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Lang lebe die Nacht: Ein phantastischer Historienroman (German Edition)

Lang lebe die Nacht: Ein phantastischer Historienroman (German Edition)

Titel: Lang lebe die Nacht: Ein phantastischer Historienroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
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beneidenswerter war der Wille, nachts mit uns auf die Jagd zu gehen. Nun gut, es ging ja gewissermaßen um seine Existenz.
    In den vergangenen Wochen war in der Umgebung ein Hühnerstall nach dem anderen ausgeräumt worden. Wobei „ausgeräumt“ wahrscheinlich der harmloseste Begriff war, den man für die Vorgänge wählen konnte. Blutige Massaker, gnadenloses und mordlustiges Abschlachten, das traf es eher.
    Zunächst hatte man Füchse oder Wölfe verdächtigt. Doch einigen unbedarften Beobachtern war es gelungen, einen Blick auf den Übeltäter zu erhaschen. Kurz darauf war ein Hilfegesuch bei uns eingetroffen.
    Als wir eintrafen, waren in der Gegend nicht mehr viele Gehöfte übrig gewesen, auf denen es noch Hühner gab. Zwar konnten auch wir nur erahnen, womit wir es hier zu tun bekämen, aber das war besser als nichts. Wir wählten den Hof der Lennarts, weil er am weitesten abseits von den nächsten größeren Hausverbänden lag und in unseren Augen die Wahrscheinlichkeit hier am höchsten lag, dass die Bestie noch einmal zuschlug. Wir vertrauten schlichtweg auf ihre ungebremste Mordlust.
    Drei Tage ohne Übergriff waren ins Land gezogen, und langsam hofften wir, dass unser Einsatz überhaupt zu einem Ergebnis führen würde. Andernfalls wären wir umsonst angereist, denn eine Bezahlung stand selbstverständlich nur im Erfolgsfall aus. Nach dem Zwischenfall im Odenwald – man hatte uns nach erfolgreicher Arbeit den Lohn verweigern wollen ... nun wünschte man sich dort noch heute, man hätte uns ehrlich bezahlt – hatten wir lange darüber debattiert, uns in Zukunft im Voraus entlohnen zu lassen, waren aber letztlich überein gekommen, dass das Geschäft auf die herkömmliche Weise ehrlicher war. Die Leute bezahlten uns für Arbeit, die wir leisteten, wir standen also unter Erfolgsdruck. Es war wichtig, nichts zuzulassen, das unseren Ruf hätte mindern können. Immerhin lebten wir von unserem guten Ruf.
    Ein widerlicher Tierlaut riss mich aus den Gedanken. Ein Huhn. Aber kein Gackern, sondern der letzte Schrei eines qualvoll zugrunde gehenden Federviehs. Einen Augenblick später war im Hühnerstall die Hölle los. Vor lauter wildem Gekreische und Geflattere schien der Boden zu beben.
    „Nein, Bauer Lennarts!“, rief jemand warnend, und ich stöhnte innerlich auf. Ich wusste sofort, was passiert war: Der Bauer war in panischer Furcht um sein Federvieh wild entschlossen in den Stall geprescht.
    Das konnte ja ein großartiger Abend werden.
    Im Hühnerstall polterte es, und ich setzte mich in Bewegung. Alles auf eine Karte setzen, hieß es wohl nun. Wenn es uns jetzt nicht gelang, dem Biest den Garaus zu machen, würden seine Angriffe nur noch hinterhältiger, geplanter, grausamer werden. Denn dann würde ihm bewusst sein, dass hier jemand Professionelles am Werk war, und damit wäre schließlich niemandem geholfen. Uns nicht und den umliegenden Bauern ebenfalls nicht.
    Wildes Fauchen ertönte, und ich hörte den bulligen Landwirt wütend schreien. Offenbar hatte er doch mehr Geschick an den Tag gelegt, als ich es ihm auf Anhieb zugetraut hatte. Jetzt mischte sich Hagen ein, er schrie die Bestie an, wahrscheinlich, damit sie von irgendetwas abließ. Ächzen, Stöhnen und Fauchen folgten.
    Schließlich stürmte ich um die Ecke des Stalls. Im Laternenlicht vor der Stalltür sah ich die Bestie. Ein Werwolf. Wir hatten also die richtigen Schlüsse gezogen. Anderthalbmal so hoch wie ein Mensch war unser Feind, mit einem drahtigen, von Fell überwucherten Körper. Er knurrte Hagen an, während er sich mit meinem jungen Freund lauernd umkreiste. Hagen hatte keine Pistole in der Hand, nur ein Beil – eine denkbar schlechte Bewaffnung gegen einen Lykanthropen. Das Beil war noch nicht einmal aus Silber, aber anscheinend war Hagen nichts anderes geblieben. Was die Bestie mit dem armen Bauern angestellt hatte, wollte ich mir am liebsten gar nicht ausmalen. Wer sich absichtlich in den Nahkampf mit einem Werwolf begab, musste mit den Konsequenzen leben ... oder vielmehr an ihnen sterben.
    Ich zielte mit der Pistole auf das Ungetüm – nein, so konnte ich nicht schießen. Das Risiko war zu hoch, dass ich Hagen traf. Außerdem musste ich treffen, einen zweiten Versuch würde ich nicht haben.
    „He!“, rief ich, und der Werwolf fuhr herum. Geifer lief von seinen Lefzen herab, als sich unsere Blicke trafen und ich für den Bruchteil einer Sekunde in seine glühenden Raubtieraugen schaute.
    Hagen versuchte, die Gunst des

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