geplagt, mehr über Noel in Erfahrung zu bringen, wusste aber nicht recht, wie sie es anstellen sollte. Sie zermarterte sich das Hirn, versuchte, sich die Physiognomie eines Königssprosses in Erinnerung zu rufen, der auch nur andeutungsweise Ähnlichkeit mit Noel hatte. Dann dachte sie, dass er vielleicht ein berühmter Filmstar war. Jedenfalls war er ihrer alles andere als unwürdig, und bei diesem Gedanken legte sich ihre innere Unruhe.
    Kaum hatte Jasper den Jolly Roger verlassen und sich in Richtung Comberry Manor aufgemacht, überkam Noel eine schreckliche Unruhe. Er verfluchte sich dafür, in ein Arrangement eingewilligt zu haben, das Jasper ein ausgedehntes Tête-à-tête mit Mrs Lace erlaubte. Erst als er Jasper beschwingten Schritts die

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