Lange Finger - flinke Beine
habe ich nichts angefaßt... Ich bin dann zum Schlafzimmer, die Tür war angelehnt, und hab auch dort Licht gemacht... Ich sage Ihnen, das war vielleicht ein Schock, als die Cerbak so quer auf dem Bett lag mit dem Beutel in der Hand, und wie die mich anstarrte... Mir wurde richtig schlecht, und dann noch die Rippen...«
Kommissar Hellwig stutzte. »Rippen?«
»Na, ich hatte doch gerade gegessen, Brustrippchen. Weiß man schon, wie es passiert ist?«
»Sie wurde erdrosselt.«
Anton Buscher schluckte und fuhr sich mit der Hand zwischen Hemd und Hals.
»Wie gut kannten Sie Fräulein Cerbak?«
»Ich? Ich war zwei- oder dreimal hier. Einmal lief das Wasser im Waschbecken nicht ab... Haare, wissen Sie, nur von Haaren verstopft, das konnte die angeblich nicht allein rausmachen. Und das andere Mal hatte sie was an der Gemeinschaftsantenne herumzumeckern...«
»Wovon lebte sie? Was hatte Fräulein Cerbak für einen Beruf?«
»Beruf??« Buscher sah ein bißchen gehässig drein. »Ja, ob man das Beruf nennen kann? Die machte so auf Hellsehen, wissen Sie, mit den Sternen...«
»Sie meinen, sie beschäftigte sich mit Astrologie?«
»Ja, so heißt das.«
»Sie verkaufte also Horoskope. Wer waren ihre Kunden? Bekam sie oft Besuch, oder verschickte sie ihre Horoskope mit der Post?«
»Von Post weiß ich nichts. Manchmal fragte einer nach ihr... Es waren meistens Männer, natürlich kamen auch Frauen, aber ich sagte schon, es waren mehr Männer.«
»Könnten Sie welche beschreiben? Waren Ihnen irgendwelche Besucher bekannt?«
»Du lieber Gott, Herr Kommissar, vergessen Sie nicht, daß das Haus hundertvierzig Appartements hat. Da sieht man nur jeden Fünfzigsten, der hier ein oder aus geht.« Buscher wedelte mit der Hand. In seiner Stimme schwang wieder jene Aggressivität mit, die ihn immer dann befiel, wenn er sich nicht wohl fühlte.
»Was glauben Sie, wie mich die Mieter in Trab halten! Herr Buscher hier, Herr Buscher dort. Machen Sie mal das, machen Sie mal jenes. Der eine behauptet, man habe ihm die Brille aus dem Appartement gestohlen, die nächste will, daß ich ihrem Nachbarn das Singen und Schnarchen verbiete. Lauter Verrückte, sage ich Ihnen, wohnen hier...«
»Sie meinten eben, daß manchmal einer nach ihr gefragt hat. Was waren das für Männer? Waren welche darunter, die auffällig oft kamen?«
Buscher dachte eine Weile nach, bevor er kopfschüttelnd erwiderte: »Ist mir nicht direkt aufgefallen, nee. Ich weiß nur eines, Arbeiter waren das nicht. Das waren nur feine Pinkel... Ich meine teuer angezogen und so mit Perle im Schlips. Sie wissen schon, was ich meine...«
In diesem Augenblick trat Inspektor Albert Roller an den Tisch. Schon sein Blick verhieß Neuigkeiten. »Herr Kommissar, ich glaube, ich habe eine gute Entdeckung gemacht. Hier, dieses Kalenderblatt steckte als Lesezeichen in einem Kriminalroman. Es hat das Datum von gestern...« Kommissar Hellwig nickte Anton Buscher zu: »Sie können jetzt gehen. Wir schauen später noch einmal bei Ihnen vorbei.«
Wortlos erhob sich der Hausmeister und verließ das Appartement.
»Nur dieses einzelne Kalenderblatt, Albert?«
»Ja. Vom dazugehörigen Kalender keine Spur.«
»Dr. Haralt L., Bernhard M., Martin O.«, las Hellwig laut die drei Namen vom Kalenderblatt ab. Von nebenan zuckte das Blitzlicht des Polizeifotografen herüber, anschließend hörten sie die heisere Stimme des Arztes schimpfen.
»Eine Menge Bücher...«, sagte der Kommissar.
»Die meisten über Astrologie!«
»Was für die These des Hausmeisters spräche, daß die Tote ihren Lebensunterhalt mit dem Verkauf von Horoskopen verdient hat. Wie steht’s mit Fingerabdrücken?«
»Einige. An den für ihn gefährlichen Stellen allerdings war der Täter anschließend mit einem Tuch unterwegs.«
»Lassen Sie auch Fingerabdrücke des Hausmeisters abnehmen!«
»Sie glauben, daß...« Inspektor Roller verschluckte den Rest, als er Hellwigs spöttischen Blick sah.
Zwei Stunden später.
Das kleine Transistorradio auf Inspektor Rollers Schreibtisch kreischte gerade die gängige »Popcorn«-Melodie, als der Kommissar das Dienstzimmer betrat.
»Geht es Ihnen so gut, Albert, daß Sie Radio hören? Wenn die Presse davon Wind kriegt, daß in den Räumen der Mordkommission statt zu denken Musik gehört wird, dann...« Hellwig stutzte. »He, warum strahlen Sie so?«
»Ich freue mich, Herr Kommissar!«
»Dann lassen Sie mich gefälligst an Ihrer Freude teilhaben. Übrigens, ich habe gerade mit
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