Landpartie mit drei Damen
Blumenbeete, bis er vor der Haustür stand und stürmisch läutete. Mrs Lace war unterdessen in ihr Schlafzimmer geeilt, entzückt über diese unerwartete Wendung, da sie Jasper viel attraktiver fand als diesen offensichtlich völlig in sie vernarrten Noel, seit jenem Zusammentreffen im Jolly Roger aber kaum noch gehofft hatte, ihn erobern zu können. Sie rief ihrem Mädchen zu, dass sie gleich herunterkommen werde, zog sich rasch um und schminkte sich. Anne-Marie war eine jener Frauen, die in ihrer äußeren Erscheinung einmal ungepflegt, ein andermal sehr elegant sein können. Wenn sie allein war, legte sie keinen Wert darauf, sich das Haar zu bürsten, die Fingernägel zu lackieren oder die Nase zu pudern, doch in Gesellschaft bot sie stets ein makelloses Bild. Nachdem sie sich also zurechtgemacht hatte, betrat sie den Salon so leise, dass Jasper, der eher aus Gewohnheit denn aus Neugier einen Brief las, den er auf dem Schreibtisch gefunden hatte, schuldbewusst aufblickte. Doch Mrs Lace schien gottlob nichts bemerkt zu haben und begrüßte ihn überschwänglich.
»Das ist aber nett von Ihnen«, rief sie, »enchantée de vous voir«, und rauschte theatralisch durch das Zimmer, schüttelte Kissen auf und räumte mit großer Geste Bücher und Zeitungen beiseite. Jasper fühlte sich an eine Schauspielerin erinnert, die, nachdem der Vorhang aufgegangen ist, eine Weile allein und verlassen auf der Bühne steht.
»So ist es besser«, sagte sie und lächelte ihn mit weit aufgerissenen Augen an. »Die lieben Kleinen haben hier herumgetobt, Sie wissen ja, wie sehr Kinder alles in Unordnung bringen. Wollen Sie sich nicht setzen und eine Zigarette rauchen?« Sie gab ihm Feuer, was ihr wieder einen Vorwand für eine überaus dramatische Geste lieferte.
»So«, sagte sie, »nun können wir in aller Ruhe plaudern. Es gibt ja so viele Dinge, die ich Sie fragen wollte, aber als wir uns zuletzt sahen, waren Sie nicht sehr freundlich zu mir.«
»Da ging es ja auch um Politik«, sagte Jasper, als wollte er damit signalisieren, dass es nun um persönliche Dinge gehen werde. »Was wollten Sie mich denn fragen?«
»Zunächst einmal, was hat Sie und Noel eigentlich in dieses gottverlassene Chalford geführt? Noel, dieser Schlingel, reagiert auf meine Fragen immer furchtbar vage.«
»Das glaub ich gern«, sagte Jasper.
»Wissen Sie, Mr Aspect, ich finde Noel wahnsinnig nett. Ich fürchte, er hat sich ein kleines bisschen in mich verliebt, aber …«
»Aber?« Jasper dachte, dass ihm noch nie in seinem Leben so zielstrebig und zugleich so wirkungslos Avancen gemacht worden waren. Er fand Mrs Lace ausgesprochen uninteressant und sagte sich, dass es eine großzügige und ihn nichts kostende Geste wäre, Noel die Dame komplett zu überlassen.
»Nun, ich glaube nicht, dass ich mich in einen Mann wie Noel verlieben könnte, obwohl er furchtbar nett ist, nicht wahr?«, fuhr Mrs Lace fort.
»Und warum nicht?«
»Ich vermute, weil er so … so uneindeutig ist.«
»Vielleicht ist es schwer für ihn, in dieser Situation eindeutig zu sein«, sagte Jasper, während er Mrs Lace in Gedanken in Packpapier einwickelte, um sie ein für allemal seinem Freund zu überreichen.
»Wie meinen Sie das?«
»Vielleicht ist seine Lage momentan etwas ungewiss.«
Mrs Lace runzelte die Stirn und sah Jasper fragend an.
»Aber das ahnen Sie ja bestimmt schon lange.«
»Ich möchte Gewissheit haben«, sagte Mrs Lace, die natürlich keinen Schimmer hatte, was Jaspers Worte bedeuteten.
»Ich kann Ihnen unmöglich alles verraten, das wäre ein Vertrauensbruch. Allenfalls kann ich sagen, dass Sie wahrscheinlich recht mit Ihrer Vermutung haben, wer er wirklich ist.«
»Ach!«, rief Mrs Lace. Sie schwieg. In ihrem Kopf war ein einziges Durcheinander. Immerhin, dachte sie aufgeregt, war Miss Smith nicht Miss Smith und Miss Jones nicht Miss Jones. Im Gegenteil, beide waren in der Londoner Gesellschaft gut bekannt. Warum sollte sich hinter dem Namen »Noel Foster« also nicht eine faszinierende Persönlichkeit verbergen?
»Sie wissen natürlich bestens Bescheid«, sagte Jasper und lächelte. »Diese berühmten Gesichtszüge sind nicht so leicht zu verbergen, nicht wahr? Und nun, liebe Mrs Lace, ein Wort der Warnung. Er darf nicht merken, dass Sie Bescheid wissen. Er ist hierhergekommen, um einmal der Öffentlichkeit, den ganzen Förmlichkeiten und anstrengenden Verpflichtungen seines Standes zu entkommen, und wenn seine Identität gelüftet würde,
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