Lange Finger - flinke Beine
Spielesalon und ein Kinosaal.
Für die diesjährige Expedition hatte Slade zusätzlich vier Kellner, sprich Stewards, angeheuert.
Dem Ereignis entgegen
Es war kurz nach 11 Uhr, als die »Golden Mary« den Jachthafen von Saltcreek City verließ. An Bord, außer der Besatzung, sechsundachtzig heitere und ausgelassene Gäste, die ahnungslos einem Ereignis entgegenfuhren, wie es überraschender und schwärzer nicht sein konnte.
Über allem dehnte sich ein strahlendblauer Himmel ohne ein einziges drohendes Wölkchen.
11 Uhr 40 passierten sie das »Grand Cross«.
Dabei handelte es sich um ein neunzehn Meter hohes Gedenkkreuz, das an ein Schiffsunglück vor dreißig Jahren mahnte. Über sechzig Leute waren damals ertrunken.
An dieser Stelle maß der Columbia bereits knappe vier Meilen.
11 Uhr 48 kam Bewegung in diejenigen, die sich an Deck aufhielten. Interessiert beobachteten sie zwei sich schnell nähernde Kabinenboote, die von achtern her auffuhren, dicht nebeneinander wie siamesische Zwillinge. Plötzlich scherten sie auseinander, und es sah aus, als wollten sie die »Golden Mary« an Back- und Steuerbord überholen. Noch hundert Meter...
Noch fünfzig Meter...
Noch zwanzig Meter...
Noch sieben Meter...
Ein Polizist mit Megaphon tauchte auf, und zwar auf dem steuerbordseitig fahrenden Boot, das jetzt auf gleicher Höhe mit der Jacht war. Eine tiefe Stimme dröhnte verzerrt durch das Megaphon:
»Kapitän, stoppen Sie! Sie haben eine Bombe an Bord!« Während das Entsetzen die Zuschauer für Augenblicke zu lähmen schien, reagierte Kapitän Jackson sofort und ohne Anzeichen von Panik:
»Alle Maschinen stopp!« befahl er, und einen Atemzug lang versuchte er die Frage zu beantworten, warum man ihn nicht schon über Funk gestoppt hatte.
Drei Minuten später waren die beiden Motorboote an Back- und Steuerbord längsseits gegangen.
Auch auf dem zweiten Boot war es ein Polizist, der die dazu notwendigen Manöver allein zu bewältigen schien.
Doch den Zuschauern blieb keine Zeit, über Merkwürdigkeiten nachzudenken. Es war ohnehin ein Wunder, daß noch niemand aus Angst vor der Bombe in wilder Flucht über Bord gesprungen war.
Doch was nun kam, schien die Inszenierung eines Horrorfilms zu sein.
Statt weiterer hilfsbereiter Polizisten tauchten auf beiden Booten plötzlich schwarzgekleidete und schwarzgeschminkte Männer auf.
Innerhalb von Sekunden hatten sie die »Golden Mary« geentert. Glaubte der eine oder andere Passagier an einen besonderen Gag des Gastgebers, so wurde er spätestens jetzt eines Besseren belehrt:
»Das ist ein Überfall!!« bellte die Stimme des falschen Polizisten durch das Megaphon.
Die Schwarzgekleideten, zwölf an der Zahl, warfen ihre Umhänge ab, und ein bitterböses Spiel nahm seinen Anfang.
Jeder der Männer hielt eine Maschinenpistole in der Hand. Anscheinend, um eventuell auftauchende Zweifel an der Echtheit der Waffen zu beseitigen, schoß einer der zwölf eine ratternde Garbe in den so strahlendblauen Himmel.
11 Uhr 59.
Scheinbar unbeobachtet drückte sich einer der Stewards durch die nach unten führende Tür und hetzte den Gang zur Funkkabine entlang.
Der Funkspruch
»Oben ist ein Überfall!« zischte er eine Minute später Walt Higgins zu. Der blaßgesichtige Funker nickte und gab heiser zurück: »Ich habe alles mitgekriegt!«
»Kann man nicht Hilfe herbeifunken?« wollte der Steward wissen, während er beunruhigt lauschte.
»Ist bereits geschehen», sagte der Funker. »Ich habe die Flußpolizei und die Polizei von Saltcreek verständigt. Sagen Sie dem Kapitän unauffällig Bescheid.«
Der Steward nickte.
»Wie lange wird es dauern, bis die hier sind?«
»Das kommt darauf an, ob sie sofort einen Hubschrauber zur Verfügung haben.«
Fast zur selben Zeit befahl oben der falsche Polizist durchs Megaphon:
»Ein Mann in die Funkkabine. Wenn der Funker ein Held sein will, werft ihn ins Wasser! Und nun an die Arbeit! Joe, übernimm das Kommando!«
Während einer der Schwarzgekleideten in Richtung Funkkabine davonstob, trat ein anderer vor. Seine Stimme klang eiskalt:
»Wir sind hier, um zu kassieren. Schließlich ist heute Mo-ney-Day! Jeder, der sich weigert, mit uns zusammenzuarbeiten, darf ans Ufer schwimmen!«
»Halt!!!« rief eine wütende Stimme. Es war die des Schiffseigners George Slade, von dem unter der Hand behauptet wurde, er sei pleite.
»Es handelt sich um meine Gäste! Wenn Sie unbedingt jemanden ausrauben wollen, dann mich!«
Der Anführer
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